Die Kritiker

«Tatort - Dreams»

von

Dreams are my Reality? Im neuen «Tatort» aus München verwischen Traum und Wirklichkeit. Traumhaft oder ein Albtraum?

Stab

Darsteller: Udo Wachtveitl, Mirsolav Nemec, Ferdinand Hofer, Stefan Betz, Jara Bihler, Dorothee Neff
Musik: David Reichelt
Kamera: Volker Tittel
Drehbuch: Moritz Binder und Johanna Thalmann
Regie: Boris Kunz
Traumwelten sind eine Einladung an das Medium Film, weil es dort all seine Reize so perfekt auskosten kann wie eigentlich nirgendwo sonst. Wie das im Idealfall aussieht, hat der amerikanische Regisseur Christopher Nolan vor einigen Jahren im Film «Inception» eindrucksvoll bewiesen und dabei ein Kunstwerk mit perfekt ineinander greifenden Erzählebenen geschaffen, bei dem das Verwischen zwischen Traum- und Wirklichkeitswahrnehmung zur Sinnfrage wurde. Dazu braucht es neben einer derart klaren Idee und einer stimmigen Geschichte aber auch jede Menge Budget, um dieses Projekt auch eindrucksvoll zu inszenieren.

Voraussetzungen, die beim «Tatort» am Sonntagabend natürlich so nicht gegeben sind. Trotzdem wagt man sich an das Thema Klarträume, auch wenn der Kniff hier deutlich einfacher ist. Die junge Violinistin Marina (Jara Bihler) glaubt, ihre Freundin und Konkurrentin Lucy (Dorothee Neff) vor kurzem auf einem Dach ermordet zu haben. Ob das wirklich passiert ist oder sie das alles nur geträumt hat, weiß sie nicht mehr: Denn um sich selbst zu optimieren und so ihre Chancen zu erhöhen, in einem renommierten Orchester aufgenommen zu werden, geht sie seit einiger Zeit regelmäßig zum Schlaftraining, wo sie mithilfe von luziden Traumtechniken auch noch im Schlaf Geige üben kann.

Verrückt, meinen die Kommissare Batic (Miroslav Nemec) und Leitmayr (Udo Wachtveitl), und auch dem jüngeren Kollegen Kalli (Ferdinand Hofer) sind die verbissenen musikalischen Leistungsträger suspekt. Mit einigem Entsetzen stellen sie fest, was Konkurrenzdruck und Spitzenklasse in der Musik und im Sport wirklich bedeuten – und die jahrelange Aufopferung, bei der man acht Stunden am Tag sein Instrument bedient oder am Schwebebalken hantiert, lohnt sich eben nur, wenn man es dann beim Vorspielen in ein Orchester oder bei der Demonstration am Reck in einen Kader schafft.

Was die meisten also intellektuell wissen, aber wohl kaum psychologisch nachvollziehen können, soll dieser «Tatort» ihnen einmal schwungvoll vorführen. Dabei bleibt aber nicht nur der tatsächliche Erkenntnisgewinn ziemlich gering. Vielmehr entpuppt sich der Fall als ziemlich einfache Räuberpistole, die aus ihrer Idee einer Vermischung von Traumwelt und Wirklichkeit auch nicht viel mehr macht als eine plakative Mahnung, nicht mit dem Feuer zu spielen – vor allem gerichtet an junge Leute, die es mit ihrer Nacheiferung von Ikarus nicht übertreiben sollen.

Dabei wären die äußeren Rahmenbedingungen gar nicht so schlecht gewesen: Schließlich hat man für den Film tatsächlich ein Orchester engagiert, das in einigen Szenen in Vollbesetzung auftritt. Viele Faktoren für eine atmosphärische, auch emotional mitreißende «Tatort»-Folge wären also vorhanden gewesen, wenn man sich nur wirklich von den Charakteren hätte leiten lassen – vielleicht auch zu einem Ende, dessen Traumhaftigkeit nicht ganz so leicht zu durchschauen ist.

Das Erste strahlt «Tatort – Dreams» am Sonntag, den 7. November um 20.15 Uhr aus.

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