Interview

Aurel Mertz: 'Wir sind bei Tele 5, Quoten sind uns erst einmal scheißegal'

von   |  2 Kommentare

Wir sprachen mit Moderator und Unterhalter Aurel Mertz über die bevorstehende dritte Staffel seiner Late-Night-Show «Boomarama», sein Fazit zum Beginn des Formats und seine persönliche Entwicklung.

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Klar würde ich mich über mehr Sendezeit freuen, aber um beispielsweise 45 Minuten sinnvoll und unterhaltsam zu füllen, bräuchte es ein größeres Team.
Aurel Mertz
Wenn das Grundgerüst gleich bleibt - mit Monolog, Einspielern und Interview – Sie sich aber trotzdem jede Folge einem spezifischen Thema widmen wollen, fallen die Episoden mit nach wie vor 25 Minuten vergleichsweise etwas kurz aus. Würden Sie sich über mehr Sendezeit freuen, damit Sie im Zuge der Themenfolgen auch tiefergehen können?
Neben den Episoden im Fernsehen haben wir diesmal auch viel Online-Exklusivmaterial, weil wir besonders bei den Interviews festgestellt haben, dass sich mehr Sendezeit tatsächlich gelohnt hätte. Wir freuen uns aber auch darüber, dass auch Tele 5 verstanden hat, dass das Internet wichtig ist und wir nun exklusive Ausschnitte für das Internet haben (lacht). Klar würde ich mich über mehr Sendezeit freuen, aber um beispielsweise 45 Minuten sinnvoll und unterhaltsam zu füllen, bräuchte es ein größeres Team. Bis jetzt bin ich also mit den 25 Minuten sehr zufrieden, künftig könnte man aber darüber nachdenken, die Sendung von der Länge her auszubauen. Im Endeffekt freue ich mich über jede Minute, in der ich im Fernsehen stattfinde (lacht).

Nicht nur die Show hat sich weiterentwickelt. Als «Boomarama Late Night» im April 2015 erstmals auf Sendung ging, war es auch für Sie eine neue Erfahrung. Sie moderierten Ihre erste Fernsehshow. Wie fällt Ihr Fazit zur Anfangszeit von «Boomarama» aus und wie haben Sie persönlich sich seitdem weiterentwickelt?
Das Schöne an der ersten Staffel war: Es ging so schnell, man konnte gar nicht darüber nachdenken. Mein ganzes Leben habe ich danach geschrien, so etwas zu machen und dann ist einfach ein Kai Blasberg gekommen und hat gesagt: „Ja, dann mach doch.“ Dieses Gefühl werde ich nie vergessen, weil es für mich wahnsinnig schön war. Mittlerweile habe ich mehr Erfahrung mit Gästen und bin nun in der Lage, anders auf sie zuzugehen. In diesem Entwicklungsprozess von drei Jahren findet man natürlich auch heraus, welche Dinge für einen funktionieren und welche nicht, weil man sich selbst über die Jahre kritisch beobachtet. Generell bin ich mit 27 Jahren ja noch recht jung und noch lange nicht an dem Punkt angelangt, an dem ich nichts mehr erreichen will.

Wenn du weißt, die Kamera geht an und du moderierst jetzt deine erste eigene Fernsehsendung, dann machst du dir einfach in die Hose.
Aurel Mertz über die Anfangszeit von «Boomarama»
Früher hatte ich außerdem ein Publikum von 20 Leuten, heute sind es siebzig. Das zu sehen, ist für mich schon ein wunderschönes Gefühl, es macht mehr Spaß mit dem Publikum zu interagieren und ich bin nicht mehr so nervös, wenn ich für meinen Monolog raus ins Studio gehe. Das war zu Beginn noch anders. Wenn du weißt, die Kamera geht an und du moderierst jetzt deine erste eigene Fernsehsendung, dann machst du dir einfach in die Hose. Trotzdem ist auch heute noch immer ein gewisser Thrill da, sonst könnte man es auch lassen. Bei vielen Moderatoren fehlt nach Tausenden von Shows der Hunger, das ist bei einer so jungen Show wie unserer anders. Wir haben nicht das größte Budget, aber dafür ist viel Herzblut mit dabei. Das war in der ersten Staffel der Fall, genauso wie in der neuen. Wenn du dieses Herzblut bei so kleinen Shows nicht reinlegst, hast du auch keine Chance.

