Die Kino-Kritiker

«Step Up: All In»

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Die «Step Up»-Reihe tingelt in ihrem fünften Teil nach Las Vegas. Dort treffen einige der Figuren aus den bisherigen Filmen aufeinander und tanzen um die Wette. Das könnte dummer Spaß werden, zündet aber nicht so richtig.

Hinter den Kulissen

  • Regie: Trish Sie
  • Produktion: Jennifer Gibgot und Adam Shankman
  • Drehbuch: John Swetnam
  • Musik: Jeff Cardoni
  • Kamera: Brian Pearson
  • Schnitt: Niven Howie
Die Hoffnungen, was ein Kinofilm seinem Zuschauer für den Preis einer Eintrittskarte bieten wird, sind stark vom Genre abhängig. Das schlagende Argument, Joss Whedons Adaption von «Viel Lärm um Nichts» im Kino zu sehen, sind beispielsweise primär die schauspielerischen Leistungen sowie die Tricks und Kniffe, mit denen der «Buffy – Im Bann der Dämonen»-Schöpfer den Shakespeare-Text ins Heute verlagert. Michael Bays Effektgewitter «Transformers – Ära des Untergangs» hingegen biedert sich beim Publikum hauptsächlich mit seinen Actionszenen an. Auch die Filme der «Step Up»-Reihe verlassen sich auf einen bunten sowie klangvollen Bilderreigen, um die Säle zu füllen. Der entscheidende Unterschied: Sind es bei den Alienrobotern Explosionen, Kämpfe und Verfolgungsjagden, die den audiovisuellen Rausch ausmachen, kommt das «Step Up»-Franchise mit aufwändigen Tanzsequenzen daher.

Dessen ungeachtet nährt sich ein Film, egal welcher cineastischen Gattung, nicht allein von seinem zentralen Element. Wenn die Figuren nerven und die lässig gemeinten Sprüche bemüht wirken, nützt es herzlich wenig, wenn bei einem Bombastfilm die Action überaus kostspielig ist. Und dass in der Welt des Tanzfilms selbst nach mehreren Jahrzehnten «Saturday Night Fever» (in Deutschland einst noch als «Nur Samstag Nacht» bekannt) als kaum schlagbares Highlight geehrt wird, liegt nicht nur am furiosen Soundtrack und Travoltas ikonischen Moves, sondern auch an der emotional geerdeten Handlung und den nachvollziehbaren Problemen der zentralen Figuren.

Regiedebutantin Trish Sie und Drehbuchautor John Swetnam zielen in «Step Up: All In» nicht darauf ab, den besten Vertretern des Genres Konkurrenz zu machen und begnügen sich mit einseitig skizzierten Charakteren und einem schmissigen Alibi-Plot. Dass dies durchaus für kurzweiligen Tanzfilmspaß ausreichen kann, zeigten Regisseur Scott Speer und Autorin Amanda Brody im Sommer 2012 mit «Step Up: Miami Heat». Diese launige Produktion konnte sich jedoch auf sehr amüsante Dialoge und energetische, einfallsreiche Flashmob-Tänze verlassen sowie auf großartigen Gebrauch der 3D-Technologie. «Step Up: All In» dagegen weißt zwar genügend Potential auf, seinen Vorläufer zu übertrumpfen, aufgrund diverser Schwächen stellt der Las-Vegas-Ausflug dieser Filmreihe letztlich aber eine mittlere Enttäuschung dar.

Ironischerweise behandelt «Step Up: All In» zumindest eingangs das Gefühl, enttäuscht zu werden: Sean (Ryan Guzman), Anführer der im Vorgängerfilm vorgestellten Tänzertruppe The Mob, wird nach einer Reihe niederschmetternder Vorsprechen von seinen Teammitgliedern und seiner Freundin verlassen. Ganz allein und erschüttert sucht der verbissene Idealist, der sich mit seiner Leidenschaft zum Tanzen seinen Lebensunterhalt verdienen will, nach weiteren Castings. Als er den Aufruf zur Teilnahme an einer in Las Vegas abgehaltenen Tanz-Realityshow namens „The Vortex“ entdeckt, schneit er mit neuem Elan bei seinem alten Kumpel Moose (Adam Sevani) vorbei. Von diesem erhofft er sich Hilfe, eine neue Truppe zusammenzustellen. Obwohl der ewige Scherzkeks zunächst zögert, sagt er zu und überzeugt die fähigsten seiner tanzversessenen Bekannten, es ihm gleichzutun.

Statt der kleinen, aber eingeschworenen Fangemeinde des «Step Up»-Franchises auf diesem Weg zahllose neue Gesichter vorzusetzen, ergreifen die Filmemacher die Gelegenheit beim Schopf: Das von Moose zusammengetrommelte Team ist ein buntes Sammelsurium aus früheren «Step Up»-Ensemblemitgliedern. Zwar fehlt der namhafteste aller «Step Up»-Darsteller (Channing Tatum), dennoch ist das Wiedersehen mit alten Bekannten eine sympathische Form des Fanservice. Und zumindest auf dem Papier bietet das unvermeidliche Battle zwischen The Mob und der „«Step Up» All Stars“-Patchworkfamilie (die den albernen Namen LMNTRIX verpasst bekommt) großes dramaturgisches Potential – schließlich sind beide Gruppen talentiert und zumindest treue «Step Up»-Zuschauer dürften beiden Teams ein erfolgreiches Abschneiden bei „The Vortex“ gönnen.

