Hintergrund

Das Jüngste Quoten-Gericht: RTLZWEI – stabil instabil

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Immer montags blickt Quotenmeter auf die Quoten-Highlights und Marktanteil-Flops der zurückliegenden Woche. Diesmal widmet sich die Reihe dem Aufreger-Sender der Woche: RTLZWEI.

RTLZWEI überraschte in der vergangenen Woche Fernsehdeutschland mit der Nachricht, dass man mit Michael Wendler eine neue Doku-Soap plane, die sich mit der Schwangerschaft seiner Frau Laura Müller beschäftigte. Das mediale Echo war enorm und hatte zur Folge, dass der Grünwalder Sender wenig später die geplante Doku-Soap absagte. Die Geschichte des Ex-Schlagersängers und inzwischen Verschwörungsideologen ist hinlänglich bekannt und wurde in den vergangenen Tagen vielfach erzählt. Die Überraschung war dabei offenbar auch beim eigenen Gesellschafter RTL Group, der 35,9 Prozent besitzt, denn dieser distanzierte sich wenige Stunden nach Bekanntwerden über die Twitter-Seite von RTL+ von dem Projekt und kündigte an, die Doku-Soap nicht ausstrahlen zu wollen.

Bemerkenswert an der Posse ist aber auch, dass RTLZWEI selbst aus den eigenen Sender-Reihen gehörigen Gegenwind bekam. Die beiden wohl mächtigsten Sendergesichter distanzierten sich von Wendlers Gedankengut und drohten ihrem Sender dem Rückzug. Carmen und Robert Geiss, ihres Zeichens Protagonisten der Doku-Soap «Die Geissens – Eine schrecklich glamouröse Familie» und Hauptprogrammlieferant in der Primetime am Montagabend, positionierten sich klar und taten dies auch aus einer Position der Stärke heraus. Während Wendler sechs Folgen liefern sollte, produziert das Ehepaar mit ihrem Nachwuchs Davina und Shania alleine im vergangenen Jahr 44 Stunden Primetime-Programm. Hinzu kommt noch eine Ausgabe «Robert Mega Mansions», das zuletzt wiederholt wurde.

In diesem Jahr zeigt der Zähler bislang neue 22 «Die Geissens»-Folgen, wobei bereits 24 Episoden erschienen sind. Nach insgesamt fast 400 Folgen in zwölf Jahren machen sich selbstverständlich Abnutzungserscheinungen bemerkbar, doch die Zahlen waren zuletzt wieder steigend. Noch fehlt der Schritt über die Millionen-Zuschauer-Marke, aber mit bis zu 0,86 Millionen Zuschauern am vergangenen Montag kann RTLZWEI mehr als zufrieden sein. 7,8 Prozent Marktanteil in der Zielgruppe bedeuteten zudem die höchste Einschaltquote einer RTLZWEI-Sendung, die nicht in den frühen Morgenstunden lief. Darüber hinaus war die Folge „Ein bisschen Fancy für die Donzi“ das dritterfolgreichste Primetime-Programm des Jahres – nach zwei «Hartz und herzlich – Tag für Tag Benz-Baracken»-Ausgaben Anfang Januar, die jeweils über acht Prozent Marktanteil einfuhren.

Die Zahlen bei «Die Geissens» stimmen, waren im vergangenen Frühjahr teilweise aber noch weitaus höher, was im Umkehrschluss die Frage nach der generellen Stärke von RTLZWEI aufwirft. Welche Gründe müssen die Senderverantwortlichen gehabt haben, was eine Anstellung Michael Wendlers rechtfertigen könnte. Die Antwort lautet freilich: Dafür gibt es keine Rechtfertigung. Aber wie heißt es nach einem deutschen Sprichtwort: In der Not frisst der Teufel Fliegen. Und die Not ist teilweise groß. Der Jahresmarktanteil in 2022 belief sich auf 4,1 Prozent bei den 14- bis 49-Jährigen, im Februar erzielte RTLZWEI aber nur noch 3,7 Prozent. Das liegt unter anderem auch am sehr schwachen Start der neuen «Die Wollnys – Eine schrecklich große Familie»-Staffelstart. Die 17. Staffel kam zu Beginn kaum über die Vier-Prozent-Hürde hinaus, erst in den vergangenen beiden Wochen stabilisierten sich die Werte jenseits der Fünf-Prozent-Marke. Gut funktionierte am Dienstag auch das Doppel aus «Hartz und herzlich» und «Mensch Retter», darüber hinaus funktionierte aber herzlich wenig in der Primetime.

«Hartes Deutschland» und «Reeperbahn privat!» streiften mit 4,1 und 3,9 Prozent in der Zielgruppe gerade so den Senderschnitt, am Freitag kam das Filmdoppel aus «Skylines» und «Skyline – Der Tag des Angriffs» nicht über miese 2,7 und 2,6 Prozent hinaus, während am Sonntag die beiden Spielfilme «Nie wieder Sex mit der Ex» und «Kill the Boss» mit 2,4 und 2,8 Prozent fast dasselbe Schicksal einholte. Am Samstag programmierte der Privatsender eine zweiteilige Dokumentation über «Die Toten von Starnberg», als über jenen Dreifachmord, in dem kürzlich das Landgericht München II Anfang März das Urteil sprach. Eigentlich sind die Zuschauer auf diesem Sendeplatz ebenfalls an Spielfilme gewohnt, weswegen man kaum mit guten Quoten hatte rechnen können, doch 1,6 und 1,8 Prozent Marktanteil sind wahrlich kein guter Wert. Vor neun Tagen waren mit «Die neun Pforten» immerhin noch 5,5 Prozent drin.

RTLZWEI ist dieser Tage auffällig stabil instabil – mal wirklich sehr gut unterwegs, aber dann auch wieder richtig schlecht. Womöglich hatten die Verantwortlichen bei der Verpflichtung Michael Wendlers im Sinn einen Quotenmagneten ins Programm zu holen, den man zu einem Sendergesicht wie «Die Geissens» oder «Die Wollnys» aufbauen könnte. Dass der Amerika-Auswanderer freilich eine – frei nach Sendermotto – eine schrecklich geistarme Idee war, ist unbestritten.

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