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Eva-Maria Grein von Friedl: ‚Ich passe in keine Nische mehr‘

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125 Folgen «Tessa», 14 Mal «Kreuzfahrt ins Glück» - Eva-Maria Grein von Friedl hatte schnell den Stempel für Romantik auf der Stirn. Nach Engagements bei Action-Formaten wie «IK1» ist der verblasst, was zu mehr Anerkennung, aber weniger Anfragen führt. Ein Interview.

Zur Person: Eva-Maria Grein von Friedl

1980 in Miltenberg geboren, besuchte sie schon früh eine Ballettschule, später kamen private Gesangsstunden an der Hochschule für Musik in Würzburg hinzu. Ihre erste große TV-Rolle hatte sie in der ZDF-Telenovela «Tessa», die wegen verhaltener Zuschauerzahlen nach 125 Folgen beendet wurde. Dem ZDF blieb sie treu, drehte einige Filme und hatte Gastrollen in Serien. Von 2006 bis 2011 hatte sie eine durchgehende Rolle in «Kreuzfahrt ins Glück». Danach kamen Engagements für RTL, etwa in der kurzlebigen Serie «IK 1» oder «Männer». Nun probiert sie «Jana und der Buschpilot», das bei guten Quoten zur Reihe ausgebaut werden könnte.
Frau Grein von Friedl, Sie sind ja auch ein Fernsehkind der Telenovela, spielten vor zehn Jahren die Hauptrolle in der ZDF-Nachmittagsserie «Tessa».
Ja, das waren meine Anfänge im Fernsehen, das ist jetzt aber schon zehn Jahre her. Nach meinem Studium an der Bayerischen Theaterakademie hatte ich ja ausschließlich auf der Theaterbühne gestanden. Da war die tägliche Serie dann ein willkommener Einstieg ins TV-Geschäft und gut geeignet, um Routine vor der Kamera zu bekommen. Seitdem habe ich keine Daily mehr gedreht. «Tessa» war für mich am Anfang eine tolle Produktion, die ich inzwischen aber auch weit hinter mir gelassen habe.

Es kommt ja aber doch vor, dass Schauspieler wieder zu Dailys zurückkommen, Susan Sideropoulos etwa, die nach «GZSZ» nun für Sat.1 «Mila» macht. Bei Ihnen ist das ausgeschlossen?
Nichts ist ausgeschlossen. Immer, wenn man etwas ausschließt, flattert danach garantiert ein tolles Buch mit ganz starken Charakteren ins Haus. (lacht) Man weiß außerdem nie, wie es in der unsicheren Schauspiel-Branche läuft. Der Schornstein muss rauchen und wenn man von diesem Job leben können möchte, dann ist es doch absolut nichts Ehrenrühriges auch sowas zu drehen. Trotzdem: Telenovela hatte ich schon - mich reizen grundsätzlich Dinge, die ich noch nicht hatte - neue Aufgaben, an denen man wachsen kann. Das ist mir in den letzten Jahren nach «Tessa» mit meinen Weekly-Serien, Reihen und Spielfilm-Hauptrollen ja auch gut gelungen. Zuletzt durfte ich in der neuen ZDF-Reihe «Jana und der Buschpilot» die Ärztin Jana Vollendorf spielen. Sie hängt nach ihrer Scheidung die Charité-Karriere an den Nagel um ein afrikanisches Buschkrankenhaus zu übernehmen. So eine Spielfilmrolle, in der man sein dramatisches Talent zeigen kann, ist genau die Art Herausforderung, die ich mir auch weiterhin wünsche.

Bei «Tessa» haben Sie Ihren Ehemann kennengelernt, der in der Serie aber ihre Sandkastenliebe gespielt hat.
Er spielte eine Gastrolle. Tessas Sandkastenfreund Jeff, mit dem sie in der Jugend, bevor er nach Australien auswandert, ein kleines Techtel-Mechtel hatte. Wie das in Telenovelas so ist, kommt Jeff im heiratsfähigen Alter dann zurück, um Tessas Herz zurückzugewinnen. Am Ende bekommt er sie aber nicht, denn Tessa ist ja treu wie Gold. Im echten Leben hat es aber geklappt und funktioniert noch immer hervorragend. Wir sind jetzt 5 Jahre verheiratet.

