Die Kino-Kritiker

«Soul» - Ein Film, der die Seele berührt

von   |  1 Kommentar

«Soul» wurde von einer Autoren-Ikone namens Pete Docter geschrieben, die bereits «Wall-E» und «Alles steht Kopf» umsetzte.

Zum Jahresende ein Disney-Film - das hat Tradition! Früher wurden alte Klassiker wie «Das Dschungelbuch» oder «Aristocats» im Kino wiederausgeführt, inzwischen gehört es sich für den Micky-Maus-Konzern, einen nagelneuen Trickfilm in den Lichtspielhäusern zu präsentieren. In diesem Jahr ist aber sowieso alles anders, und weil Disney nun über eine eigene Streaming-Plattform verfügt, gibt es «Soul» nun eben dort zu sehen. In diesen sauren Apfel muss man beißen, auch wenn Story und Umsetzung des neuen Wunderwerks, dass in Kooperation mit der Pixar-Schmiede entstanden ist, absolut das Potential für die große Kinoleinwand haben.

Denn dahinter steckt wieder einmal Pete Docter, einer der ersten und kreativsten Köpfe von Pixar. Er schrieb nicht nur am Drehbuch des allerersten computeranimierten Films «Toy Story» mit, sondern lieferte mit «Die Monster AG», «WALL.E», «Oben» und «Alles steht Kopf» äußerst phantasievolle Regiewerke ab, und das trifft selbstverständlich auch auf «Soul» zu.

Flucht aus dem Jenseits
Joe Gardener lebt für die Jazzmusik. Als Aushilfslehrer erteilt er Musikunterricht, träumt aber von einer Karriere als Jazzpianist. Als ihm eine Vollzeit-Stelle in Aussicht gestellt wird, ist es ausgerechnet seine Mutter, die Joe ermahnt, seinen Traum nicht aufzugeben. Dann kommt tatsächlich der ersehnte Anruf: Joe darf in einem Jazz-Club Vorspielen und begeistert sogar die berühmte Sängerin Dorothea Williams. Er ist vor Freude so berauscht, dass er in einen Gully fällt und sich in einer anderen Dimension wiederfindet.

Er ist auf dem Weg ins Jenseits, aber das will Joe nicht zulassen. Seine Seele tritt die Flucht an, um in ihren alten Körper zurückzukehren. Stattdessen landet sie aber in einem Trainingslager für neue Seelen, die auf das Leben der Erde vorbereitet werden. Hier trifft Joe auf Nummer 22, eine Seele, die noch nie einen Körper bewohnt hat und es auch gar nicht will. Denn 22 ist überzeugt, dass das Leben nur furchtbar sein kann. Joe will 22 vom Gegenteil überzeugen.

Ein Hoch auf das Leben
Für die englische Originalfassung wurden wie bei Disney/Pixar üblich, wieder hochkarätige Namen für die Stimmen der Charaktere gecastet. Joe wird von Oscar-Preisträger Jamie Foxx («Ray») gesprochen. In weiteren Rollen hört man Angela Bassett («Tina – What’s Love Got To Do With It?») als Jazz-Ikone Dorothea Williams und Tina Fey («30 Rock») als Seele Nr. 22. Die deutsche Fassung muss mit weniger große Namen auskommen, bestimmt auch, weil eine Kinoauswertung diesmal nicht stattfinden kann. Dennoch eine gelungene Synchronisation, die den Witz und Geist des Originals entspricht.

Dass eine Pixar-Produktion nur so sprüht vor humorvollen Anspielungen und Einfällen, ist man gewohnt. Aber eine so geistreiche Story wie in «Soul» hat es zuletzt erst in «Alles steht Kopf» gegeben. Gewöhnlich werden in Animationsfilmen leicht verdauliche Konflikte verhandelt wie etwa die Überwindung eigener Ängste und Schwächen, die Bedeutung von Freundschaften oder der Zusammenhalt einer Familie. «Soul» geht einen Schritt weiter und setzt sich wie schon «Alles steht Kopf» mit existentiellen Fragen des Menschseins auseinander. Auf spielerische Weise wird dabei ein philosophischer Ansatz über das Leben, den Tod und das, was uns ausmacht, geschaffen, der auch für Kinder akzeptabel sein könnte.



Der erwachsenste Kinderfilm
Dennoch hat das Team um Regisseur Pete Docter mit «Soul» den wohl bisher erwachsensten Pixar-Animationsfilm geschaffen, weil er eine gewisse Lebenserfahrung voraussetzt, um die Sorgen und Nöte der Hauptfigur Joe in ihrer ganzen Bandbreite nachvollziehen zu können. Dennoch werden die Kids nicht außer Acht gelassen, dafür sorgen schon verrückte situationskomische Gags, wenn etwa Joe im Körper einer Katze wieder ins Diesseits darf.

Über die tricktechnische Umsetzung muss man gar nicht viele Worte verlieren, denn die ist wie von Pixar nicht anders zu erwarten, umwerfend. Auch wie abstrakte Ideen bildlich und damit für alle verständlich dargestellt werden, ist wunderbar gelungen. Insofern ist «Soul» ein Film, den man sich auf jeden Fall mehr als einmal ansehen kann. Vor allem für Kinder werden im Heranwachsen dabei immer mehr für sich entdecken können. Übrigens müssen Disney+-Abonnenten diesmal nicht wie bei «Mulan» einen Aufpreis zahlen.

Fazit: Wie von Pixar nicht anders zu erwarten, ist mit «Soul» wieder eine originelle Story umgesetzt worden, die alt und jung zugleich begeistern wird. Situationskomische Momente wechseln sich mit philosophischen Grundfragen. Da fühlt man sich am Ende wirklich irgendwie beseelt.

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Es gibt 1 Kommentar zum Artikel
Torsten.Schaub
01.01.2021 13:10 Uhr 1
Nicht wirklich! Bei Soul kam es mir so vor, als hätte Pixar keine richtige Ideen gehabt und nur nochmal einiges aus den älteren Filmen wiederholt. Wirklich neue Ideen gab es nicht und stellenweise waren die Gags auch richtig flach. Ich war Enttäuscht und hoffe, dass Pixar bald wieder zur alten Stärke mit neuen und vor allem frischen Ideen zurückkehrt!

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