Die Kritiker

«Tatort - Der Hundertste Affe»

von

Lürsen und Stedefreund müssen einen Terror-Anschlag in Bremen verhindern. Statt einem packenden Thriller wurde aus dem Stoff leider ein didaktischer Befindlichkeitsfilm.

Cast & Crew

Vor der Kamera:
Sabine Postel als Inga Lürsen
Oliver Mommsen als Stedefreund
Friederike Becht als Luisa Christensen
Franz Pätzold als Sven Render
Barnaby Metschurat als Helmut Lorentz
Werner Wölbern als KvD Joost Brauer
Luise Wolfram als Linda Selb

Hinter der Kamera:
Produktion: Bavaria Fernsehproduktion und Bremen Bühnenhaus GmbH
Drehbuch: Christian Jeltsch
Regie: Florian Baxmeyer
Kamera: Peter Joachim Krause
Produzent: Ronald Mühlfellner
In Bremen steht ein Anschlag bevor. Beim LKA geht eine ominöse Mail ein, ein obskures Video mit lauter toten Afrikanern und die Forderung, dass Sven Render sich öffentlich zur „Wahrheit“ bekenne. Render sitzt gerade in Untersuchungshaft und hat bis zu seiner Festnahme Pestizide für einen ominösen Saatgutkonzern entwickelt.

Wenig später: Die Erpresser haben einen Duschkopf im örtlichen Schwimmbad manipuliert, und lassen statt Wasser rote Lebensmittelfarbe fließen. Die Frau, die darunter stand, stirbt am Stock. Bei einem der Täter (alle werden offen geführt) führt das zu ersten Gewissensbissen. Und bei seiner Komplizin Luisa, mit der er sich eine Liebelei wünscht, zu den ersten didaktisch geschriebenen und mit übertriebener Wut aufgesagten pathetischen Rechtfertigungen.

Sehr viel an diesem Fall ist dem Zuschauer von Anfang an klar: Wer die Täter sind. Was sie wollen. Und dass sie, auch wenn man ihre martialische Art der Durchsetzung ihrer Ziele auch pflichtbewusst ablehnen mag, doch ein bisschen Recht haben sollen. Sie, die aufopferungsbereiten kompromisslosen Idealisten gegen die bräsig-schnöseligen Konzernchefs, die mit kühlem Pragmatismus Pestizide herstellen, in unterkühlt-seelenlos eingerichteten Büros über ihren Bilanzen sitzen und dann zu ihrem Yuppie-Anzug auch noch die etwas längeren Haare zusammengebunden haben.

„Der hundertste Affe“ schlägt dabei freilich lieber voll auf die Zwölf, als eine feinsinnig-ambivalente Geschichte über Terroristen mit hehren Motiven zu erzählen und die rechtsphilosophischen Zwickmühlen in der Verhinderung von Katastrophen zu verhandeln. Lieber flüchtet man sich in Close-ups mit übertrieben wutverzerrten Gesichtern und allerhand Nebenhandlungsstränge, die möglichst keck wirken sollen: Ermittler Stedefreund wirft ein Auge auf die hochqualifizierte, aber unfassbar bräsige neue Gerichtsmedizinerin, eine Figur irgendwo zwischen Comic Relief und The Girl You Love to Hate, aber garantiert ein grässliches Klischee-Konstrukt. Und sonst so? Im Krisenstab kriselt es vor lauter Befindlichkeiten und Animositäten, und die Terroristen wollen das Bremer Trinkwasser mit hochkonzentrierten Pestiziden verseuchen, wenn sie nicht gerade dabei sind, einander Vorhaben wegen divergierender Motive zu zerschießen.

Hin und wieder erwischt man sich dabei, wie man sich wünscht, Jack Bauer würde in einer beliebigen Szene reinplatzen – und die «24»-Dramaturgie dieses lau-behäbige Elend ersetzen, das dieser klischeehafte Terror-Plot verströmt. Eine funktionierende Ticking Clock statt dem unausgegorenen Larifari um einen säftelnden Stedefreund, und eine sinnvolle, gerne kontroverse, aber diskursive Haltung zu den Figuren und ihren Handlungen statt pathetisch vorgetragener, didaktischer Rechtfertigungen.

Es ist nicht einmal der eher behäbige «Tatort»-Duktus, der hier so stört, sondern diese schmierige Figurenorchestrierung, die allenfalls ganz, ganz oberflächlich Ambivalenzen zulässt. Die ein apokalyptisches Was-wäre-wenn-Szenario so mit Klischees und Beliebigkeiten zupflastert, dass es eben nicht als exemplarische Möglichkeit zur Reflexion des Tatsächlichen taugt – und dadurch auch nicht sonderlich erschreckend wirkt. Was auch immer man hier erzählen wollte: Relevant ist es trotz des Themas und des Sujets nicht geworden. Unterhaltend und einnehmend, erkenntnisreich gar erst recht nicht.

Das Erste zeigt «Tatort – Der hundertste Affe» am Montag, den 16. Mai um 20.15 Uhr.

Kurz-URL: qmde.de/85568
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