Mit Ihrem Mann haben Sie auch danach noch gedreht, etwa für eine Folge der RTL-Serie «IK1».

Ja, für diese Action-Serie durften wir für den Dreh zusammen nach Asien reisen. Wir arbeiten aber immer wieder gemeinsam vor der Kamera – im romantischen Western «Im Tal der wilden Rosen», bei «Kreuzfahrt ins Glück» oder auch in den «Weißblauen Geschichten» für das ZDF. Auch auf der Bühne standen wir schon gemeinsam. Mein Mann spielt ja neben seinen Film- und Fernsehtätigkeiten auch sehr viel Theater. Da er aber oft für antagonistische Rollen besetzt wird, kriegen wir uns in den Filmen grundsätzlich nie. Mir ist es aber auch wichtiger mit meinem „Bösewicht“ nach Feierabend heim in unser Häuschen fahren zu können. (lacht)

Die Arbeit mit Ihrem Mann macht dann Spaß?
Wir begegnen uns am Set eigentlich wie normale Kollegen; mit dem Unterschied, dass ich bei ihm schon vorher weiß, dass wir gut harmonieren. Die Produzenten besetzen Paare oft nicht so gerne, weil sie befürchten, dass sie sich am Set entweder anzicken oder klüngeln. Ich glaube wir haben da schon oft das Gegenteil bewiesen. Wir beide schalten bei der Arbeit unseren ganzen Privat-Kram auf Pause und jeder steht absolut für sich. Manchmal hat das Team sogar am Abschlussfest erst gemerkt, dass wir überhaupt ein Paar sind. (lacht)

Sie haben eine ganze Zeit lang viele romantische Stoffe gedreht – und zuletzt auch Sendungen, die in eine andere Richtung gingen. Die Drama-Serie «Männer» für RTL oder «IK1», ein actionlastiges Format…
Zum einen lieben es die Medien öffentlichen Personen ein spezielles Image aufzudrücken, um es dann möglichst effektvoll wieder zu zerstören. Zum anderen bekommt man in Deutschland sehr schnell einen Stempel aufgedrückt wenn man in einer Rolle mal als gut wahrgenommen wurde. Da wird beim nächsten Mal kein Risiko eingegangen und der Betreffende wieder für eine ähnliche Figur oder auch ein ähnliches Format besetzt
Eva-Maria Grein von Friedl über bestimmte Stempel von bestimmten Schauspielern
Ich glaube, die Motivation Schauspieler zu werden, liegt darin, mit möglichst verschiedenen Rollen bewegen zu dürfen und um wandelbar verschiedene Geschichten zu erzählen, die man für erzählenswert hält. Die Wenigsten haben in ihrer Karriere aber die Möglichkeit dazu. Das liegt an verschiedenen Faktoren. Zum einen lieben es die Medien öffentlichen Personen ein spezielles Image aufzudrücken, um es dann möglichst effektvoll wieder zu zerstören.

Zum anderen bekommt man in Deutschland sehr schnell einen Stempel aufgedrückt wenn man in einer Rolle mal als gut wahrgenommen wurde. Da wird beim nächsten Mal kein Risiko eingegangen und der Betreffende wieder für eine ähnliche Figur oder auch ein ähnliches Format besetzt. Nach einiger Zeit ist es oft schwer bis unmöglich aus dieser Nische wieder herauszukommen. Es ist in unserer immer durchökonimisierteren Zeit für die Besetzung eben auch zeitsparender und einfacher sich aus Schubladen wie z.B. "sympathische Blondine", "kerniger Naturbursche" oder "zwielichtiger Geschäftsmann" zu bedienen. Ich habe ja eine Zeit lang auch hauptsächlich romantische Sachen gedreht. Ich hatte dieses Label und dadurch sehr viele Anfragen in diesem Segment. Man verdient somit sehr gut, tritt aber nach einiger Zeit künstlerisch etwas auf der Stelle.

