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EM-Check Sat.1: Gut gelaunt ins Quotental?

von   |  2 Kommentare

Was macht Marcel Reif im Europa-Park? Wie viel Werbung verträgt ein Fußball-Talk? Und wie unterhaltsam ist Serdar Somuncu? Die EM-Berichterstattung von Sat.1 im Check.

Sat.1 überträgt noch folgende EM-Spiele

  • Ukraine-Polen: DI 18 Uhr
  • Tschechien-Türkei: DI 21 Uhr
  • Island-Österreich: MI 18 Uhr
  • Italien-Irland: MI 21 Uhr
Ein kleines Stück vom großen Quotenkuchen. Das war wahrscheinlich die Devise für Sat.1 beim Kauf einiger weniger Live-Rechte an der Fußball-Europameisterschaft. Seit gestern wissen wir: Das kleine Stück ist wirklich klein. Nur etwas mehr als eine Million Zuschauer wollten die erste von Sat.1 übertragene Partie sehen, ähnlich viele Menschen sahen allein die Vorberichte. Das Stück Kuchen heißt aber auch: Man kann sich EM-Sender nennen, darf Highlight-Clips zeigen, ist irgendwie dabei. Ob Aufwand und Nutzen aber in einem gesunden Verhältnis stehen, darf nach den schwachen Auftaktquoten und selbst auch nach den leicht überdurchschnittlichen Werten (2,6 Millionen insgesamt) am zweiten Übertragungstag bezweifelt werden. Denn: Das Rahmenprogramm und besonders der nächtliche Talk verharrten zu deutlich im einstelligen Bereich.

Stichwort Aufwand: Man hat recht groß aufgefahren beim Bällchensender, ein fünfköpfiges Team begleitet die Zuschauer, plus wechselnde Experten. Frank Buschmann meldet sich mit ihnen aus dem Europapark in Rust, dort setzt man – ähnlich wie das ZDF – auf ein Roundtable-Modell mit mehreren Gästen. Zum Sonntagsspiel waren das: Marcel Reif, Serdar Somuncu und Jonas Hummels. Und da die Berichterstattung bereits um 19.30 Uhr begann, also 90 Minuten vor dem Spiel, holte man bei «ran» zum großen EM-Rundumschlag aus: Wie steht’s um die deutsche Mannschaft? Was erlauben CR7? Wie gefährlich ist Spanien? Und überhaupt, warum ist Italien plötzlich Mitfavorit? Dass das anstehende Spiel da fast zur Nebensache wurde, ist nicht überraschend. Wie soll man auch so viel Sendezeit mit Mannschaften wie Rumänien und Albanien füllen? Dass dann aber kaum noch Zuschauer dran blieben, die die Live-Partie sehen wollten, versteht sich von selbst. Spannungsaufbau geht anders.

Der Rundumschlag geht auch auf Kosten der Analyse, die so gut wie nicht vorhanden ist, auch nach dem Spiel. Der Zuschauer bekommt so etwas wie Fast-Food-Information, leicht verpackt, kurz aufbereitet, schnell verdaut. Viele Dinge werden in fünf Minuten oder weniger abgehandelt, dann kommt das nächste Thema, die nächste Schalte, die nächste Werbung. Sat.1 setzt deutlich andere Akzente als die Öffentlich-Rechtlichen, mehr Unterhaltung als Information steht im Vordergrund. Die durchaus schön-kitschigen Kulissen im Europapark passen dazu, auch die Social-Media-Fundstücke mit „Icke“. ARD und ZDF haben sich mittlerweile nahezu vollständig von Social Media verabschiedet, das vor Jahren noch viel Sendezeit einnahm. Sat.1 zeigt auch hier, dass es nicht unverzichtbar ist, zumindest in dieser Form. Bilder von jubelnden Selbstdarsteller-Zuschauern braucht man nicht, manche Fundstücke aus dem Netz sind zumindest amüsant.

Davon abgesehen funktioniert die Unterhaltung: Marcel Reif analysiert – im Rahmen der zeitlichen Möglichkeiten – pointiert, Serdar Somuncu gibt den meinungsstarken Promi-Fan. Frank Buschmann moderiert gewohnt erfrischend. Dafür, dass sie nur für vier Fußballabende zusammenkommen, diskutieren sie unterhaltsamer und besser als so manch eingespieltes Expertenteam. Die fehlende Tiefenanalyse wird damit bravourös ausgeglichen. Extrem nervtötend nur, dass die Runde alle 15 Minuten von Werbepausen unterbrochen wird – Stichwort Spielfluss.

Zweite Sendezentrale ist Frankreich. Moderator Matthias Killing und Experte Mirko Slomka meldeten sich am Sonntag unter anderem von der Fanmeile am Eiffelturm, am Montag fing man die Atmosphäre im Stadion ein. Slomka ist gleichzeitig Co-Kommentator an der Seite von Hansi Küpper (Foto) und kümmert sich um die taktische Analyse während des Spiels – und das ziemlich gut. Küpper beschränkt sich auf die emotionale, manchmal zu wortreiche Begleitung des Geschehens auf dem Feld.

Für das, was Sat.1 mit seiner Berichterstattung sein will, macht es seine Sache gut: Unterhaltung wird geboten, lustig, mit klarer Kante, wenn auch vielleicht etwas zu sehr im Schnelldurchlauf. Aber das wird sich bei den anstehenden Partien mit interessanteren Mannschaften – Polen, Türkei, Italien, Irland – zwangsweise ändern.

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Es gibt 2 Kommentare zum Artikel
Sentinel2003
21.06.2016 13:54 Uhr 1
Sat 1 könnte einem schon fast leid tun, das sie die total uninteresanten Spiele von ARD und ZDF kaufen konnten/mussten...
Blue7
21.06.2016 15:03 Uhr 2
Erstmal war es von vornherein klar, dass die Topspiele die ÖR selber zeigen werden und b) hat niemand ProSiebenSat.1 gezwungen die 6 Spiele Lizenztechnisch erwerben zu müssen

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