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Happy Birthday, Markus Lanz

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Er erlebte im Fernsehen einen rasanten Aufstieg und wurde später Opfer eines beispiellosen Medien-Bashings. Derzeit sorgt der ab heute 46-Jährige Lanz in seiner Talk-Show wieder für sehenswertes Fernsehen.

Als Markus Lanz ab 1992 als Volontär bei Radio Hamburg tätig war, ahnten noch wenige etwas von der steilen Karriere, die dem Südtiroler bevorstand. Nach diesen ersten Gehversuchen in der Medienbranche fasste Lanz ab 1995 Fuß bei RTL. Dort verschaffte ihm spätestens seine Vertretung von Barbara Eligmann im Rahmen des RTL-Magazins «Explosiv» eine hohe Aufmerksamkeit, die ihn langfristig nicht nur zum Redaktionsleiter des Formats werden ließ, sondern auch zum Moderator von RTL-Formaten wie «Der Hochzeitsplan» oder der Spezial-Sendung von «Ich bin ein Star – Holt mich hier raus!» im Jahre 2004. Das mediale Gedächtnis umfasst jedoch nur einen kurzen Zeitraum, so verbinden Millionen Deutsche den Namen Markus Lanz heute unweigerlich mit dem Niedergang von «Wetten, dass…?».

Ab dem 6. Oktober 2012 übernahm Markus Lanz die Moderation der prestigeträchtigen Samstagabendsendung, die schon damals unter keinem guten Stern mehr stand. Das Format war überholt, was nicht zuletzt zahlreiche ausländische Prominente betonten, die sich in ihrer Heimat über das für sie skurrile Prinzip der Show lustig machten. Darüber hinaus lag nach dem Ende der Gottschalk-Ära und dem Live-Unfall Samuel Kochs ein unheimlicher Druck auf den Schultern des in Italien geborenen Moderators. Was folgte war eine bis dahin beispiellose Medien-Schelte, die sich von Ausgabe zu Ausgabe zog und so etwas wie das Perpetuum Mobile etlicher deutscher Medien darstellte, die nach den Ausstrahlungen Kritiken zur gerade gelaufenen Folge veröffentlichten, derer hoher Klickzahlen sie sich sicher sein konnten, so wiederum einen noch größeren Druck auf das Format und Markus Lanz luden, welcher nach der nächsten Ausgabe wieder zu einem gesteigerten Interesse im Rahmen einer weiteren, noch bissigeren TV-Kritik führte.

Die Schelte riss nicht ab, auch die Reichweiten von «Wetten, dass…?» schwanden – im Januar 2014 kulminierte die öffentliche Erregtheit in einer Online-Petition, in der 230.000 Menschen die Entlassung Markus Lanz‘ forderten. Nach etwas mehr als zwei Jahren und 16 moderierten Ausgaben endete «Wetten, dass…?» und damit auch das Engagement von Markus Lanz als Moderator der Show. Kaum einer erinnerte sich zu dieser Zeit mehr an das, wofür Lanz einst stand: Ein Moderator, der gute Laune versprüht, ein Sympathieträger, der der Traum aller Schwiegermütter war, der es mit Formaten wie «Lanz kocht!» auch schaffte, leichte und angenehme Abendunterhaltung zu liefern und der mit seinen Polar-Expeditionen seine hartgesottene Seite offenlegte.

Nachdem etliche Beobachter nach dem «Wetten, dass…?»-Ende auch Markus Lanz‘ Karriere keine große Perspektive mehr einräumten, findet der Moderator seine alten Tugenden derzeit in seiner seit 2008 laufenden Talk-Show «Markus Lanz» wieder, der während Lanz‘ Zeit bei «Wetten, dass…» auch oft genug ein Qualitätsverlust attestiert wurde. Kaum beachtet, gelangen Markus Lanz seit Jahresanfang wieder einige sehenswerte Ausgaben seiner Talk-Runde am späten Abend. Sei es eine bewegende Sendung mit Horst Lichter, in der letzterer von seiner chronisch gutgelaunten Art abrückte und unter Tränen von der bewegenden Geschichte über seine tote Mutter berichtete. Am gleichen Abend sprach auch Ottfried Fischer erfrischend offen über seine Gedanken im Zuge seiner Parkinson-Erkrankung.

In weiteren Ausgaben entlockte Lanz dem Schauspieler Manfred Krug eine bis dato ungehörte und höchst unterhaltsame Gesichte über seine Ehe mit Ottilie Krug, aus Rolfe Scheider kitzelte der Moderator denkwürdige Zitate heraus und anlässlich des 70. Jahrestags der Befreiung des KZs in Auschwitz strahlte er im Angesicht von Holocaust-Überlebenden bei einem schwierigen Thema größtmögliche Souveränität und Empathie aus. Zuletzt legte Lanz auch seine Contenance ab, als es um die Medienberichterstattungen im Fall Edathy ging und empörte sich sichtlich über die Methoden einiger Medien in diesem Fall – eine ungewohnt ehrliche und weniger glatt gebügelte Form des TV-Talks, die es im deutschen Fernsehen leider zu selten zu sehen gibt.

Derzeit scheint Markus Lanz also gerade dabei zu sein, seine alten Stärken wiederzufinden und bisher seltener gesehene Fähigkeiten als TV-Talker auszubauen. Nach einem Karrieretief präsentiert sich Lanz als Steh-auf-Männchen, der mit heute 46 Jahren die große Fernsehzukunft vor sich haben könnte, die ihm noch vor «Wetten, dass…?» prophezeit wurde. Unter diesen vielversprechenden Vorzeichen schenken wir Markus Lanz augenzwinkernd ein eigenes Studio, damit er sich die Location seiner Talk-Sendung nicht mehr mit der «Küchenschlacht», «Topfgeldjäger» und «Lafer! Lichter! Lecker» teilen muss und so Fettspritzer auf seinem Anzug riskiert.

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