Allerdings macht «Step Up: All In» nichts aus dieser Spannung versprechenden Konstellation und konzentriert sich lieber auf mehrere Romantiksubplots, wobei einer von ihnen einzig als Lachnummer gedacht ist. Ein forcierter Streit zwischen Moose und seiner Freundin Camille (Alyson Stoner, die einzige zurückkehrende Darstellerin aus «Step Up») wiederum wird genauso schnell geklärt, wie er vom Zaun gebrochen wurde und ist nichts weiteres als eine das Tempo der Story ausbremsende Ausrede dafür, weshalb Moose bei einer der Tanzroutinen fehlt. Die zentrale Liebesgeschichte zwischen dem blassen Teamleiter Sean und der feurigen Andie («Step Up to the Streets»-Veteranin Briana Evigan) wiederum fällt mangels jeglicher Chemie zwischen den Darstellern völlig flach. Als Plotmotor mag diese Liebesgeschichte gerade so funktionieren, jedoch konzentrieren sich Skript und Inszenierung so sehr auf Andie und Sean, dass dieser unemotionale Handlungsfaden mehrmals für Leerlauf sorgt.

Die wie Bremsklötze erscheinenden Romantikplots sind nicht zuletzt auch deshalb unnötiger Ballast, weil «Step Up: All In» auch einen Alibi-Plot aufweist, der tatsächlich aufgeht: Durch den TV-Wettbewerb, bei dem sich LMNTRIX, The Mob und ein rivalisierendes Team anmelden, hat dieses Tanzspektakel bereits einen roten Faden. Und dieser übt sich dank einiger cartoonhafter Seitenhiebe auf Castingshows, selbstverliebte Promis (bemüht, aber kurzweilig: Izabella Miko als durchgedrehte Mischung aus Lady Gaga und Effie Trinket aus «Die Tribute von Panem») und manipulierte Wettbewerbe sogar in Mediensatire. Die ist zwar weder besonders clever, noch sonderlich bissig, aber immerhin voller Elan und dank manch sitzender Pointen lustig.

Generell ist «Step Up: All In» abseits seiner Tanzeinlagen am besten, wenn es humorvoll wird. Deshalb sind der spritzige Adam Sevani und die staubtrocken-zynische Briana Evigan klar die Stars des Films. Der Rest des Ensembles hingegen steht ohne jede Frage allein aufgrund der gebotenen tänzerischen Fähigkeiten vor der Kamera. Bloß scheint das von Jamal Sims angeführte Choreo-Team nach dem furiosen «Step Up: All In» in einer kleinen Schaffenskrise zu stecken, denn einigen der Tanzeinlagen fehlt jeglicher Pepp. Bevor LMNTRIX vollständig versammelt ist, überzeugt allein der vom 3D des Films Gebrauch machende, aggressiv-vulgäre Kneipentanz der schurkischen Grim Knights (angeführt von Stephen Jones), daraufhin sind nur zwei weitere Tanzsequenzen wirklich herausragend: Ein stylisches Dance-Remake von Frankenstein und das auf einer blinkenden, mit Feuer- und Dampfeffekten ausgestatteten Las-Vegas-Showbühne stattfindende Finale. Die restlichen Tänze sind entweder gut, aber zu eintönig für ihre ausufernde Länge, oder auf solidem «Let's Dance»-Niveau. Mit dem Unterschied, dass die TV-Show einen abwechslungsreichen Musikmix zelebriert, während «Step Up: All In» entgegen seines Grundgedanken, die besten Tänzer und Stile aller vorhergegangenen «Step Up»-Filme zu vereinen, nur einen R'n'B-Einheitsbrei bietet.

Da das 3D nach dem ersten Auftritt der Grim Knights erst wieder im feurigen Finale wirklich zur Geltung kommt und zudem die Kameraführung äußerst zurückhaltend ist, sind Choreographien mit der Qualität einer Fernsehshow aber schlicht zu wenig. Was «Step Up: All In» bei all dem verschenkten Potential dazu berechtigt, im Kino zu laufen, sind also die fantasievollen Kostüme der sicher noch eine große Zukunft vor sich habenden Schneiderin Soyon An, der flüssige Schnitt von Niven Howie und das Charisma der Darsteller Sevani und Evigan. Dies allein macht, ein Minimum an Tanzfilmbegeisterung vorausgesetzt, das Warten zwischen den raren tänzerischen Höhepunkten erträglich.

Fazit: «Step Up: All In» hat genügend nette Ideen, um einer der besten Tanzfilme seiner Generation zu werden. Doch weder das Spannungspotential wird genutzt, noch bringt der Streifen den nötigen Schwung auf. Hinzu kommt, dass jede fesselnde Tanzsequenz durch eine lahme Tanzeinlage aufgewogen wird. Und schon ist «Step Up: All In» bestenfalls noch Mittelmaß innerhalb seiner eigenen Filmreihe.

«Step Up: All In» startet am 7. August 2014 in zahlreichen deutschen Kinos.

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