«Overboard»: Ein halbgarer Film, ein guter Talent-Showcase für einen mexikanischen Superstar

Dieses Remake eines Goldie-Hawn-und-Kurt-Russell-Vehikels ist trotz Schwächen eine gute Werbung für den hierzulande noch recht unbekannten Eugenio Derbez.

Filmfacts: «Overboard»

  • Regie: Rob Greenberg
  • Produktion: Eugenio Derbez, Benjamin Odell, Bob Fisher
  • Drehbuch: Bob Fisher, Rob Greenberg, Leslie Dixon; basierend auf «Overboard – Ein Goldfisch fällt ins Wasser» von Leslie Dixon
  • Darsteller: Eugenio Derbez, Anna Faris, Eva Longoria, John Hannah
  • Musik: Lyle Workman
  • Kamera: Michael Barrett
  • Schnitt: Lee Haxall
  • Laufzeit: 112 Minuten
Obwohl «Overboard – Ein Goldfisch fällt ins Wasser» von «Pretty Woman»-Regisseur Garry Marshall 1987 kein großer Kassenschlager war und von der Kritik eher durchwachsen aufgenommen wurde, wird der Komödie ein leichter Kultstatus nachgesagt. Womöglich ist dies der Leinwandchemie zwischen Goldie Hawn und Kurt Russell in den Hauptrollen zu verdanken. Hawn und Russell, die auch im realen Leben ein Paar sind, spielen sich in der Story einer arroganten Reichen, die ihr Gedächtnis verliert und daraufhin von einem bescheidenen, alleinerziehenden Handwerker gezähmt wird, wirksam die Bälle zu.

Die popkulturellen Wellen, die «Overboard – Ein Goldfisch fällt ins Wasser» seit seiner Erstveröffentlichung geschlagen hat, sind trotzdem kurios: 1992 wurde die mit so manchen fragwürdigen Momenten bestückte Liebeskomödie als indische RomCom neu adaptiert, 2006 als südkoreanische Miniserie. Und auch der dringlichste Impuls zum westlichen Kinoremake kommt nicht aus den USA: «Overboard» ist in erster Linie ein Vehikel für den Hauptdarsteller und Produzenten Eugenio Derbez, der zu den größten Stars Mexikos zählt und in jüngerer Vergangenheit schleichend an einem Durchbruch in den USA arbeitet.

«Overboard» wurde insofern primär für Mexiko und die hispanische Gemeinde in den Vereinigten Staaten produziert, die Auswertung im Rest der Welt ist quasi reine Kür für die Filmschaffenden. Und selbst wenn der Komödie einiges an Feinschliff gut getan hätte, lässt sich eines nicht verleugnen: Sie hat das Potential, Eugenio Derbez neue Fans vor die Füße zu spülen, denn der 56-Jährige im Körper eines 34-Jährigen glänzt in diesem Remake weit mehr als es ihm Skript und Inszenierung eigentlich gestatten könnten.

Das von «How I Met Your Mother»-Produzent Rob Greenberg inszenierte «Overboard»-Remake verdreht die Geschlechterrollen der Vorlage: Kate (Anna Faris), die alleinerziehende, sich mit diversen Jobs gerade so über Wasser haltende Mutter dreier Kinder, gerät während einer absoluten Stressphase an den nervigsten Kunden, den sie sich vorstellen kann: Als die überarbeitete Frau, die für eine Prüfung als Krankenschwester büffelt, von einer Teppichreinigungsfirma auf die Yacht eines mexikanischen Playboys geschickt wird, lernt sie Leonardo (Eugenio Derbez) kennen, einen eitlen, egozentrischen, faulen Lebemann, der von Beruf Sohn ist. Die Beiden geraten in einen Streit, weswegen Leonardo sie von ihrem Auftrag feuert und ihr Equipment beschädigt, was ihr bei der Teppichreinigungsfirma Ärger sowie Schulden einbringt.

Kurz danach erbietet sich Kate allerdings die Chance für Genugtuung: Die Nacht darauf stürzt Leonardo von seiner Luxusyacht und wird mit Amnesie am Strand von Kates Heimatstadt angespült. Auf Anraten ihrer Freundin Theresa (Eva Longoria) gibt sich Kate als Gattin des vermeintlich namenlosen, neuen Patienten im örtlichen Krankenhaus aus und holt ihn zu sich nach Hause. Dort bittet sie ihren "geliebten Mann", den Haushalt zu schmeißen und auf die Kinder aufzupassen, wenn er nicht gerade auf einer Baustelle arbeitet. So hat Kate mehr Zeit für's Büffeln, holt Geld rein, das sie dringend braucht und kann den süßen Geschmack der Rache kosten. Aber wie lange kann sie diese Scharade aufrecht erhalten?

