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Hoch bleibt Hoch: Warum Wetter-Sendungen in Deutschland nach wie vor faszinieren

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Über das Wetter kann immer gesprochen werden. Die Vorhersage ist nach wie vor auch im Fernsehen gefragt – dem Postleitzahlen-Wetter im Web zum Trotz. Das wundert manchmal sogar RTL-Meteorologe Christian Häckl. Mit uns sprach er über den heißen Sommer und darüber, warum US-Wetterfrösche prominenter sind.

Und wie wird der kommende Winter?

Exakte Aussagen über den anstehenden Winter lassen sich freilich noch nicht treffen. Es gibt aber ein paar Wetterregeln, an denen man sich orientieren könne. Der „Siebenschläfer“ hätte in Süddeutschland in diesem Jahr sehr gut funktioniert – er hatte sieben Wochen tolles Wetter vorhergesagt. Häckl prognostiziert 2015/2016 einen normalen Winter. „Der September war bei uns leicht zu kühl, das spricht eher für einen zu kalten Winter. Umgekehrt dürfte auch der Okotober leicht zu kühl aus fallen - das deutet dann oft auf einen eher milden Winter hin. Die Chance, dass wir nach zwei extrem milden Wintern in Folge wieder einen solchen extrem milden bekommen, ist allerdings nicht groß.“ Das würde auch zu El Nino passen, der in diesem Jahr ungewöhnlich stark ausfallen dürfte – „die Winter bei uns in solchen Jahren neigen im Mittel weder zu extremer Milde noch zu extremer Kälte“, erklärt der Wetterfrosch.
Es ist ein Thema, das so alt ist, wie die Menschheit selbst. Schon seit je her hat das Wetter die Menschen beeinflusst. Es bestimmt Freizeitgestaltung oder schlicht organisatorische Dinge, wie etwa früheres Losfahren am Morgen zur Arbeit, wenn der erste Schnee angesagt ist. Entsprechend hart umkämpft ist auch der Markt mit Wetterinformationen. Das weiß auch Christian Häckl, Meteorologe und Wetterfrosch beim Kölner Sender RTL. Seit mehr als 20 Jahren präsentiert er am Vorabend regelmäßig die Aussichten und hat somit haargenau mitbekommen, wie sich Wettersendungen und –darstellung verändert haben. „Wir bei RTL haben damals angefangen, die Wetterberichterstattung optisch ansprechender zu gestalten.“ Damals, in den frühen 90ern, standen die Wetterfrösche noch vor schlichten Karten, an denen ein paar wenige Symbole angebracht waren. Hier trafen Sonne, Wolken und Regen noch mit Magneten versehen aufeinander.

„Wir haben dann zum Beispiel den ersten Strömungsfilm gezeigt und waren uns schon damals sicher, dass die Leute das sehen wollen.“ Häckl kam damals aus der Kachelmann-Wetterschule, lernte also bei jenem Wetterfrosch, der die Branche in den kommenden Jahren nachhaltig prägen sollte. Seitdem hat sich viel getan. Über Handyapps und im Web lassen sich Wetterdaten inzwischen Postleitzahlen-genau abfragen. Dass Häckl das mit seinem auf ganz Deutschland zugestimmten Wetter nicht leisten kann, weiß er. Gespürt hat er das vor allem in diesem Sommer, als der Süden Deutschlands unter knapp 40 Grad ächzte, an den Küsten im Norden aber von einem Mega-Sommer nichts zu spüren war. Entsprechend sei es schwierig gewesen, da ein Wetter für ganz Deutschland zu machen - der Süden freute sich über eine Abkühlung mit kühlen Duschen, für die Küste musste ich gleichzeitig sagen: oje - schon wieder Regen.

Und glaubt man den Prognosen für die nächsten Jahre, dann wird das so weiter gehen. Oder in der Fachsprache gesagt: Die Hauptluftmassengrenze habe sich verschoben. Früher lag diese im Mittel an den Alpen, erklärt Häckl. Das hatte zur Folge, dass es im Sommer in München oft noch wechselhaft war, in Innsbruck inneralpin das Wetter schon besser war und man in Verona das klassische italienische Sommerwetter genießen konnte. Diese Grenze liegt nun weiter nördlich – dieses Jahr z.B. etwa bei Frankfurt. Deshalb stöhnte der südliche Teil der Republik im Juli und August 2015 auch bei teils über 40 Grad Lufttemperatur.

