360 Grad

Dieser Weg wird kein leichter sein

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Ein Verschwörungstheoretiker, der die Existenz eines souveränen Deutschlands bestreitet, soll Deutschland beim ESC vertreten. Eine Farce.

Bushidos Twitter-Profilbild zeigt einen Nahen Osten ohne Israel. An dessen Stelle und über den palästinensischen Autonomiegebieten prangt die palästinensische Flagge, daneben steht „Free Palestine“. Das ist im Mindesten antiisraelisch, eigentlich schon antisemitisch. Seine Rap-Texte sind durchzogen von den ekelhaftesten misogynen und homophoben Inhalten. Schon immer. Für Hubert Burda Media war 2011 der Fall klar: Das ist vorbildliche Integration in die deutsche Gesellschaft und des Bambi-Integrationspreises würdig.

Nun ist Bushido ein Extrembeispiel – und dieser lächerliche Bambi-Preis eine eigentlich schon lange vergessene Fehlentscheidung. Aber sie ist immer noch eine treffende Allegorie, um zwei Dinge zu beschreiben, die ums Verrecken nicht zusammenpassen. Bushido und Integration in eine pluralistische tolerante Mehrheitsgesellschaft zum Beispiel.

Oder Xavier Naidoo und Deutschland vertreten.

Denn Deutschland gibt es ja gar nicht als souveränen Staat. Hat Xavier Naidoo gesagt. Mehrmals. Er erzählt auch gerne obskure Verschwörungstheorien zum 11. September. Ebenso von ihm bekannt: eine ziemliche ekelhafte Aneinanderreihung von Homosexualität und Pädophilie („Warum liebst du keine Möse, weil jeder Mensch doch aus einer ist?“) , sowie von Antisemitismus durchsetzte Textpassagen („Baron Totschild“, so nennen Rechtsextreme gemeinhin die Rothschilds, ein beliebtes Objekt antisemitischer Verschwörungstheorien, dazu noch der jiddische Schmock zwei Zeilen darunter).

Und dieser Mann soll jetzt Deutschland (oder nicht doch eher die BRD-GmbH) vertreten? Noch dazu beim ESC, so ziemlich der schwulsten Veranstaltung, die das öffentlich-rechtliche Fernsehen überträgt?

Das ist ein bisschen so, als würde man Bernie Madoff zum Direktor einer größeren Finanzmarktregulierungsbehörde machen. Oder Björn Höcke zum Leiter des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge.

Naidoo sitzt ja beim Eurovision Song Contest – anders als bei «Sing Meinen Song» – nicht einfach nur auf einem Sofa, plaudert nett mit seinen Gästen und sing ein Liedchen. Er soll Deutschland repräsentieren. Obwohl er die Existenz eines souveränen Deutschlands bestreitet? Weil er – man weiß gar nicht, was schlimmer ist – das Grundgesetz und den Zwei-Plus-Vier-Vertrag intellektuell nicht verstehen kann oder aus befremdlichen bis abstoßenden Gründen gar nicht verstehen will?

Man könnte nun zynisch sein und sagen: Niemand kann Deutschland und seine Gesellschaft besser vertreten als ein Verschwörungstheoretiker wie Xavier Naidoo. Aber so zynisch will ich gar nicht sein.

Ich wünsche mir nur, dass Thomas Schreiber und sein Team im NDR bei ihren Recherchen nicht nur Fakten zusammengetragen hätten, mit denen man Naidoo, so gut es geht, exkulpieren kann. Das Ergebnis, wen wir nächstes Jahr nach Schweden schicken, dürfte dann ein anderes gewesen sein.

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