Serientäter

Warum «Mr. Robot» einen Emmy verdient hätte (und nicht mal nominiert wurde)

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Sowohl in der Kategorie "Bestes Drama" als auch "Bester Hauptarsteller" hätte «Mr. Robot» einen Emmy Award verdient gehabt - doch nicht mal eine Nominierung sprang heraus. Traurig, findet unser Autor.

Cast & Crew

  • Idee: Sam Esmail
  • Executive Producer: Sam Esmail, Steve Golin, Chad Hamilton
  • Hauptcast: Rami Malek, Christian Slater, Carly Chaikin, Portia Doubleday
  • Nebencast: Martin Wallström, Stephanie Corneliussen, Grace Gummer
Man kann es nicht allen recht machen. Das durften auch die Verantwortlichen der Emmy-Awards Jahr für Jahr feststellen. Und auch 2017 gab es nach der Bekanntgabe der Nominierungen Kritik an der Auswahl der Jury. Vor allem im Bereich Drama scheinen die Ansichten weit auseinanderzugehen: Warum wurde eine insgesamt recht schwache «House of Cards»-Staffel nominiert, jedoch nicht die erneut mit Lob überschüttete fünfte Season «The Americans»? Warum stand «This is us» auf der Liste, das wohl nur die Fahne der klassischen Networks hochhalten sollte, jedoch nicht das qualitativ weitaus stärkere «The Leftovers»?

Und dann wäre da noch «Mr. Robot» – einer der Nominierten für „Bestes Drama“ 2016, außen vor gelassen 2017. Die Produktion für das USA Network war eine der großen Überraschungen des Sommers 2015 und sowohl von Kritikern als auch vom Publikum angepriesen. In der zweiten Staffel gelang es den Machern dann, die Schönheitsfehler der ersten Runde auszubügeln – umso fragwürdiger also die Nichtbeachtung seitens der Emmys.

Achtung, ab hier Spoiler für Staffel 1!

Kontrolle ist eine Illusion


Nachdem fsociety es geschafft hat, E Corp an den Rand des Zerfalls zu bringen, zieht sich Elliot komplett zurück. Er sagt sich nach den schwerwiegenden Ereignissen der ersten Staffel von der Technik los, begibt sich zu seiner Mutter und flieht in eine starre Routine. Das Ziel: "Mr. Robot" als Manifestation seines Verstands in Form des verstorbenen Vaters mithilfe eines kontrollierten Tagesrhythmus loswerden. Die Logik: ohne „digitale Waffen“ ist sein zweites Ich machtlos.

Während Elliot hauptsächlich mit dem kräftezehrenden Kampf gegen sich selbst beschäftigt ist, läuft die angestoßene Revolution weiter. Tyrell Wellick, der von der Weltöffentlichkeit für den Hack verantwortlich gemacht wird, bleibt aber weiter verschwunden. Elliots Schwester Darlene scheint nun das Oberhaupt von fsociety zu sein und versucht mithilfe symbolgeladener Aktionen, den strauchelnden Riesen E Corp weiter in die Knie zu zwingen. Die Welt ist durch den Angriff, der in Anlehnung an den Sprachduktus des 11. September nur noch als 5/9-Hack bezeichnet wird, in eine tiefe Wirtschaftskrise mit sich etablierenden Parallelwährungen gerutscht. «Mr. Robot» verzichtet dabei im Gegensatz zur ersten Staffel auf den moralischen Holzhammer. War die Kritik an Kapitalismus, Kultur und Digitalisierung zu Beginn noch viel zu plakativ, geht die zweite Season deutlich subtiler vor.

Rami Malek: 2017 unter "Ferner liefen"


Emmy-Nominierungen

  • «Better Call Saul» (AMC)
  • «The Crown» (Netflix)
  • «The Handmaid’s Tale» (Hulu)
  • «House of Cards» (Netflix)
  • «Stranger Things» (Netflix)
  • «This Is Us» (NBC)
  • «Westworld» (HBO)
Fett markiert: Gewinner
Dabei gelingt es Autor und Executive Producer Sam Esmail erneut, einen extrem überraschenden Plottwist in das vielschichte Handlungsgeflecht zwischen Elliot, Darlene, Angela, die Dark Army und Whiterose einzubauen. Bereits in der ersten Staffel war ein solcher unerwarteter Handlungsschwenk zentraler Bestandteil der Faszination von «Mr. Robot» – auch wenn der Twist doch stark an die Handlung von «Fight Club» erinnerte. Darüber hinaus wird Esmail während der zweiten Staffel deutlich experimentierfreudiger. Vor allem auf künstlerischer Ebene merkt man der Serie an, dass sie einen Schritt weiter gehen möchte als im Jahr zuvor. Die Macher legen einen deutlich größeren Wert auf den Look, die musikalische Gestaltung sowie einen inhärenten Symbolismus. Sogar die Schnitte erzählen phasenweise ihre ganz eigene Story. Doch nie ist die bildliche und musikalische Gestaltung ein reiner Selbstzweck – sie passt sich beinahe perfekt in die gezeigte Handlung ein.

Aber nicht nur die Serie an sich hätte deutlich mehr Beachtung seitens der Emmy-Awards verdient gehabt. Auch die Hauptdarsteller waren in der Nominierungsliste unterrepräsentiert. Das gilt einerseits für Christian Slater, der bereits im vergangenen Jahr trotz seiner grandiosen Leistung vernachlässigt wurde. Vor allem aber Rami Maleks Nichtberücksichtigung wirkt vollkommen unverständlich. Für seine Rolle als zurückgezogener und psychisch labiler Hacker erhielt er 2016 den Preis für den besten Hauptdarsteller in einer Dramaserie – und schaffte es 2017 unerklärlicherweise überhaupt nicht auf die Nominierungsliste. Dabei knüpft der heute 36-Jährige nahtlos an seine starke Performance der ersten Staffel an und schafft es, den Zuschauer durchgehend im Unklaren zu lassen: Sehen wir wirklich die Realität oder spielt uns Elliot nur etwas vor?

Worauf die Emmy-Jury keinen Einfluss hat


Die zweite Staffel «Mr. Robot» hebt die Serie nochmal auf eine ganz neue Ebene und beweist, dass die ersten zehn Folgen keine Eintagsfliege waren. Neben grandiosen Schauspielern und einer klugen, vielschichtigen sowie spannenden Story überzeugen Sam Esmail und sein Team mit einer grandiosen Regie, Kamera und Musik. Deshalb ist die Vernachlässigung der Serie und ihrer Darsteller bei den Emmy Awards kaum nachvollziehbar. Aber die Emmys können es eben nicht jeden recht machen – «Mr. Robot» macht in seiner zweiten Staffel jedenfalls vieles besser und ist weiterhin eines der besten Dramas im US-Kabelfernsehen. Da ändert auch die Emmy-Jury nichts dran.

Dieser Text erschien erstmals im September 2017. Quotenmeter.de veröffentlicht ihn anlässlich der Free-TV-Premiere der Serie nochmals. Nitro zeigt sie in dieser Woche dienstags und mittwochs zur Primetime als Binge-Watching-Event.

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