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Der Trailer, das Einspielergebnis-Orakel?

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Immer mehr achtet die Filmbranche darauf, wie viele Klicks ein Filmtrailer bei YouTube generiert. Doch bedeutet ein populärer Trailer wirklich, dass der eigentliche Film massive Einnahmen erzielt?

Hollywood misst die Popularität seiner Filme nicht nur in Startrekorden und Gesamteinspielergebnissen. Seit einigen Jahren hat sich eine weitere Währung etabliert – und diese spezialisiert sich darauf, die Beliebtheit noch kommender Filme einzuschätzen: Die Anzahl an Traileraufrufen. Diese Währung ist mittlerweile in der Branche so anerkannt, dass es jedes Mal Schlagzeilen macht, wenn eine neue Filmvorschau innerhalb der ersten 24 Stunden nach Veröffentlichung neue Bestwerte generiert. So etwa neulich im Falle von «Die Schöne und das Biest»: Der Teaser zum Realfilm-Remake des Disney-Zeichentrickklassikers deklassierte die Vorschau auf «Star Wars – Das Erwachen der Macht», was auf den einschlägigen Fachportalen fleißig diskutiert wurde. Doch wie gültig ist diese Währung? Bedeuten viele Klicks schlussendlich auch satte Einnahmen an den Kinokassen?

«Star Wars», Dinos und «Fast & Furious 7»: Wenn die Fans letztlich auch ins Kino strömen


Am 1. November 2014 eröffnete «Fast & Furious 7» eine neue Ära diesbezüglich, wie intensiv Action-Trailer im Web verfolgt werden. Bis Ende des Jahres generierte der Trailer 57,5 Millionen Views allein bei YouTube, bis zum Filmstart steigerte sich der Wert auf über 64 Millionen Klicks. Und auf diese hervorragenden Zahlen folgte auch sogleich ein großartiges Einspielergebnis: Mit mehr als 1,51 Milliarden Dollar zählt der Actionstreifen zu den bis dato zehn erfolgreichsten Filmen der Filmgeschichte. Kurz nach dem «Fast & Furious 7»-Trailerlaunch folgte mit «Jurassic World» sogar eine noch größere Erfolgsgeschichte.

Der am 25. November 2014 veröffentlichte Trailer zum vierten Teil der «Jurassic Park»-Reihe kam bis Jahresende auf 64 Millionen Klicks, mittlerweile ist der Zähler auf über 80 Millionen Sichtungen geklettert. An den Kinokassen sackte das Abenteuer wiederum 1,67 Milliarden Dollar ein. Noch stärkere Klicks generierte jedoch «Star Wars – Das Erwachen der Macht». Der offizielle Trailer generierte über 112 Millionen Views – und das allein innerhalb der ersten 24 Stunden. Und auch der Film selbst deklassierte «Jurassic World»: Mit rund 2,07 Milliarden Dollar ist die siebte «Star Wars»-Episode derzeit der dritterfolgreichste Kinofilm der Geschichte.

«Fifty Shades of Grey» und andere „Overperformer“


Dass großer Hype um einen Trailer letzten Endes eben doch nicht zwangsweise in gewaltige Einspielergebnisse mündet, bewies Anfang 2015 derweil die Romanadaption «Fifty Shades of Grey». Die SM-Romanze kam mit ihrem ersten Trailer auf mehr als 93 Millionen Klicks und steht somit deutlich über ihren Universal-Pictures-Kollegen «Fast & Furious 7» und «Jurassic World». Der Film selbst dagegen hat nicht einmal die Hälfte der «Fast & Furious 7»-Einnahmen eingeholt und musste sich mit 571 Millionen Dollar zufrieden geben.

Auch die «Teenage Mutant Ninja Turtles» enttäuschten mit ihrem weltweiten Einspielergebnis: Der 2014 gestartete Neustart der Filmreihe kam auf über 53 Millionen Trailerklicks und zählte somit zu den Top Five der erfolgreichsten Trailer des besagten Jahres. Mit einem weltweiten Einspielergebnis von 493,33 Millionen Dollar zählt die Comicadaption jedoch nicht einmal zu den zehn einträglichsten Filmen 2014. Noch größer fällt die Diskrepanz bei «Dumm und Dümmehr» aus: Mit 44 Millionen Views landete der Trailer zur Komödienfortsetzung in den Top Ten der Trailer 2014, überholte unter anderem Christopher Nolans «Interstellar» (39 Millionen Klicks, 675,1 Mio. Dollar Einspiel) und «Transformers: Ära des Untergangs» (37 Millionen Klicks, 1,1 Milliarden Dollar Einspiel). Das erneute Aufeinandertreffen zwischen Jim Carrey und Jeff Daniels spülte allerdings gerade einmal 169,84 Millionen Dollar ein.

Marvel: Wo die Trailer schneller eskalieren als die Filme


Bei einer Analyse des im Filmmarketing eskalierenden Trailerhypes ist es unerlässlich, auch auf die Marvel Studios einzugehen. Die Produktionsschmiede hinter den erfolgreichen Superheldenfilmen aus dem «Avengers»-Universum beweist schlussendlich sowohl, dass zwar im Normalfall ein Zusammenhang zwischen Trailerklicks und hohen Einnahmen besteht, der Trailerhype jedoch rascher außer Kontrolle gerät. Während etwa «Ant-Man» in beiden Bereichen nur solide Zahlen geschrieben hat, steht «Iron Man 3» als einer der erfolgreichsten Filmtrailer aller Zeiten dar – und mit einem Einspielergebnis von 1,22 Milliarden Dollar steht der humorvolle Actioner auch auf wirtschaftlicher Seite hervorragend dar.

Die Marvel-Filme mit den meistgeklickten Trailern sind jedoch «Avengers – Age of Ultron» und «The First Avenger – Civil War», wobei letztgenannter mit seinem zweiten Trailer sogar den meistgesehenen Trailer abseits von «Star Wars – Das Erwachen der Macht» zu bieten hat. Die höchsten Einnahmen eines Marvel-Films erreichte trotzdem «Marvel’s The Avengers» mit 1,67 Milliarden Dollar, erst dann folgt «Avengers – Age of Ultron» mit 1,4 Milliarden Dollar. «The First Avenger – Civil War» ist also nicht einmal der zweiterfolgreichste Marvel-Film, geschweige denn nur minimal weniger einträglich als «Star Wars – Das Erwachen der Macht».

Der Versuch eines Fazits


Hohe Traileraufrufzahlen sind durchaus ein Indikator dafür, ob ein Film bemerkenswerte Einnahmen generieren wird, immerhin bedeuten zahlreiche Klicks auch hohes Interesse am beworbenen Film. Selbst «Fifty Shades of Grey», der als Beispiel dafür herhalten muss, dass ein Hype nach Kinostart verpuffen kann, darf sich mit mehr als einer halben Milliarde Dollar als finanzieller Erfolg betrachten. Jedoch ist die vom Rekordejagd-Trio «Fast & Furious 7», «Jurassic World» & «Star Wars – Das Erwachen der Macht» erstellte Narrative, dass ein Film mit höheren Klickzahlen definitiv auch höhere Einnahmen generiert, ein Trugschluss, und es darf nicht vergessen werden, dass jugendaffine Franchisefilme eher rekordverdächtige Trailerklicks generieren als neues Filmmaterial oder Filmstoffe, die ein älteres Publikum ansprechen.

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