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P7S1 und Springer: Zwei Riesen flirten miteinander

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Einst hatte das Kartellamt eine Fusion verboten, jetzt reden die Konzerne wieder miteinander. Welche Folgen hätte eine Zusammenlegung von ProSiebenSat.1 und Axel Springer?

Die wichtigsten Daten zu ProSiebenSat.1

  • Gegründet: 2000
  • Umsatz: 2,88 Mrd. Euro
  • Konzerngewinn: 373,5 Mio. Euro
  • Mitarbeiter: 4.210
  • wichtigste Wachstumstreiber des Konzerns: TV-Werbeerlöse, vermehrt aber auch Einnahmen aus dem Digital-Geschäft
Angaben bezogen auf das Jahr 2014
Dass in den vergangenen Jahren immer wieder reger Kontakt zwischen den Medien-Giganten ProSiebenSat.1 und Axel Springer herrschte, ist offenkundig. Das vielleicht beste Beispiel der jüngeren Vergangenheit: der Nachrichtensender N24. Er gehörte bis 2010 zu ProSiebenSat.1, wurde aber irgendwann aufgrund seines mangelnden finanziellen Ertrags im Jahr 2010 abgeworfen. Ende 2013 übernahm den Nachrichtensender Axel Springer. Als Nachrichtenlieferant für die großen Sender der ProSiebenSat.1 Gruppe fungiert N24 aber bis heute.

In der vergangenen Woche wurde bekannt, dass zwischen München und Berlin offensichtlich wieder die Funken fliegen. Es geht - ähnlich wie schon einmal vor rund zehn Jahren - um eine Fusion der Medienkonzerne Axel Springer und ProSiebenSat.1. Der Münchener Fernseh-Riese und der Berliner Digital- und Print-Konzern unter einem Dach: Welche Auswirkungen hätte das eigentlich?

Zur Beantwortung der Frage macht es Sinn, zunächst einmal ProSiebenSat.1 genauer unter die Lupe zu nehmen. Schnell fällt dabei auf, dass der Konzern nur im deutschsprachigen Raum aktiv ist. Wenngleich man sich in den vergangenen Jahren prächtig entwickelt hat, so ist doch offenkundig, dass Wachstum damit zwangsläufig in Grenzen gezwängt ist.

Für Axel Springer gilt das nicht. Die Berliner sind in Kalifornien aktiv, Kai Diekmann, Gesamtherausgeber der Bild-Gruppe, hielt sich erst unlängst ein Jahr im Silicon Valley auf. Zuletzt machte der Konzern durch die Beteiligung an deutschen und englischsprachigen Online-Angeboten von sich reden. Und auch, wenn in der breiten Bevölkerung „Bild“, „Welt“ und Co sinnbildlich für Springer stehen: die Realität sieht anders aus. Der Print-Bereich gehört längst nicht mehr zu den Kerngeschäften des Unternehmens, stattdessen erzielt Axel Springer die Hälfte seiner Gewinne online. Etwa mit den Internetportalen „Idealo“ oder „finanzen.net“.

Gerade vor diesem Hintergrund wäre ProSiebenSat.1 für Springer eine markttechnisch interessante Ergänzung, um den eingeschlagenen Kurs zu verfolgen und weiter zu expandieren. Man denke nur an Bewegtbilder, auf die Springer bei Übernahme von ProSiebenSat.1 einen deutlich verbesserten Zugriff hätte. Hinzukommen die Werbepreise im TV, die sich im Moment stabil halten und ProSiebenSat.1 deshalb schon rein wirtschaftlich nicht uninteressant erscheinen lassen. Ein mögliches Super-Unternehmen könnte Konsumenten über alle relevanten Medienkanäle erreichen.

Die wichtigsten Daten zu Axel Springer

  • Gegründet: 1946
  • Umsatz: 3,04 Mrd. Euro
  • Konzerngewinn: 23,7 Mio. Euro
  • Mitarbeiter: 13.917
  • wichtigste Wachstumstreiber des Konzerns: Online-Portale
Angaben bezogen auf das Jahr 2014
Dass das mit wechselseitigen Synergie-Effekten einhergehen würde, scheint ebenso offensichtlich. Die Angebote von Springer und ProSiebenSat.1 würden sich gegenseitig bewerben und im Bestfall befeuern. Eine Win-Win-Situation quasi, wenn Reklame für Springers Online-Angebote im Sat.1-Programm auftaucht und die 'Bild' im Gegenzug Formaten von ProSieben auf die Sprünge hilft. Das Potenzial, das sich bei einer Fusion auftäte, wäre zweifelsohne groß.

Ob es aber tatsächlich zu einer solchen kommen wird, dürfte im Endeffekt nicht von Springer oder ProSieben, sondern vom Kartellamt abhängen. Das legte schon einmal sein Veto ein - 2006, als die beiden Medien-Riesen erstmalig über eine Fusion miteinander verhandelt hatten. Der damalige Grund: die befürchtete übermäßig große Marktmacht. Dennoch: Im Jahr 2014 entschied das Bundesverwaltungsgericht, dass der Beschluss des Kartellamts nicht gültig war. Rein rechtlich ist es also durchaus möglich, dass eine Fusion diesmal eine Chance hätte.

Und trotzdem: Eine Marktmacht – das sind die Medien-Riesen auch noch im Jahr 2015. Allein Springers „Bild“ kommt auf eine Reichweite von mehreren Millionen Lesern pro Tag. ProSiebenSat.1 erzielt einen TV-Marktanteil von fast 30 Prozent bei den 14- bis 49-jährigen Zuschauern. Experten sehen im Vergleich zu 2006 zwar eine veränderte Lage, ob eine Fusion aber diesmal grünes Licht bekommen würde, sei ungewiss.Interessant wäre dann im Übrigen auch, wer wen "schlucken" würde. Naheliegend wäre, dass ProSiebenSat.1 Senior-Partner werden würde, schließlich ist der Wert der Sendergruppe mit 9,7 Milliarden Euro deutlich höher angesiedelt als der von Springer (4,7 Milliarden). Sicher ist das gewiss nicht.

Wären beide Häuser unter einem Dach, hätte das zweifelsohne eine drastische Vielfalts-Verringerung zur Folge. Einige sprechen von einer regelrechten Erschütterung, die damit auf die Medienbranche zu käme. Und dann wäre da schließlich noch Friede Springer, Mehrheitsaktionärin bei Axel Springer. Sie lehnt eine Fusion zurzeit angeblich strikt ab. Axel Springer und ProSiebenSat.1: Es wäre ein durchaus interessantes Experiment. Auch wenn es mit hohen Hürden verbunden ist.

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