Die Kritiker

«Stunde des Bösen - Die Frau hinter der Wand»

von  |  Quelle: Inhalt: ZDF

Wenn sich junge Filmemacher ausprobieren dürfen, hofft man auf neue Impulse. Bei diesem Film aber leider vergeblich, meint Julian Miller.

Hinter den Kulissen

  • Produktion: One Two Films, DFFB - Deutsche Film- und Fernsehakademie Berlin und ZDF - Das kleine Fernsehspiel
  • Drehbuch: Grzegorz Muskala und Robby Dannenberg
  • Regie: Grzegorz Muskala
  • Kamera: Phillip Kaminiak
  • Produzenten: Sol Bondy und Jamila Wenske
Inhalt
Voller Hoffnung kommt der junge Martin aus der Provinz zum Jurastudium nach Berlin. In einem düsteren, skurrilen Mietshaus findet er eine winzige, heruntergekommene Wohnung, deren Vormieter Robert spurlos verschwunden ist. Während der scheue Martin in der Uni keinen Anschluss findet, weckt die aufregende Vermieterin Simone sein Verlangen. Sie wohnt direkt in der Wohnung nebenan, nur durch eine dünne Wand von ihm getrennt. Auf den Spuren des verschwundenen Roberts belauscht Martin die geheimnisvolle Simone. Sie lockt ihn in ihre Wohnung und verführt ihn. Martin verliebt sich, sucht ihre Nähe. Gleichzeitig ist er getrieben davon, herauszufinden, was seinem Vorgänger Robert zugestoßen ist. Eine ältere Nachbarin warnt ihn vor dem Bösen im Haus, Simones gewalttätiger Freund Sebastian bedroht ihn. Kann Martin Simone vertrauen? Haben sie eine Chance miteinander? Martin verliert sich in dem düsteren Haus und einer verstörenden Welt aus Sexualität und Gewalt.

Darsteller


Vincent Redetzki («Die wilden Hühner und das Leben») als Martin
Katharina Heyer («Die Samenhändlerin») als Simone
Florian Panzner («Letzte Spur Berlin») als Sebastian
Ronald Nitschke («Alarmcode 112») als Hausmeister Horn
Almut Zilcher («Headshots») als Frau Schaffrath
Hanns Zischler («Tarragona») als Martins Vater

Kritik


Wie schon «Der zweite Mann», der vor zwei Wochen die „Stunde des Bösen“ eröffnen durfte, nimmt sich der nun dritte Film der losen Reihe des „Kleinen Fernsehspiels“ die Entfremdung von der eigenen Identität als zentrales Thema. Das lädt zu Vergleichen ein – jedoch weniger im Sinne einer qualitativen Betrachtung als vielmehr hinsichtlich des Bildes, das die beiden Filme so von jungen Männern haben.

Der Protagonist von «Der zweite Mann» war ein junger Ökonom, der bei seiner ersten Betriebsprüfung buchstäblich fast zu Tode kam, die Hauptfigur von «Die Frau hinter der Wand» ist derweil ein Jura-Ersti, der sich verzweifelt durch den großstädtischen Wohnungsdschungel kämpft und von Mutti jede Menge Nahrungsmittel mit der Post geschickt bekommt. Beide sind – diese Parallele ist unübersehbar – trotz ihrer hohen Intelligenz sehr trottelig, stehen wehrlos unter der Fuchtel des gutbürgerlichen Elternhauses, tragen aus der Mode gekommene Brillen und greifen bei Outfit und Styling so grandios daneben, dass man bei «Fashion Hero» Ohnmachtsanfälle bekäme, müsste man dieses Elend sehen. Und natürlich kriegen beide keine zwei geraden Sätze raus, wenn sie mal eine etwas lasziver dreinblickende Frau vor sich haben.

Es gibt zwei Erklärungsmöglichkeiten für diese beinharte Reduzierung auf festgefahrene Stereotypen: Entweder das ZDF hat seinen jungen Filmemachern, die sich hier am Thriller verlustieren dürfen, eingeschärft, dass ein bisschen „Identifikation“ (lies: Klischees) schon sein müsse, sonst finde sich der Zuschauer nicht zurecht. Oder: Auch junge Filmemacher sind mit der intelligenten narrativen Aufarbeitung dessen, was ihre Generation bewegt, genauso hoffnungslos überfordert wie die etablierten Vollprofis.

Viel hilft es da nicht mehr, dass Muskala und Dannenberg der Suspense-Aufbau strukturell ganz gut gelungen ist. Für einen überzeugenden Thriller, der über ein Shock-and-Awe-Dasein hinaus kommen will, haben sie nämlich nicht nur viel zu plumpe, klischeebehaftete Charaktere entworfen, sondern sich auch einer zu einfachen, zu eindeutigen Semiotik bedient, die das an sich schon dürftige Themengespinnst noch weiter trivialisiert.

Doch wir wären nicht beim „Kleinen Fernsehspiel“, wenn man nicht krampfhaft einen Weg suchen würde, trotz der narrativen Banalität ein bisschen so zu tun, als verberge sich hier mehr, als man auf den ersten (und zweiten) Blick erkennen kann. Wie so oft, soll dieser Weg primär über die Ästhetik laufen – und Regisseur Muskala gibt hier Vollgas. Doch all die visuellen Anleihen an David Lynchs «Blue Velvet», an Polanskis «Mieter», an Hitchcocks «Psycho» und «Rear Window» und an Kubricks «Shining» – sie sind weniger lässiges Tip-of-the-Hat oder filmisch versierter Anklang an die Genrevorbilder, sondern vielmehr prätentiöse Spielerei, die, statt die Unzulänglichkeiten der eigenen Produktion behutsam zu kaschieren, den Eindruck noch verstärkt, dass trotz handwerklich korrekter Dramaturgie die Figurenführung im zugeschnürten Klischeekorsett erstickt.

Für Vincent Redetzki ist der Kampf gegen das Prätentiöse also schon verloren gewesen, bevor er zum ersten Mal am Set von «Die Frau hinter der Wand» aufgetaucht ist. Katharina Heyer kann hingegen die Zwischentöne ihrer Femme Fatale trotz der Überstilisierungen des Drehbuchs fassbar und glaubwürdig machen. Allein ihretwegen dürfte sich ein kurzer Blick auf diese Produktion lohnen.

Das ZDF zeigt «Stunde des Bösen – Die Frau hinter der Wand» am Montag, den 17. März um 00.05 Uhr.

Kurz-URL: qmde.de/69581
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