Wenn man Glück hat, begegnet einem einer der ausgewählten Caster, Regisseure, Produzenten oder Redakteure der sich die Mühe macht genauer hinzuschauen und sich Zeit nimmt Schauspieler-Demos anzuschauen. Einer von denen, die mit mehr Offenheit, Fantasie und Risikofreude, jenseits von Stereotypen und genreübergreifend denken und besetzen. Durch solche Leute habe ich die Chance bekommen meine erweiterte darstellerische Bandbreite zu zeigen und in sehr verschiedenen Formaten sehr verschiedene Rollen zu spielen. Seitdem bekomme medial und branchenintern zwar mehr Anerkennung für meine Arbeit als Schauspielerin, werde aber andererseits auch seltener angefragt, weil ich plötzlich in keine bestimmte Schublade mehr passe. Das ist ein sehr schmaler Grat.

Sie haben bisher auch hauptsächlich für das ZDF und RTL gedreht. Sind da einige (Sender)-Redakteure auch sehr festgelegt?
Ich habe ja eine Zeit lang auch hauptsächlich romantische Sachen gedreht. Ich hatte dieses Label und dadurch sehr viele Anfragen in diesem Segment. Man verdient somit sehr gut, tritt aber nach einiger Zeit künstlerisch etwas auf der Stelle.
Wenn man Glück hat, begegnet einem einer der ausgewählten Caster, Regisseure, Produzenten oder Redakteure der sich die Mühe macht genauer hinzuschauen und sich Zeit nimmt Schauspieler-Demos anzuschauen
Eva-Maria Grein von Friedl
Die Leute, die einen schon kennen und gut finden, wollen dich wieder. Das freut und ehrt mich. Es ist ein Lob, wenn ein Sender nach einem gemeinsamen Projekt wieder bei mir anfragt. Ich habe auch mal gehört, dass ich so eine Art Sendergesicht sei. ZDF und RTL haben mir eben jeweils die Chance gegeben ganz verschiedene Facetten zu zeigen. Deswegen bin ich beiden Sendern sehr verbunden. Grundsätzlich sind wir Schauspieler aber scharf auf gute Drehbücher. Wer auch immer damit aufwarten kann, kommt als potentieller Arbeitgeber in Frage (lacht). Ich war auch mal bei einem Casting für einen Sat.1-Film – und habe dort Redaktion und die Produzenten überzeugt. Letztlich ging die Rolle dann aber doch an jemand anderen, weil das halt ein klassisches Sat.1-Gesicht war. Schade. Aber da wären wir wieder bei der Nische.

Ist das auch ein Grund dafür gewesen, dass Sie «Kreuzfahrt ins Glück» 2011 beendet haben?
Ich habe das fünf Jahre lang gemacht – 14 Folgen gedreht. Es war eine tolle Zeit, in diesem so lange so erfolgreichen Traumschiff-Format dabei zu sein und dabei die ganze Welt sehen zu dürfen! Aber ich habe mich damals mal wieder nach neuen Herausforderungen gesehnt und man muss eben auch aufpassen, dass man nicht in diese Nische gerät. Ich merke heute noch, dass Medien und die TV-Branche recht schwerfällig langsam im Umdenken sind. Ich bin bereits 2011 aus «Kreuzfahrt» ausgestiegen und 2014 wurde ich auf dem Münchner Filmfest noch gefragt, wann ich wieder zum Drehen auf’s Schiff gehe. Bis sowas aus den Köpfen raus ist, dauert es also relativ lang. (lacht)

Als Darstellerin einer solchen Reihe sollte man aber unbedingt seetauglich sein, nicht wahr?
Ich bin bereits 2011 aus «Kreuzfahrt» ausgestiegen und 2014 wurde ich auf dem Münchner Filmfest noch gefragt, wann ich wieder zum Drehen auf’s Schiff gehe. Bis sowas aus den Köpfen raus ist, dauert es also relativ lang.
Eva-Maria Grein von Friedl über die "Langsamkeit" der TV-Branche
Es gab da schon den ein oder anderen Sturm. Ich erinnere mich noch gut an eine Mittelmeer-Fahrt, bei der meine Eltern mit an Bord waren. Windstärke 10 und 90 Prozent der Passagiere seekrank. Gott sei Dank bin ich aber wirklich absolut seefest und schrecke nicht vor dem Auf und Ab der Wellen zurück – weder auf dem Meer noch im wirklichen Leben. Die Bewegung und damit die Auf und Abs gehören nun mal in jeder Beziehung zum Leben dazu und machen es interessant, auch wenn wir es in der westlichen Welt lieber linear und statisch haben: Da wird ja schon gemeckert und geschimpft, wenn mal die Bahn streikt. In Afrika oder anderen Ländern wird man noch mit viel größerem Chaos konfrontiert. Vieles, was wir für selbstverständlich halten und als unser Recht einfordern, gibt es dort nicht mal ansatzweise. Die Menschen bleiben angesichts dieser Unsicherheit offener, kreativer und sozialer. Meine Reisen haben meinen Horizont da sehr erweitert, weil sie so manches wirklich wieder ins richtige Verhältnis rücken. Angesichts der Sahara, oder beim Sturm während einer Atlantiküberquerung wird einem dann klar, dass wir Menschen mit unseren "First World Problems" eigentlich ganz schön kleine Würstchen sind.

