Keine deutsche Serie ist derzeit beliebter. In den zurückliegenden Monaten packte die RTL-Vorabendproduktion dabei auch sperrige Themen an. Die Auflösung verlief stets nach ähnlichem Muster. Wir sind dem auf den Grund gegangen.
Sie ist die mit Abstand beliebteste deutsche Serie. Kein Primetime-Programm, kein Daytime-Programm und wohl auch kein Format auf Abruf kommt in dieser Regelmäßigkeit auf derart starke Werte. Im Schnitt schauen 1,5 Millionen Umworbene die aktuellen Folgen von «Gute Zeiten, schlechte Zeiten». Nicht mitgezählt sind die Wiederholungen bei RTL am Morgen, die Abrufe bei TV Now und die Reichweiten beim Pay-Sender Passion, wo das UFA-Format ebenfalls überdurchschnittlich gefragt sein soll. Überschlägt man all das grob, dann erreicht die Serie rund um den Berliner Kiez Woche für Woche rund zehn Millionen – alleine bei den 14- bis 49-Jährigen. Dass die Serie trotz immer neuer Konkurrenz in den zurückliegenden Jahren (zuerst «Big Brother», dann «Verliebt in Berlin» und letztlich «Berlin – Tag & Nacht») immer noch on top ist und quasi ihren x-ten Frühling erlebt, ist klugen kreativen Entscheidungen zu verdanken.
Die Geschichten der Serie bewegen sich immer nah an der Realität des Zuschauern, drehen aber nicht komplett ab und sind somit glaubwürdig umgesetzt. Vor allem drei Themen beherrschten die Serie in der zurückliegenden Saison. Da wäre einmal die große Story rund um häusliche Gewalt mit Mama Nina, Vater Martin und Sohn Luis im Fokus. Die Story verlief vielleicht ein wenig zu erwartbar, war aber dennoch immer stark gespielt. Sie eskalierte gegen Ende immer mehr, die Ausraster des Vaters wurden heftiger und letztlich gab es (auch für die Autoren) keine andere Lösung mehr, als Martin aus der Stadt zu schreiben. Permanentes Stalking und sich weiterhin über den Weglaufen wurde offenbar nicht als passend angesehen. Seitdem hängen die zurückgebliebenen Figuren aber etwas in der Luft. Sowohl Nina als auch Luis sind lediglich noch Beiwerk, was vor dem Hintergrund schade ist, dass Figur Nina, die in ihrer Ehe schlechte Erfahrungen mit körperlicher Gewalt gemacht hat, sich besonders für eine neue Lovestory eignen würde. Auch Luis scheint ein wenig die Bindung zum Kosmos verloren zu haben. Ihm täte vielleicht eine kleine Sommergeschichte ganz gut.
Sehr intensiv, aber schnell abgehandelt, war eine Geschichte rund um Lilly, die von ihrem Doktorvater im Krankenhaus betatscht wurde. Machtmissbrauch, Hilflosigkeit, Fassungslosigkeit – all das wurde vergleichsweise schnell erzählt – natürlich mit dem guten Ende für die Clique. Der schmuddelige Doktorvater hat das Krankenhaus und die Serie verlassen. Story 3 – man ahnt das Ende schon. Neueinsteigerin Shirin spielte sich binnen Wochen so tief in die Herzen, dass die Macher um ihre Figur die große Primetime-Story bauten. Im Herbst in die Geschichte eingebaut, wünschten sich die jungen Fans schon seit Längerem, dass es endlich klappt mit ihr und mit John. Da war aber ihr Ehemann, Erik, ein Knacki, der weiterhin nicht so recht auf den richtigen Pfad kommen wollte (oder konnte?) und mit Aggressionsproblemen zu kämpfen hatte. Die inzwischen gereifte Shirin erkannte das immer mehr. Das Ende ist hinlänglich bekannt. Erik explodierte auf der Sonneninsel, entführte John, stürzte mit ihm von einer Klippe und wurde – Off-Screen – (für immer?) in den Knast zurückgebracht.
Wünschenswert wäre, dass «GZSZ» in Teilen den Fokus wechselt. Das wird wohl auch passieren. Nach der intensiven Geschichte rund um Sunny und Chris sind beide Figuren letztlich auch etwas nach hinten gerückt und haben Platz gemacht für andere. Mit Blickrichtung Herbst dürften also Philip, Laura und Tuner wieder an Wichtigkeit gewinnen. Und auch neuen Gesichtern wird sich die Serie nicht verschließen dürfen. Wetten, dass in der nächsten Saison mindestens eine sehr junge Darstellerin nachrückt? Genau dieses Gleichgewicht zu halten, ist seit Jahren nämlich die elementare Stärke der Serie. Und genau deshalb, wird das Format auch in der kommenden TV-Saison seinen Erfolg halten oder vielleicht gar noch ausbauen.