Das Sender-Image altbacken, die Programmführung uninspiriert, die Einschaltquoten? Immer besser. Mit Nostalgie und zahlreichen ollen Kamellen feiern die beiden Spartensender beachtliche Erfolge, während etwa neu produzierte Gameshows kaum Anklang finden. Wie funktionieren diese Spartensender?
Doch wenn man sich der Frage widmet, mit welchen Inhalten eigentlich die Zuschauer im mittleren bis höheren Alter angelockt werden sollten, kann dem ambitionierten Fernsehmacher mit Spaß an der Frische schon einmal bange zumute werden - bis auf wenige Ausnahmen ist nämlich das, was RTLplus und Sat.1 Gold ihrem Publikum rund um die Uhr zeigen, nichts weiter als Material aus dem hintersten Regal des Archivs, das vor Jahren mal in der Daytime des Hauptprogramms teils verblüffende Erfolge erzielt hatte: Diverse krawallige Gerichts- und Ermittler-Sendungen etwa, die aktuell die Daytime von Plus sowie die Primetime von Gold dominieren. An den meisten Tagen sind diese Formate mit das Stärkste, was man so aufzubieten hat - und zwar auf einem bemerkenswert hohen Niveau.
Und dann sind da noch die RTLplus-Gameshows, das wohl bitterste Kapitel in der noch jungen und global betrachtet durchaus erfolgreichen Geschichte seines Senders. Für diese investierten die Programmverantwortlichen bisher nämlich schon einige finanzielle und organisatorische Ressourcen, was sie zu den klaren Leuchttürmen des ansonsten durchgängig auf Reruns altbekannter Formate setzenden Kanals macht, jedoch überhaupt nicht zum Quotenerfolg führt. Einzig «Der Preis ist heiß» konnte zuletzt einigermaßen punkten, während sich «Familien Duell», «Jeopardy!», «Ruck Zuck» und «Glücksrad» zuletzt sogar am Vorabend immer weiter vom Senderschnitt entfernt hatten und lediglich im Nachtprogramm überzeugten. Um damit die Produktion weiterer Folgen zu rechtfertigen, sind Werte auf derart unattraktivem Terrain aber natürlich zu wenig - was vor allem für die von Wolfram Kons und Thorsten Schorn die bittere Implikation mit sich bringen könnte, dass ein inhaltlich stimmiges, optisch wertiges und durchaus auch quotenträchtiges Format Opfer der schlechten Gesamtsituation wird.
Nun wäre also die rational naheliegende, wenngleich für TV-Produzenten und Journalisten gleichermaßen ernüchternde Folge dieser Fakten, dass man sich die eigenproduzierten Inhalte prinzipiell auch quasi gänzlich sparen könnte - immerhin ist die Situation der von «Lenßen live!» einmal abgesehen wenigen, aber punktuell ja doch vorhandenen frischen Sendungen auf Sat.1 Gold ja keineswegs deutlich rosiger als jene des Konkurrenten. Und zumindest bei RTLplus findet dieser Tage auch eine Verschiebung in eben diese Richtung statt: Die Gameshows am Vorabend sind nach anhaltender Erfolglosigkeit erst einmal Geschichte, stattdessen sind hier Christopher Posch, «Das Jugendgericht» und eine alte Dokusoap zu sehen. Man könnte auch sagen: Eigenproduziertes findet bei RTLplus inzwischen nur noch nachts statt, genauer gesagt zwischen 0:30 Uhr und 2 Uhr mit Gameshow-Wiederholungen.
Der andere Teil der Wahrheit ist: Auch ohne diese oft beschworene Relevanz ging es den Sendern zuletzt richtig gut, erst im März erreichte Sat.1 Gold in der klassischen Zielgruppe der 14- bis 49-Jährigen einen neuen Rekordwert von 1,8 Prozent und auch RTLplus hält sich mit zumeist gut einem Prozent bei Alt und Jung durchaus beachtlich. Mit knallhartem wirtschaftlichen Kalkül ließe sich also sehr gut für den ressourcenschonenden Kurs der Rerun-Dauerschleifen argumentieren. Das kann die Sendergruppen durch einige weitere Monate und Jahre bringen, doch auf die Dauer erinnert das doch sehr an die Grundhaltung, mit der die großen Privaten seit Jahren ihr Daytime-Programm gestaltet haben - und mit dem sie aktuell eine verdiente Klatsche nach der anderen einfahren. Nun muss man sich entscheiden: Kurzfristig punkten, zugleich aber immer mehr Menschen immer systematischer vom linearen Privatfernsehen entwöhnen oder Risiken eingehen, die Geld kosten und vielleicht noch nicht einmal vom Publikum honoriert werden?