Es ist Sommer und Hauptreisezeit; Sie sind ja wahrlich viel rumgekommen in der Welt. Haben Sie ein Lieblingsfleckchen?
Das ist schwer zu sagen, weil die Destinationen so verschieden sind und jedes Fleckchen seinen ganz eigenen Reiz hat. Bei den meisten stehen Strand und Palmen ja ganz oben auf der Liste. Mich haben aber meist die Wüstengegenden am nachhaltigsten geprägt. Afrika generell. Besonders Marokko. Da hatte ich zuvor eigentlich überhaupt keine Lust darauf – war geprägt von vielen Vorurteilen. Dann ging die Reise nach Marrakesch und eben nicht in ein Küstengebiet. Auf der Reise machte ich dann zwei lange Busfahrten über das Atlas-Gebirge bis in die Sahara. Beeindruckt hat mich die Ursprünglichkeit, in der die Menschen dort leben. Man sieht viele Bauern, die ihre Felder bestellen und ihre Herden hüten, wie vor 200 Jahren bei uns. Dass es so etwas heutzutage noch gibt in unserer derart digitalisierten Welt. Dort wird das exakte Gegenmodell der Einfachheit gelebt, jenseits des Konsums – und wenn man mit den Leuten in Kontakt kam, waren sie offen und strahlend.

Und ich habe gemerkt, dass sie eigentlich genau wie wir einfach nur in Frieden leben möchten. Aber auch Südafrika, mein letztes Ziel für «Jana und der Buschpilot», hat mich umgehauen. Landschaftlich jagt da ein absolutes Highlight das andere. Das kosmopolitische, offene und kreative Kapstadt ist außerdem ein starker Kontrast zum übrigen Afrika, dabei aber nicht weniger reizvoll.

Blicken wir kurz nach vorne: Welche Projekte stehen bei Ihnen an? Etwas, wo es mal wieder raucht und kracht?
Bei der ZDF-Herzkino-Reihe «Jana und der Buschpilot», deren erste Folge am 13.9. um 20.15 Uhr ausgestrahlt wird, raucht und kracht es schon auch mal. Aber nicht ausschließlich. Das ist eine sehr schöne Mischung geworden, in der es wirklich um etwas geht. Figuren, die sich nach Krisen neu orientiert haben und nun versuchen unter improvisierten Bedingungen wirklich etwas Sinnvolles aus ihrem Leben zu machen. Und die bei dem idealistischen Versuch ein Krankenhaus mitten in der Wildnis am Laufen zu halten immer wieder mit Realitäten konfrontiert werden die es zu überwinden gilt. Dabei kommt ihnen das zwischenmenschliche aber eben auch immer in die Quere. Auch da kracht es oft - knistert aber auch ganz schön (lacht). Mit einem Kollegen wie Kai Schumann klappt das Zusammenspiel wunderbar - es hat großen Spaß gemacht!

Das Schöne an der Zusammenarbeit mit unserem Regisseur Ulli Baumann - der die Komödie ja perfekt beherrscht - ist außerdem, dass dabei trotz allem die Figuren, Situationen und Konflikte authentisch sind, weil sie wirklich ernst genommen werden. So ist «Jana und der Buschpilot» lustig, gefühlvoll und dramatisch geworden. Wenn es die Zuschauer mögen und die Reihe weitergedreht wird, wäre ich wirklich happy.

Danke für das Interview.

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