Interview

Die Bundesliga bei Eurosport: „Wollen relevant und fair sein“

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Man werde seine Übertragungen nicht auf Krawall bürsten, um Schlagzeilen zu generieren, verspricht Gernot Bauer. Der Eurosport-Sportchef sprach mit Quotenmeter.de ausführlich über seine Bundesliga-Pläne: Das neue Duo Sammer/Henkel, eine Chance für den Nachwuchs, die Kritik von FC Bayern-Präsident Hoeneß und vieles mehr.

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Wie stehen Sie zum Thema Co-Kommentar? DAZN verfolgt das recht zielstrebig.
Wir wollen zu Beginn auch bewusst nicht zu viel machen
Gernot Bauer, bei Eurosport für das Produkt Bundesliga verantwortlich
Ich bin ein Fan davon, ganz klar. Wir werden im Laufe der Saison in dieser Richtung auch etwas probieren. Aber wir wollen zu Beginn auch bewusst nicht zu viel machen. Da hat man dann zwei Field-Reporter, einen Moderator, einen Experten, weitere Gäste, Kommentator… Es darf kein Overload werden. Ich selbst bin mit dem Premiere-Topspiel groß geworden, erinnere mich auch noch gut an den Co-Kommentar von Karl-Heinz Rummenigge bei der WM. Sowohl Matthias Stach als auch Marco Hagemann können all das alleine – würden sich aber auch über einen Partner an ihrer Seite freuen. Nur: Es muss auch Sinn ergeben. Leider haben heute ja Bundesliga-Trainer, die sonntags spielen, am Freitag keine Zeit mehr, einmal in einer solchen Rolle aufzutreten.

Wie werden die 90 Minuten bei Ihnen aussehen? Sky priorisiert ja teilweise, hat dann bei Topspielen mehr Kameras im Stadion…
Die DFL bietet einen sehr hohen Produktionsstandard an und wir übernehmen das Basis-Signal für unsere Live-Berichterstattung, ohne den Einsatz von zusätzlichen Kameras.

Und rund herum? Jan Henkel und Matthias Sammer melden sich aus dem Stadion…
Richtig: Wir werden mit einem eigenen Studio direkt aus dem Stadion senden – dieses wird an jedem Spieltag direkt im Logenbereich mit Blick auf das Spielfeld aufgebaut. Ende Juli war Abnahme und ich bin wirklich sehr zufrieden damit. Das Studio passt sehr gut zu unserem Slogan „Thank God it’s Matchday“. Lassen Sie sich überraschen. Wir haben uns zudem für ein ungewöhnliches Grafik-Design entschieden – und sind sehr stolz, dass unser Eurosport-internes „Star-Team“, das ist unsere Kreativ-Abteilung, ein besonderes Look & Feel geschaffen hat. Und wir sind natürlich unten am Spielfeldrand – mit unseren Interviewern. Wir wollen das wirklich klar trennen. Oben im Studio, da ist Platz für die kleine und feine Analyse.

Wenn Sie all das ansprechen? In welche Richtung schaut man denn, wenn man Grafik, Studiodesign und Konzepte erarbeitet? Nach Amerika, zu Sky? Zu ARD/ZDF?
Meine Vita ist ja sehr international und ich weiß, dass jeder Markt seine Eigenheiten hat. In Frankreich zum Beispiel ist man sehr auf Tuchfühlung und stets nah am Geschehen dran. Da kommt viel direkt vom Feld, Studios sind dort eher klein gehalten. Es stört auch nicht, wenn der Zuschauer mal ein Kabel oder einen Kameramann im Bildausschnitt sieht. So etwas gibt es beispielsweise bei der BBC nicht. Hier wird mehr Augenmerk auf die Präsentation gelegt und es kommt alle drei Minuten die Maske an den Spielfeldrand und tupft den Moderator noch ab. Im Amerikanischen geht der Trend zu großen Studios, wo mit vielen Gästen gesprochen wird. Da muss man manchmal aufpassen, dass das nicht zu viel wird. Wir haben uns konkret Sendungen aus der NFL und der NBA angesehen und auch bei NBC gründlich hingeschaut.

Wie sieht’s mit Spielereien aus? Also Spieler in Übergröße virtuell auf das Spielfeld zu projizieren?

