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«Real Time with Bill Maher»: Die Erlösung kommt allein durch Vulgarität

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Bill Maher ist der Anti-Fallon unter den Late-Night-Talkern: Er demontiert Trump und sein Umfeld auch mit den vulgärsten Äußerungen. Die jungen Zuschauer lieben ihn dafür.

Seine besondere Mischung aus Talk-Show und Late Night macht Bill Maher schon seit vierzehn Jahren bei HBO – und immer war er dabei etwas unter dem Radar, nie in der selben Liga mit den Großen, zuerst Leno und Letterman, dann O’Brien und Meyers, heute Kimmel, Colbert und Oliver. Doch gerade heute in der Ära Trump ist seine «Real Time» wichtiger, relevanter und gelungener denn je.

Mahers Haltung ist in dem Sinne eigentümlich, dass sie sich im politischen Spektrum hinsichtlich links und rechts nicht ganz widerspruchsfrei verorten lässt. In aller scharfen Kürze könnte man sie wohl am besten als anti-Bullshit bezeichnen. Seine Grundwerte sind unweigerlich linksliberal: Homoehe, Recht auf Abtreibung, die Legalisierung von Cannabis sowieso. Gleichzeitig lehnt er Political Correctness ab, ist skeptisch gegenüber der grundsätzlichen Friedfertigkeit des Islam, wohl auch deshalb, weil er Religiosität ohnehin für dummes Zeug hält.

In Trump hat Maher nun ein Subjekt gefunden, das alles in sich vereint, was er ablehnt. Und er nimmt, wofür ihn seine Fans verehren, kein Blatt vor den Mund. Das äußerst liberale amerikanische Äußerungsrecht und die liberale Senderpolitik von HBO lassen ihn. In einem herrlichen Beitrag etwa spielte er die Kremlin Konnection von Donald Trump und seinen Helfershelfern in bester True-CrimeManier nach und gab dem Umfeld um Fat Donnie Trump auf sie passende Gangsternamen und blumig-zotige Beschreibungen. Donald Trump jr. – Donny Douchebag. Paul Manafort: He’s so far up Putin’s ass he can taste his lunch.“ Jared Kushner – Baby Fuckface.

Vielleicht ist er von allen Late-Night-Größen, die sich derzeit mit erstaunlicher journalistischer Expertise und hohem Nachrichtenwert an Trump und seinem Umfeld abarbeiten, der effektivste und auch der gehaltvollste: Eben weil er sich nicht dafür zu schade ist, als Abrissbirne aufzutreten, weil er von Differenziertheit nicht viel halt, weil seine Haltung klar und unumstößlich, gleichzeitig aber auch völlig offen ist. Maher ist kein Ideologe, er ist ein Mann des Common Sense, eines gewissen gesunden liberalen Menschenverstandes. Sicherlich ist seine Ablehnung von Trump und seinen verlogenen Verbündeten auch qualitativ grenzenlos. Doch auch Hillary Clinton und dem demokratischen Establishment steht er ablehnend gegenüber: Sie erkennen die Zeichen der Zeit und die gesellschaftliche Situation von Dutzenden von Millionen von Amerikanern in seinen Augen schon lange nicht mehr.

Gleichzeitig ist seine Show vielleicht die letzte Bühne, in der sich Figuren der Mitte wie der radikalen amerikanischen Linken und Rechten die Klinke in die Hand geben oder sogar zusammen auf dem Podium sitzen. Ann Coulter und Steve Bannon mögen von seinem Publikum rücksichtslos ausgebuht werden; doch Maher diskutiert mit ihnen genauso ernsthaft wie bis zur Unhöflichkeit rücksichtslos wie mit Bernie Sanders oder Neil de Grasse Tyson. In gewisser Weise ist seine Show die letzte Arena, in der noch ein direkter Kampf – auch von radikalen Meinungen oder Ideen – stattfinden kann.

Mahers Waffe ist dabei nicht in erster Linie seine Authentizität und seine Unverfälschtheit – es ist die Selbstverständlichkeit seiner Ideologie oder Ideologielosigkeit. Er bezieht Position, zeigt Haltung und ist so zum Anti-Fallon gewonnen, dessen Einschaltquoten nicht zuletzt wegen seiner dezidierten Politiklosigkeit in den Keller rauschen. Dass Fallon im Wahlkampf Donald Trump einlud und es unterließ, ihn mit seinen radikalen fremdenfeindlichen Positionen zu konfrontieren und ihm stattdessen freundschaftlich-boulevardesk durchs Haar wuschelte, brachte ihm Vergleiche mit Leni Riefenstahl ein. Die durch Trumps Wahl gerade unter jungen Amerikanern elektrisierte Zivilgesellschaft wird ihm das nie verzeihen – und lieber bei Maher Trumps systematischer Demontage zusehen.

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