Sülters Sendepause

Filme aus Serien - oder umgekehrt? Klappt nicht. Braucht keiner. Oder?

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Nachschlag zur Lieblingsserie im Kinosaal? Oder doch lieber eine Serie, die auf einem Kinoerfolg aufbaut? Wie sinnvoll wäre ein Film zu «Game of Thrones» oder «The Walking Dead»? Oder müsste man nicht dringend endlich eine «Star Wars»-Realserie machen? Ich habe mal nachgedacht.

Immer wieder schnappt sie zu, die monetäre Falle. Eine Serie mausert sich zum Straßenfeger und das produzierende Studio fragt sich, ob man nicht auch einen Ausflug auf die große Leinwand wagen könnte. Vielleicht zwischendurch? Als Abschlussfilm? Oder gleich völlig losgelöst? Hauptsache ist: Der Rubel rollt, die Kasse klingelt. Dass die Fans selten mit großen Glücksgefühlen auf den Mediumwechsel reagieren und die Qualität auch nur in den seltensten Fällen zu überzeugen weiß, bringt offenbar leider dennoch niemanden von dieser Herangehensweise ab.

Es gibt Dinge, die sollte man besser lassen


Es war im Jahr 1998, als sich die Serie «The X-Files» in den USA zum absoluten Renner entwickelt hatte. Mit viel Skepsis gestartet, hatte man die Zuschauerzahl im Verlauf der ersten fünf Jahre in kaum vorstellbare Höhen katapultieren können. Und obwohl die Serie mit einer beinharten Mythologie aufwartete, entschied man sich für einen Kinoausflug – Mulder und Scully sollten auch auf der großen Leinwand ermitteln und für Dollarzeichen in den Augen der Produzenten sorgen. Angesichts von um die 20 Millionen Zuschauern Woche für Woche eine verständliche Idee? Am Ende wurde der für 66 Millionen Dollar durchaus aufwändig produzierte, inhaltlich aber halbgare Reißer jedoch nicht von gar so vielen Fans im Kino gesehen: 83 Millionen Dollar spielte man in den USA ein, gemeinsam mit den knapp über 100 Millionen aus dem Rest der Welt aber natürlich ein veritabler Erfolg – auch wenn die Kritiken größtenteils eher negativ ausfielen. Man nahm vorerst von weiteren Kinofilmen Abstand, ließ die Serie noch vier Jahre laufen und schoss schließlich sechs Jahre nach Serienende (und trotz eines schleichenden Quotentods) noch einen zweiten Film hinterher. Diesmal hagelte es jedoch nicht nur schlechte Presse, es wollte auch niemand mehr ins Kino gehen: 21 Millionen Einspielergebnis in den USA, 47 im Rest der Welt – fertig war der Riesenflop mit Ansage. Ein mahnendes Beispiel, dass gute Serienkost im Kino nicht zwangsläufig funktionieren muss.

Generell eignen sich Erzählungen, die eine zusammenhängende Geschichte erzählen, nicht besonders gut für diesen Schritt. Was hätten Heisenberg und Pinkman aus «Breaking Bad» auf der großen Leinwand machen sollen? Einen gemeinsamen Golfurlaub in Tijuana? An welcher Stelle wäre in «LOST» ein Kinofilm möglich gewesen? Ein Dharma-Zeitreise-Abenteuer ohne Bezug zur Haupthandlung vielleicht? Welchen Sinn würde ein Abschlussfilm zu «Game of Thrones» im Kino ergeben? Eine noch nacktere Daenerys oder noch größere CGI-Schattenwölfe? Und mit welcher Storyline könnte man den (jüngst bröckelnden) Hype um die «The Walking Dead»-Zombies cineastisch ausschlachten? Einfach einen Ausflug in eine beliebige Großstadt zeigen, 100 Minuten Überlebenskampf inszenieren und dabei Charakter-Arcs komplett ausblenden? Alles Quatsch.

Da ist es schon einfacher, Filme als Neuauflagen von klassischen Procedurals zu drehen: Serien wie «CSI», «Magnum», «21 Jump Street» oder «ALF» bieten einfach viel eher den Rahmen für ein losgelöstes Abenteuer mit beliebten Helden - oder eben für das obligatorische Reboot.

