Sonntagsfragen

‚Frauen werden viel zu selten in ihrer vollen Bandbreite portraitiert‘

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Das sagt der Autor der neuen Amazon-Serie «Hand of God», die seit Anfang Oktober nun auch in deutscher Fassung zur Verfügung steht. Wir haben ihn gemeinsam mit Regisseur Marc Forster (u.a. «James Bond – Ein Quantum Trost») in Berlin für ein kurzes Gespräch getroffen.

Zur Person: Marc Forster

Marc Forster ist in der Schweiz aufgewachsen und studierte an einer Filmhochschule in New York, bevor er nach Los Angeles ging um Filme zu drehen. Unter seiner Regie lief Halle Barry in «Monster’s Ball» zu Höchstform auf, wofür sie mit dem Oscar belohnt wurde. Danach drehte er so unterschiedliche Filme wie «Wenn Träume fliegen lernen», «James Bond – Ein Quantum Trost» und «World War Z», alle mit hochkarätiger Besetzung. Er hat schon einige Regieangebote abgelehnt, weil ihm die Drehbücher nicht zusagten. Für «Hand of God» drehte er die Pilotfolge.
Haben Sie mit «Hand of God» etwas ganz Neues versucht oder passt die Serie zu den Projekten, die Sie vorher gemacht haben?
Ben Watkins:
Für mich war es ein Schritt in eine ganz andere Richtung als «Burn Notice». Ich denke, ich könnte auch nicht immer und immer wieder das Gleiche machen. Für die Kreativität ist es sehr gut, neue Dinge auszuprobieren, und das stand für mich bei «Hand of God» definitiv im Mittelpunkt. Mit dem Wechsel in ein anderes Genre wollte ich als Drehbuchautor eine andere Seite von mir entdecken.

Marc Forster: Da es das erste Mal war, dass ich bei einer Serie Regie führen würde, suchte ich nach etwas ganz Besonderem. Ich habe in den letzten Jahren viele Drehbücher gelesen und verschiedenste Ideen gehört. Aber nachdem ich «Hand of God» gelesen hatte, war ich mir sicher, etwas Einzigartiges gefunden zu haben. Ich liebe die Charaktere und die Welt, die dort erschaffen wird. Man weiß nicht, ob die Hauptfigur Richter Pernell Harris inspiriert oder verrückt ist, ein schmaler Grat, auf dem sich auch jede künstlerische und leidenschaftliche Person befindet, die eine Vision hat und andere Menschen davon überzeugen will.

Ich empfand diese Welt als eine mit einem unglaublichen Potential und als ich Ben traf und unsere Vorstellungen auf der gleichen Wellenlänge lagen, war es mir sehr wichtig diese Serie zu starten. Mir war auch wichtig, dass wir das Projekt auf gleicher Augenhöhe angingen, weil der Drehbuchautor und Showrunner viel länger mit der Serie leben müsste als ich. In diesem Sinne war es wirklich etwas, was ich vorher noch nie gemacht hatte und gerade deshalb wollte ich es auch machen. Neue Dinge zu schaffen und auf neue Reisen zugehen hat mich schon immer inspiriert.

Zur Person: Ben Watkins

Ben Watkins hat jahrelang für die Agenten-Serie «Burn Notice» geschrieben und mehrere Folgen selbst produziert. Nach vereinzelten Nebenrollen konzentriert er sich nun mit «Hand of God» wieder aufs Schreiben und Produzieren einer Serie.
In Ihrem Bond-Film gab es eine neue Art von Bondgirl mit einer größeren Hintergrundgeschichte und mehr Tiefgang als vorher. Genauso gab es auch in «Burn Notice» mindestens eine starke weibliche Hauptrolle. Trifft das auch für «Hand of God» zu?
Watkins:
Ja, absolut. In den meisten meiner Projekte gibt es starke weibliche Figuren. Ich wurde von einer alleinerziehenden Mutter aufgezogen und bin seit 23 Jahren verheiratet, also habe ich schon immer aus erster Hand Erfahrungen mit starken, energischen Frauen gemacht. Ich denke, Frauen werden viel zu selten in ihrer vollen Bandbreite portraitiert und das wollte ich in meinen Drehbüchern immer versuchen nachzuholen.

In der Serie haben wir zum Beispiel Crystal Harris (gespielt von Dana Delany, Anm. d. Red), die eine sehr mächtige Frau und nicht nur die Hausfrau an der Seite des Richters ist. Sie ist voller Energie und verfolgt ihre eigenen Ziele auf überraschende Art und Weise. Dann ist da noch Jocelyn Harris, die mit traumatischen Erlebnissen zu kämpfen hatte, aber irgendwie einen Weg gefunden hat sich wieder aufzurichten und ihren Standpunkt gegenüber der sehr dominanten Figur des Richter Harris zu vertreten. Dann gibt es noch das Callgirl Tessie Graham, die alle Erwartungen übertrifft, weil sie die am wenigsten egoistische Figur der Serie ist und viele Überraschungen bereithält. Sie ist eine genauso schöne wie attraktive Frau, die aber nicht zum Augenschmaus verkommt, sondern ihre eigenen Motivationen hat und diese auch umsetzt. Zuletzt will ich noch die junge Alicia Hopkins (Elizabeth McLaughlin) erwähnen, die zu Beginn der Serie noch unter dem Einfluss des Predigers zu stehen scheint, im Laufe der ersten Staffel aber immer dominanter wird und Rückgrat beweist und so zu einer der bedeutenden Akteure wird, die das Geschehen der Serie bestimmen.

Es sollte viel mehr interessante starke Frauen in Kino und Fernsehen geben.
Regisseur Mark Forster
Forster: Starke weibliche Charaktere haben mich schon immer sehr inspiriert. Es sollte viel mehr interessante starke Frauen in Kino und Fernsehen geben. Ich finde, dass Geschichten und Drehbücher immer noch sehr von Männern dominiert werden. Je mehr starke Frauenfiguren es gibt, desto besser.

Die letzte Frage betrifft Ihre Geheimdienst- und Spionageexpertise: Werden Sie jemals einen Geheimagentenfilm zusammen machen oder sind Sie durch mit dem Thema?
Watkins: Als ich nach sieben Staffeln «Burn Notice» beendet hatte, dachte ich, ich hätte diese Welt vollkommen ausgereizt und würde niemals dorthin zurückkehren. Aber eigentlich vermisse ich es schon ein bisschen und so sehr ich «Hand of God» auch liebe, gibt es immer noch einen Teil von mir, der Spionagegeschichten mag und sehen will, wie Dinge in die Luft gesprengt werden. Ich habe große Pläne in dieses Genre zurückzukehren und einen neuen Weg dafür zu finden. Und wenn Marc Forster auch daran interessiert wäre, dann ist das schon so gut wie im Kasten.

Ich bin sowieso immer an neuen Wegen interessiert, Dinge in die Luft zu sprengen.
Autor Ben Watkins
Forster: Ich bin sowieso immer an neuen Wegen interessiert, Dinge in die Luft zu sprengen. Aber um auf die Frage zurückzukommen: Schlussendlich beginnt für mich alles mit den Figuren einer Geschichte und wenn diese interessant und neu sind und eine Geschichte auf eine neue Art erzählt wird, bin ich sehr interessiert daran sie zu hören. Meine Zusammenarbeit mit Ben war einzigartig und künstlerisch sehr bereichernd - eine Erfahrung, die man nicht sehr oft in Hollywood macht - also hoffe ich auch in Zukunft wieder mit ihm zusammenarbeiten zu können.

Danke für das Gespräch.

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