Netflix' herrlich komische und doch tieftraurige Serie wirkt, als hätte sie Wes Anderson an einem depressiven Tag geschrieben. Entstanden ist eine herrliche Symbiose aus Komödie und Tragik.
Mein Kollege Jan Schlüter hatte recht, als er vor etwas über einem Jahr anlässlich der Premiere von «Lemony Snickets Eine Reihe Betrüblicher Ereignisse» urteilte, dass es 2017 keine verrücktere Serie geben würde. 
Versucht an das Vermögen der Waisenkinder zu kommen: Neil Patrick Harris als Graf Olaf (rechts)
Ähnliches gelang Mark Hudis und Barry Sonnenfeld mit ihrer «Reihe Betrüblicher Ereignisse» bei Netflix, bzw. Daniel Handler mit der literarischen Vorlage – und ihre Serie wirkt, als habe sie Wes Anderson an einem seiner depressiveren Tage entworfen. Sie ist witzig, weil die Ereignisse in ihr so tragisch sind, und damit erinnert sie uns daran, dass oft gerade der Tragik besonders komische Züge innewohnen. Doch anders als in Mark Twains berühmter Gleichung – Komödie sei Tragödie plus Zeit – ergibt sich die Komik bei Lemony Snicket aus der Addition von Tragödie und der ständigen witzigen Brechung dieser Ereignisse durch eine ganze Reihe visueller und erzählerischer Stilmittel: Lemony Snicket höchstpersönlich (gespielt von Patrick Warburton) schaltet sich ständig als dezidiert deprimierter Erzähler dazwischen, um in pedantischen Monologen die aktuellen deprimierenden Ereignisse zu kommentieren. Graf Olaf (und seinem meisterhaften Darsteller Neil Patrick Harris) ist keine Kostümierung zu doof, und selbst wenn er – optisch herrlich – als Frau auftritt, wirkt dies interessanterweise keine Minute entwürdigend, was die Serie auch einer queeren Lesart öffnet. Und die mit größter Detailverliebtheit gestalteten, opulenten Sets, die Snickets Haltung forcieren, seine Reihe in keinem fest begrenzten (geschichtlichen) Zeitraum einzuzäunen, sind nicht selten bewusst (!) so überkandidelt behalten, dass sie ihrerseits bereits ein Quell von Komik sind.