Trotzdem herrschte in der letzten Folge der ersten Staffel erst einmal Abschiedsstimmung, ein mögliches Ende nach Staffel eins schien für Sie gut möglich. Haben Sie mit so viel Vertrauen nicht gerechnet und wie war Ihr Zwischenfazit nach Staffel eins?
Damals habe ich die Sendung noch zu 100% Prozent geschrieben und konnte mir einfach nicht vorstellen, dass das Format fortgeführt würde (lacht). Ich war an einem Punkt der Freude angelangt, an dem ich gar nicht weiterdenken wollte. Bei TELE 5 wird aber immer direkt und ehrlich kommuniziert und es wurde mir schnell klargemacht, dass sie weiterhin Vertrauen in mich setzen. Im Moment der Aufzeichnung konnte ich es noch nicht beurteilen, schnell darauf war aber klar, dass es weitergehen würde.

Damals hieß es in der Ankündigung vor dem Start der Sendung, Sie hätten den Versuch unternommen, ein deutsches Late-Night-Format nach amerikanischen Vorbild zu schaffen…
(lacht) Das war eine witzige Erkenntnis damals. Ich habe in einer Pressemitteilung ein paar Sätze losgelassen und Dinge gesagt wie: „Wale schwimmen am besten im Haifischbecken.“ Ich dachte mir, das ist so blöd, das schreibt eh keiner (lacht). Dass es eine Late-Night nach amerikanischem Vorbild sein soll, war aber nicht komplett absurd gemeint, weil ich mich schon an amerikanischem Humor orientiere, denn es ist das, was ich auch schaue. Daher kam dieser Bezug. Dass man nicht von Episode eins an die «Tonight Show» machen kann, ist auch vollkommen klar.

Heute liegt das Late-Night-Genre im deutschen Fernsehen weitestgehend brach. Warum setzen immer weniger Sender auf Late-Night-Shows?
Es liegt nicht unbedingt am Format, dass die Late-Night-Show im deutschen Fernsehen nicht mehr ankommt, es fehlt auch an fähigen Leuten und wenn es die fähigen Leute gibt, haben die Sender nicht mehr den Mut, in sie zu investieren.
Aurel Mertz über die Situation von deutschen Late-Night-Shows
Ich finde, eine Late-Night-Show muss als Aushängeschild eines Senders dienen. Dass sie nicht die Quoten der großen Samstagabendshows bringt, ist logisch. Dadurch dass es im besten Fall auch werktäglich läuft, kostet sie außerdem recht viel Geld. Du brauchst ein starkes Gesicht, das sowohl selbst Witze schreiben als auch gut moderieren und Interviews führen kann. Die Verantwortlichen bringen nicht mehr die Geduld mit, solche Personen aufzubauen, bis sie so eine Show tragen können. Es liegt nicht unbedingt am Format, dass die Late-Night-Show im deutschen Fernsehen nicht mehr ankommt, es fehlt auch an fähigen Leuten und wenn es die fähigen Leute gibt, haben die Sender nicht mehr den Mut, in sie zu investieren. Meine feste Überzeugung ist, dass es diese Personen früher oder später, vielleicht auch erst nach fünf Jahren, zurückzahlen würden. Man sieht es bei ProSieben mit Joko & Klaas. Damals war es durchaus ein mutiger Schritt, die beiden zu verpflichten, heute sind sie die Aushängeschilder und ohne sie wäre dort nichts los.

