RTL: Neue Scripted-Geschichten verändern Nachmittags-Leben ungemein

Kein radikaler Umbruch, sondern lediglich eine neue Marke um 14 Uhr reichte in den vergangenen drei Wochen aus, um den zuletzt lahmenden Nachmittag deutlich auf Vordermann zu bringen. Gleichwohl: Es ist nach wie vor nicht alles Gold, was glänzt.

Reicht es mittelfristig aus, das aus wirtschaftlicher Sicht höchst lukrative, aber eben hinsichtlich der Einschaltquoten längst nicht mehr unschlagbare Genre der Scripted Reality immer wieder mal mit einem frischen Kniff darzubieten, um sich in der Daytime über Wasser zu halten? Oder bedarf es doch einer größeren Programmreform und eines gänzlich neuen inhaltlichen Zugangs an das tägliche Tagesprogramm? Für beide Narrative lassen sich Pro- und Contra-Argumente finden, wobei im Falle RTLs die Prädiktoren eher für das Reförmchen sprachen - immerhin scheiterten in der Vergangenheit nahezu sämtliche Versuche kläglich, neue Programmfarben in den Ablauf zu installieren und eine komplette Neuausrichtung wäre kostspielig und riskant.

Drum gibt es nun seit drei Wochen um 14 Uhr mal wieder eine Scripted Reality, die auf den Titel «Meine Geschichte - Mein Leben» hört und starke Frauen präsentieren soll, die gemeinsam mit ihren Freunden und Familienangehörigen unterschiedliche Probleme lösen sollen. Klingt unspektakulär und wahrlich nicht nach der großen Neuerfindung der Daytime, doch die nackten Zahlen dürften bei RTL Begeisterung auslösen: In aller Regel lag das Format bislang in der werberelevanten Zielgruppe klar oberhalb der Sendernorm - und es hatte auch positive Auswirkungen auf die anschließenden Sendungen.

Für viel Euphorie garantierten bereits die zwischen dem 16. und 18. April dargebotenen ersten drei Folgen, die zwischen 13,6 und 14,1 Prozent der 14- bis 49-Jährigen bei bis zu 0,34 Millionen erzielten und damit deutlich oberhalb der Sendernorm performten. Erst zum Ende der Woche hin ging es dann zunächst auf durchwachsene 11,1 Prozent sowie am Freitag schließlich auf wahrlich ernüchternde 8,2 Prozent hinab, was die Befürchtung genährt haben dürfte, dass sich die neuen Geschichten möglicherweise bereits verbraucht haben könnten. Doch diese Befürchtung bestätigte sich in Woche zwei nicht: Nach einem mittelprächtigen Auftakt (11,5 Prozent) steigerte sich das Format in der Wochenmittel wieder auf schöne 13,0 bis 14,0 Prozent, bis es dann am Freitag sein bislang deutlichstes Ausrufezeichen zu setzen vermochte: Spektakuläre 16,9 Prozent wurden bei 0,42 Millionen jungen Fernsehenden verzeichnet.

Mit besagten 16,9 Prozent wurde der bisherige 14-Uhr-Jahresbestwert vom 30. Januar wiederholt, als «Der Blaulicht Report» letztmals auf einen derart beeindruckenden Marktanteil gelangt war. Allzu nachhaltig war dieses Quoten-Spektakel gleichwohl nicht, denn bereits am Montag sackte die Sendung wieder auf eher Achselzucken hervorrufende 10,9 Prozent ab. Als dann am Dienstag sogar nur noch 9,7 Prozent zu Buche standen und damit erstmals überhaupt zweimal hintereinander weniger als elf Prozent der 14- bis 49-Jährigen generiert wurden, dürfte der eine oder andere Sender-Verantwortliche leicht ins Schlucken gekommen sein. Für Beruhigung sorgten dann allerdings starke 14,0 Prozent für die neueste Donnerstagsepisode.

Und beim Gesamtpublikum? Da hat man es bislang noch nicht geschafft, die ganz großen Quoten-Erfolge zu verbuchen. Am besten lief es bislang am letzten April-Donnerstag mit 0,95 Millionen und immerhin netten 9,9 Prozent, im Normalfall werden aber eher 0,7 bis 0,8 Millionen Interessenten sowie etwa achteinhalb Prozent verzeichnet, wobei der bisherige Tiefpunkt auch hier am fünften Ausstrahlungstag mit lediglich 0,48 Millionen und 6,2 Prozent verzeichnet wurden. Im direkten Vergleich zwischen Gesamtpublikum und Zielgruppe fällt ansonsten auf: Bei allen Fernsehenden ab drei Jahren liegt die Sendung im Schnitt lediglich etwa auf Höhe des Senderschnitts, bei den Jüngeren tendenziell eher deutlich drüber. Und die Schwankungen fallen weitaus geringer aus als bei den 14- bis 49-Jährigen, wo gerne mal zwei bis drei Prozentpunkte von einem Tag auf den anderen gewonnen oder verloren werden.

Ein Jungbrunnen für RTL, der auch den weiteren Nachmittag belebt


MA-Entwicklung ab 15 Uhr (14-49 J.)

  • 15:00: 9,0% -> 10,6%
  • 16:00: 9,2% -> 11,0%
  • 17:00: 8,8% -> 10,0%
  • 17:30: 10,1% -> 11,9%
Median-Marktanteile auf den jeweiligen Sendeplätzen (nur Montag bis Freitag) vom 1.3.2018-15.4.2018 -> 16.4.2018-30.4.2018.
Vergleicht man die Zahlen von «Meine Geschichte - Mein Leben» nun mit jenen Werten, die RTL zuvor um 14 Uhr verzeichnete, fällt auf: Die neue Sendung ist bisher ein echter Jungbrunnen. Denn während die Median-Reichweite gegenüber den in der ersten April-Hälfte dargebotenen Folgen von «Der Blaulicht Report» bzw. «Verdachtsfälle - Spezial» minimal von 0,74 auf 0,72 Millionen sank und die damit verbundenen Marktanteile hüben wie drüben bei rund acht Prozent lagen, verbesserte sich der Zielgruppen-Marktanteil rapide von miesen 9,5 Prozent auf sehr gute 13,5 Prozent. Saftige vier Prozentpunkte also, wobei gleich sieben der ersten elf Episoden auf tolle 13 Prozent und mehr gelangten, während im Gegenzug nur eine Einzige mit 8,2 Prozent klar durchfiel.

Doch damit nicht genug: Wie die Daten der Infobox zeigen, hat sich in den beiden letzten April-Wochen auch die Zielgruppen-Bilanz sämtlicher ab 15 Uhr gezeigter Formate klar nach oben verschoben, im Schnitt um knapp zwei Prozentpunkte. Das ist auch dahingehend wichtig, dass sich RTL in den anderthalb Monaten zuvor immer regelmäßiger mit nur noch einstelligen Werten abfinden musste, ja sogar der Evergreen «Unter uns» in dieses Quotental nachhaltig abzurutschen drohte und sich diese Not nun wieder deutlich gelindert hat. Die etwa zehn bis zwölf Prozent sind zwar nach wie vor nur Mittelmaß in Reinkultur, wecken aber die Hoffnung, der Abwärtsspirale auch ohne die ganz großen Schnellschüsse zu entkommen. In gewisser Weise also ein Spiel auf Zeit, sollte sich «Meine Geschichte - Mein Leben» in den kommenden Wochen und Monaten nicht derart positiv auf die restliche Daytime auswirken, dass weitere Umstrukturierungen obsolet würden.
05.05.2018 15:00 Uhr  •  Manuel Nunez Sanchez Kurz-URL: qmde.de/100754