Wortweiser Augmented Reality

Der Begriff bezeichnet das Verschwimmen zwischen Animation und Realität. Zu den gängigen AR-Anwendungen zählt neben Google Glass etwa auch moderne TV-Technik, die etwa Freistoßentfernungen, Statistiken oder ganze Spieler in ein Umfeld projiziert.
Ich denke, dass die Möglichkeiten immer vielfältiger werden. Einiges kommt ja auch schon von den Ligen und Verbänden. Ich denke da an den Motorsport, wo es Pflicht ist, dass die Fahrer mal ohne Helm zu sehen sind. Es gibt inzwischen Video-animierte Aufstellungen. Letztlich ist es auch ein Kostenfaktor. Will man das als Sender produzieren (und dann vielleicht den Last-Minute-Transfer noch nachdrehen?). Ich glaube: Meine Mutter würde sagen, dass sie all das nicht braucht und nur das Spiel sehen will. Meine Söhne werden, wenn sie in ein paar Jahren alt genug sind, damit aufgewachsen sein und genau das auch fordern. Diese Trends entstehen ja inzwischen spannenderweise eher bei Konsolen-Spielen. Das, was FIFA 18 grafisch anbietet, wird auch den Weg ins Fernsehen schaffen. Die junge Zielgruppe will diese Grafiken und deshalb ist es letztlich auch für die Werbetreibenden wichtig.

Welche Ziele haben Sie? Wie werden Sie Erfolg definieren? Über Zuschauerzahlen, über 5-Sterne in der Sport-Bild-TV-Kritik?
Über fünf Sterne wird sich niemand beschweren. Ich kümmere mich bei Eurosport um Inhalte, nicht um die Zahlen. Die beste Werbung ist immer noch ein gutes Produkt- Je mehr es schauen, desto schöner ist es aber, das ist ja klar. In erster Linie wollen wir relevant sein und fair. Unsere Sendungen werden nicht auf Krawall gebürstet sein, nur um Schlagzeilen zu produzieren.

Wie wird das Rahmenprogramm bei Eurosport aussehen? Während Sie ja im Eurosport Player auf Eurosport 2HD Xtra immer mit einer Stunde Vorlauf starten, haben Sie ja auch Programm für Eurosport 1 im Free-TV angekündigt.
Wir wollen freitags stets eine große Fußballstrecke im Free-TV anbieten. Wenn möglich, startet diese schon mit aktuellem Fußball, etwa der MLS, also dem wöchentlichen Schweinsteiger-Spiel oder ähnlichen Übertragungen. Um 19 Uhr kommt ein neues Format, das «#TGIM – Sofa United» heißt, laut sein wird und von Emotionen lebt. Wir besuchen in diesem Format an jedem Spieltag Fans bei sich zu Hause und begleiten sie beim Fußballschauen. Ab 19.30 Uhr geht es in unser Studio in München, das im neuen Bundesliga-Design daherkommen wird. Von dort gibt es die Klammer rund um das Eurosport Player-Spiel. Heißt: Wir produzieren parallel zwei Vorläufe:

Für’s Pay-Spiel im Stadion, für’s Free-TV im Studio. Ab 22.45 Uhr wird sich dann auch immer unser Talk «#TGIM – Der Talk» aus dem Studio anschließen. Mit Gästen werden wir das Freitags-Spiel besprechen und auf’s Wochenende schauen.

Der Talk wird künftig von zwei Leuten im Wechsel präsentiert, weil Marco Hagemann ja schon als Kommentator im Stadion agieren wird. Können Sie denn schon sagen, wie die Aufteilung in etwa sein wird?
Das kommt noch auf einige Dienstplanfeinheiten an. Ich würde sagen, dass Marco Hagemann als unsere klare Nummer eins rund 60 Prozent der Spiele kommentieren wird. Dann wird ein neuer Kollege den Talk machen. Den Namen geben wir bald bekannt. Wir müssen aber auch schauen, wie wir während Olympia verfahren. Jan Henkel ist dann mit dem Olympia-Team im Einsatz, genau wie Wolfgang Nadvornik und Matthias Stach. Vielleicht moderiert dann Marco Hagemann auch mal die Live-Sendung mit Matthias Sammer und einer unserer jungen Stimmen sitzt am Kommentatoren-Platz. Das alles werden wir Ende des Jahres eintüten können, wenn die DFL festgelegt hat, ob in diesen zwei Wochen auch Sonntags- und Montagsspiele, die bei uns im Paket sind, stattfinden.

Letzte Frage: Wer wird Meister und wo wird es noch spannend? Geht der HSV wieder in die Relegation, die ja exklusiv bei Ihnen läuft?
Ich habe ja eine Affinität zu den Nord-Vereinen und deshalb wünsche ich es dem HSV eigentlich nicht. Mein Herzensverein ist übrigens gerade wieder aufgestiegen. Mehr verrate ich jetzt aber nicht. Was die Frage nach dem Meister angeht: Ich bin jetzt mutig und sage: Leipzig macht diesmal das Rennen.

Danke für das Gespräch und alles Gute für die erste große Sendung am kommenden Samstag ab 19.30 Uhr.

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