Manches funktioniert eben immer überall


Doch gibt es freilich auch Gegenbeispiele – die «Star Trek»-Crews um Captain Kirk und Captain Picard erlebten lange Jahr erfolgreiche Kinozeiten nach Ende ihrer jeweiligen Serien. Die Classic-Crew in sechs Solo-Abenteuern, die Damen und Herren der Next Generation immerhin in vier.

Und den umgekehrten Fall durfte «Indiana Jones» erleben – nach drei erfolgreichen Kinoabenteuern produzierte man 1992 und 1993 eine damals mehr als 40teilige und heute auf 22 Teile neu editierte Serien namens «The Young Indiana Jones Chronicles», die durchaus kompetent das Leben des beliebten Archäologen nachstellte, jedoch beim Massenpublikum durchfiel.

Die Gescheiterten, Vergessenen und Verschobenen


Bei all dem, was es erfreulicherweise gab und gibt oder eben weniger erfreulicherweise über uns gekommen ist, versammeln sich aber auch immer noch eine Reihe Formate, bei denen eine Auswertung im jeweils anderen Medium durchaus Sinn machen würde - bisher aber nicht erfolgt ist.

Wie grandios wäre bitte die oft angekündigte und nie realisierte «Star Wars»-Serie? Rein vom Potential her könnte man hier bildgewaltige actionreiche und abenteuerliche Geschichten quer durch den Kosmos erzählen, liebgewonnene Charaktere auftreten lassen oder gänzlich neue Wege gehen. Nun gut – genau das tut man jetzt mit den Anthologie-Filmen. Im Kino scheint das Geld eben doch lockerer zu sitzen als im TV. Man muss die Bosse da vermutlich verstehen.

Doch auch eine andere SF-Serie hätte einen tollen Blockbuster verdient: Eine Neuinterpretation von «Babylon 5» mit State-of-the-Art-Effekten könnte Spaß machen – sofern man auch hier die Stärken und die Tiefe der Vorlage irgendwie erhält. Schwer, aber nicht unmöglich.

Conclusio


Steckbrief

Björn Sülter ist bei Quotenmeter seit 2015 zuständig für Rezensionen, Interviews & Schwerpunkte. Zudem lieferte er die Kolumne Sülters Sendepause und schrieb für Die Experten und Der Sportcheck.
Der Autor, Journalist, Podcaster, Moderator und Hörbuchsprecher ist Fachmann in Sachen Star Trek und schreibt seit 25 Jahren über das langlebige Franchise. Für sein Buch Es lebe Star Trek gewann er 2019 den Deutschen Phantastik Preis.
Er ist Headwriter & Experte bei SYFY sowie freier Mitarbeiter bei Serienjunkies, der GEEK! und dem FedCon Insider und Chefredakteur des Printmagazins TV-Klassiker und des Corona Magazine.
Seine Homepage erreicht ihr hier, seine Veröffentlichungen als Autor auf seiner Autorenseite.
Verwurstungen von altbekannten Ideen zur reinen Geldvermehrung sind generell keine besonders erfreuliche Idee. Dass die Industrie so aber nun einmal tickt, ist keine neue Erkenntnis. Dennoch wäre es fein, man würde lieber im Zweifelsfall kreativen Köpfen helfen, ihre neuen Ideen umzusetzen, als immer wieder auf Nummer sicher zu gehen. In einigen Fällen ist der Schritt zwischen den verschiedenen Medien zwar sinnvoll und machbar, meist muss man jedoch mit einem bestenfalls nur schalen Abklatsch leben.

Der Sülter hat für heute Sendepause, ihr aber bitte nicht – Wie geht es euch? Wartet ihr sehnsüchtig, dass eure Lieblingsserie den Sprung ins Kino schafft? Oder taugt irgendein reines Kinofranchise perfekt als Serienfutter? Denkt darüber nach und sprecht mit anderen drüber. Gerne auch in den Kommentaren zu dieser Kolumne. Ich freue mich drauf.

In 14 Tagen sehen wir uns zur letzten Ausgabe von «Sülters Sendepause» im Jahr 2016.

Die Kolumne «Sülters Sendepause» erscheint in der Regel alle 14 Tage Samstags bei Quotenmeter.de und behandelt einen bunten Themenmix aus TV, Film & Medienlandschaft.

Für konkrete Themenwünsche oder -vorschläge benutzt bitte die Kommentarfunktion (siehe unten) oder wendet euch direkt per Email an bjoern.suelter@quotenmeter.de.

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