Bis es zur endgültigen Antwort auf diese Frage kommt, gilt es, sich durch einige sehr raue Filmminuten zu quälen. Obwohl Bob Fisher, Rob Greenberg und Leslie Dixon in ihrem Skript darauf achten, die Filmlogik auf reale Implikationen abzuklopfen und somit die sich entwickelnde Beziehung zwischen den Hauptfiguren von einigen "Moment mal, das ist eigentlich ziemlich krank, selbst wenn der Film anders tut"-Augenblicken des Originals befreien, will sich der spürbar intendierte Wohlfühlfaktor erst spät einstellen. Die Figureneinführung mutet weitestgehend nach einem verunfallten Crash aus Telenovelas an, wie sie eine der Nebenfiguren liebend gern verschlingt, und einer überdrehten, aber atonalen Slapstickkomödie – bloß, dass Greenbergs glatte Inszenierung aus diesem Genreclash keinerlei Reiz zu ziehen weiß.

Hinzu kommt, dass sich «Overboard» eingangs in teils ziellose, teils rein funktionale Subplots verrennt, die dennoch die Ausführlichkeit einer wichtigen Nebenhandlung zugesprochen bekommt. Aus den langen, langen Minuten über Kates schrille Mutter und Leonardos intrigante Familie quetscht Greenberg allerdings nur ein paar kleine Schmunzler – und das "Hass auf den ersten Blick"-Treffen zwischen den beiden Hauptfiguren sowie Kates Bemühungen, ihre Betrugsmasche einzufädeln, kommen mit einer ähnlich schwachen Gagtrefferquote aus.

Sobald Eugenio Derbez allerdings aus der so klischeehaft-quengelig-verwöhnten Haut schlüpfen kann, die er sich als Pre-Amnesie-Leonardo aneignen muss, beginnt ein ebenso schleichender wie erstaunlicher Prozess: Schritt für Schritt entfaltet «Overboard» der spröden Inszenierung, überbelichteten Szenerie und ausgetretenen "Aus Abneigung wird der Vehemenz sei dank Sympathie"-Filmtropoi zum Trotz einen wonnigen Charme. Dies geht zu großen Teilen aufs Konto von Eugenio Derbez, der es auf hervorragende Weise versteht, spitzbübischen Witz mit naiv-humoresker Quengelhaftigkeit zu verschränken. Wenn er Kate selbst nach einem extrem harten Tag Avancen macht und dabei augenzwinkernd machohaft auftritt, gelingt es Derbez, dies ebenso glaubhaft wie cartoonhaft übertrieben darzustellen. Zudem hat Derbez ein knackiges Slapsticktiming – und zwischen ihm und Faris zeigt sich eine feine Chemie, sobald ihre Rollen im Umgang miteinander auftauen.

Doch kaum wiegt der charismatische, zwar wenige Lacher, aber einige nette Schmunzler aufweisende Mittelteil den lauten Einstieg auf, holpert «Overboard» in Form einiger mühseliger Plotmechanismen in Richtung seines vorhersehbaren Endes. Was unterm Strich also bleibt, ist ein Film, der eher als nachmittägliches Fernsehfutter taugt als für einen gepflegten Kinoabend – aus dem Derbez jedoch so strahlend hervorsticht, dass dieser Film sehr effektiv Werbung für diesen mexikanischen Superstar macht. Und das sogar in der teils sehr hysterischen deutschen Synchronfassung mit arg laut abgemischter Dialogspur.

Fazit: Eine sympathische Filmmitte mit einem toll aufspielenden Superstar, umgeben von einem anstrengenden Filmbeginn und einer bemühten Auflösung: «Overboard» ist wahrlich kein großer Wurf, aber wenn diese Romantikkomödie funktioniert, funktioniert sie gut genug, um die Wut über die misslungenen Szenen abzumildern.

«Overboard» ist ab dem 14. Juni 2018 in ausgewählten deutschen Kinos zu sehen.
13.06.2018 14:17 Uhr  •  Sidney Schering Kurz-URL: qmde.de/101603