Die Kritiker

«Tatort – Nachbarn»

von

Die Kölner haben beim «Tatort» aktuell viel zu tun: Innerhalb vergleichsweise kurzer Zeit müssen Ballauf und Schenk zum dritten Mal ermitteln. Dieses Mal in einer Nachbarschaft voller Geheimnisse.

Cast und Crew

  • Regie: Thorsten C. Fischer
  • Darsteller: Klaus J. Behrendt, Dietmar Bär, Patrick Abozen, Juliane Köhler, Werner Wölbern, Claudia Eisinger, Lena Meyer, Florian Panzner, Julia Brendler, Birge Schade, Stephan Grossmann
  • Drehbuch: Christoph Wortberg
  • Kamera: Theo Bierkens
  • Schnitt: Dora Vajda
  • Musik: Fabian Römer, Steffen Kaltschmid
  • Produktionsfirma: Bavaria Fernsehproduktion
Ein neuer «Tatort» ganz ohne Spielereien: Die Hauptkommissare Max Ballauf (Klaus J. Behrendt) und Freddy Schenk (Dietmar Bär) tauchen in den Ermittlungen zum Mord an Werner Holt (Uwe Freyer) in den Subkosmos einer Kölner Vorstadtsiedlung ab. Die Häuserfassaden blenden in grellem Weiß, die Nachbarn befinden sich allesamt in einem komplizierten Geflecht aus Zuneigung, Abneigung und Gleichgültigkeit. Und natürlich hat jeder, der in dieser kleinen Oase des leichten Wohlstands, ein eigenes Drama zu verbergen – wenn nicht sogar Dreck am Stecken. Nun gilt es, diesen Wust an Verbindungen in der Nachbarschaft zu entwirren: Wer war wem zu laut, zu auffällig, zu dreist, zu eng verbandelt oder in seiner Grundstücksgestaltung zu exzentrisch?

Es werden Erinnerungen an den Frankfurter «Tatort» namens «Wendehammer» wach, der erst im Dezember 2016 eine sehr ähnliche Richtung einschlug. Die Kölner Variante geht dabei den stureren Weg, streng nach dem kleinen Einmaleins des Krimis: Die ersten zwei Drittel gestaltet Drehbuchautor Christoph Wortberg vornehmlich mit einer Aneinanderreihung der üblichen Ermittlungsarbeit. Das Ermittlerduo wandert von Haus zu Haus, stellt Standardfragen wie „Wie gut kannten Sie Herrn Holtkamp?“ oder „Wo waren sie gestern Abend?“, nickt in genügsamer Zuhörstimmung und kehrt dann mit den neu gewonnenen Erkenntnissen an zuvor abgehakte Schauplätze zurück.

Einzig der schwarzhumorig-ironische Einsatz von Pharells "Happy" in er Eröffnungssequenz lockt diesen «Tatort» eingangs dezent aus der "Ware von der Stange"-Mentalität heraus. Später darf die unglückliche Ehefrau Anne Möbius (Birge Schade) in Anwesenheit der Kommissare völlig weltentrückt und Martini saufend zu Bruce Springsteen tanzen – ein kleiner, atmosphärischer, exzentrischer Moment in einem anderweitig durch und durch routinierten Krimi nach Schema F.

Darstellerisch sticht aus der großen Ansammlung an handelnden Figuren der Handelsvertreter Frank Möbius (Stephan Grossmann) hervor, der von Verhör zu Verhör genervter und sarkastischer reagiert und so einen markigen Spagat zwischen verdächtig und glaubwürdigem Leiden vollbringt. Die starre «Tatort»-Klischeestruktur bricht dadurch jedoch nicht auf: Nachdem eine Stunde lang jeder in der Nachbarschaft etwas sagen durfte, das ihn oder sie verdächtig macht, und auch etwas Entlastendes vom Stapel ließ, kristallisieren sich zwei Hauptverdächtige heraus. Erfahrene Krimigucker werden es nicht schwer haben, zu erraten, wer sich davon in der abschließenden halben Stunde als Irreführung herausstelt.

Regisseur Torsten C. Fischer, der schon mehrere Kölner «Tatort»-Folgen inszenierte, verleiht dieser Nachbarschafts-Gruselschau wenigstens in den Abend- und Nachtszenen einen stilistischen Dreh – und lässt die von Theo Bierkens geführte Kamera langsam an Fernster heran und über Grundstücksgrenzen hinweg fahren. Ein leichtes Gefühl des Voyeurismus macht sich breit. Aber diesen bitteren Beigeschmack der Vorort-Herumschnüffelei verliert der «Tatort» durch seine starre Whodunit-Struktur allzu rasch wieder.

«Tatort: Nachbarn» ist am 26. März 2017 ab 20.15 Uhr im Ersten zu sehen.

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