Auch deshalb reißt das Interesse an den meist 90 Sekunden langen Vorhersagen nicht ab. Gerade im Sommer, als Hitzerekorde einander jagten, waren die Wetterberichte regelmäßig gefragter als die ganze Nachrichtensendung zuvor. „Da hat man gesehen, dass uns Wetterapps keine Zuschauer kosten, auch wenn wir uns manchmal selbst wundern“, gibt Häckl zu. Er versucht deshalb, in seiner Sendung vermehrt auch Einordnungen zu liefern, mit denen Apps und deren bloße Wetterdaten eben nicht dienen können. Mit den regionaler ausgerichteten Wetterredaktionen von Radiosendungen und Zeitungen sieht er sich derweil in einem Boot sitzen. „Wir alle profitieren davon, dass die Leute wissen wollen, ob es morgen wieder über 40 Grad hat oder endlich der erste Schnee fällt.“

Es gibt sie, die Klassiker der deutschen Wetterberichterstattung. Im Kleinen sind es die genauen Aussagen über das kommende Wochenende, im Großen die Berichte über den ersten Schnee des Jahres oder die weiße Weihnacht. Zuletzt waren es aber auch immer wieder neue Wetterextreme, wie etwa der F3-Tornado von Augsburg im Frühsommer. „Solche Wetterextreme sind für mich natürlich ein gefundenes Fressen“, gibt Häckl zu, weist aber darauf hin, dass solche Wirbelstürme kein Phänomen der Neuzeit sind. Vielmehr würde nun halt öfter darüber gesprochen, weil quasi jeder sofort ein videofähiges Smartphone griffbereit hat, um solche Naturereignisse für die Nachwelt festzuhalten. „Natürlich waren die beiden Tornados in diesem Jahr dolle Brummer. Aber früher hat es das in Deutschland auch gegeben.“ 1968 etwa in Pforzheim, als ein Tornado sogar die noch höhere Stufe F4 (knapp 400 km/h) erreichte. 1764 wurde sogar ein Tornado der höchsten Messstufe (bis 500 km/h) in Woldegk (Mecklenburg) gemessen.

Wirklich warnen kann ein Sender wie RTL vor solchen Ereignissen aber nicht. Sie kündigen sich nämlich meist mit nur 15 oder 30 Minuten Vorlaufszeit an. In Amerika, sagt Häckl, sei es üblich, dass die Wettermoderatoren die Bevölkerung am Vortag für solche Naturkatastrophen sensibilisieren. „Da gibt es dann eine generelle Warnung und die Menschen haben dann ein Auge auf die Wetterdienste.“ Dort aber funktioniere Wetterberichterstattung ohnehin anders. Wie Vieles im Land der unbegrenten Möglichkeiten ist auch das Wetter im TV spektakulärer. „Es gibt dort viel mehr Sturmjäger als bei uns, da steigen Helikopter von TV-Sendern in die Luft und begleiten einen solchen Tornado.“ Angesichts von vielen hunderten Tornados pro Jahr ist das US-Publikum für diese Themen aber auch wesentlich empfänglicher.

Dort ist das Wetter aber auch einfach spannender. Da hast du in Kalifornien 30 Grad, in New York tobt ein Schneesturm und in Florida bereitet man sich auf den nächsten Hurricane vor.
RTL-Wetterfrosch Christian Häckl über das "spannendere Wetter" in den USA
Die Amerikaner seien auch eines der Vorbilder für Häckl. „Dort ist das Wetter aber auch einfach spannender. Da hast du in Kalifornien 30 Grad, in New York tobt ein Schneesturm und in Florida bereitet man sich auf den nächsten Hurricane vor.“ Entsprechend seien die Wetter-Moderatoren in den Staaten auch deutlich prominenter als hier in Deutschland. Sie liefern mehr Show, bringen mehr Humor in die Vorhersagen mit ein. „Wir laufen hier allerdings eher so mit“, meint Häckl. Der deutsche Zuschauer lege vor allem Wert auf Informationen beim Wetter-Bericht.

Einen 15-Tage-Trend wie in manchen Wetter-Apps oder im Netz bietet der Meteorologe bei RTL nicht an. In der Regel spricht er ausführlich über das morgige Wetter und liefert dann noch einen 3-Tage-Ausblick, montags geht es öfter auch 5 Tage nach vorne, um schon grob über das nächste Wochenende zu sprechen. Alles andere sei nicht seriös bzw taktisch unklug. „Ich müsste den Zuschauern dann sagen, dass ich es auch noch nicht weiß“, meint Häckl. Nach fünf oder sechs Tagen kann immer wieder eine Umstellung der Großwetterlage erfolgen, die so nicht exakt abzusehen ist.

Abzusehen ist aber eins: Wetterfrösche, vor allem die mit einem guten Ruf, werden hierzulande immer gefragt sein. Da kann selbst das Postleitzahlen-Wetter im Netz nichts ändern. Oder anders gesagt: Gute Aussichten für Häckl und Co. Hoch bleibt Hoch.

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