Ihre ersten Schritte als Moderator gingen Sie als Absolvent der Frank Elstner Masterclass auf der Internetplattform zuio.tv. Man könnte meinen, Moderatoren und Unterhalter Ihrer Generation suchen Ihr Glück heutzutage eher im Internet. Wie wohl fühlen Sie sich im Fernsehen?

Ich bin der Trompeter in der Acapella-Band (lacht). Klar, viele junge Leute machen ihr Zeug jetzt im Internet. Ich fühle mich im Fernsehen wohl, weil es etwas Magisches hat, es eine gewisse Qualitätsschranke gibt und das Budget im Fernsehen nun mal deutlich höher ist. Auch wenn unsere Sendung unter den Studioshows wahrscheinlich die günstigste ist, muss man sie erst einmal finanziert kriegen. Wichtig ist aber vor allem, dass es Leute sehen. Im Internet hat man immer das Gefühl, wenn man jetzt nicht gerade Beauty-Channels betreibt oder lustige Challenge-Videos macht, ist es sehr schwer Reichweite zu bekommen. Deswegen ist es für mich schön, dass ich im Fernsehen stattfinden kann und dort die Möglichkeit habe, mein Zeug so zu produzieren, dass es einen schönen Look hat, dass es mit Liebe gemacht ist und dass dahinter Leute stehen, die Bock auf das Produkt haben.

Zum Start von «Boomarama» waren Sie 25 und damit der jüngste Late-Night-Moderator im deutschen Fernsehen. Es ist alles andere als üblich, dass Personen in diesem Alter ein eigenes Fernsehformat bei einem Sender der Größenordnung von TELE 5 erhalten. Welche Ratschläge haben Sie für alle jungen Menschen in Deutschland, die Ähnliches vorhaben?
Ich würde sagen: Einfach produzieren. Der Vorteil heutzutage ist ja, dass jeder die Technik hat, die Inhalte an die Öffentlichkeit zu bringen. YouTube und andere Plattformen sind eine Chance, die mittlerweile jeder ergreifen kann. Danach muss man natürlich alles dafür tun, dass es die richtigen Leute sehen. Die Videos nur ins Internet zu stellen, hilft leider nicht. Es gibt im Fernsehen oder bei Produktionsfirmen immer noch Gatekeeper. Sie müssen die Inhalte sehen und man selbst sollte hartnäckig bleiben.

Vielen Dank für das Interview, Aurel Mertz!

Die neue Staffel von «Boomarama» ist, beginnend am 17. März 2017, immer freitags ab 22 Uhr auf Tele 5 zu sehen. Je 28 Stunden vor der linearen Ausstrahlung haben Fans zudem die Möglichkeit, die ganzen Folgen im Internet auf der Tele 5-Homepage abzurufen.

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Es gibt 2 Kommentare zum Artikel
tommy.sträubchen
16.03.2017 12:51 Uhr 1
Hmm OK aber wenn Tele 5 die Quoten schei* egal sind.. Dann wäre es schön wenn mal zwischen 6uhr morgens und 15.10Uhr Nachmittags etwas wie Programm gesendet werden würde.Ja klar Morgens haben es kleine Sender schwer ihre Plätze zu refinanzieren aber Hallo 9!!!!Stunden Homeshopping Werbung?!?! Nervt und ist einfach Schade.Sooo viele wünschen sich mal die Serien der 80/90iger zurück...RTL plus ist eine Programm Frechheit von 6-18.30uhr...besser wäre Scripted TV statt RTL plus... Aber zurück zu Tele 5 ...ich hoffe man lässt das Tagesprogramm nicht so, denn sonst könnte es sein dass die Quoten bald scheiß egal sein müssen
Blue7
16.03.2017 13:10 Uhr 2
Das lächerlichste ist ja auch, dass man Content vor der lineraren Ausstrahlung dem Zuschauer anbietet. Macht das ZDF ja auch und jammert wenn die Quoten schlecht sind.
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