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«Newtopia»: Das letzte Feuerwerk ist gezündet

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Der Wiedereinzug von Skandal-Kandidat Candy soll die Quotensituation verbessern. Zunächst aber sorgt er für weitere freiwillige Auszüge. Ein Kommentar.

«Newtopia»-Wochenquoten

  • 01 2,40 Mio., 13,9%
  • 02 1,94 Mio., 11,6%
  • 03 1,88 Mio., 10,9%
  • 04 1,76 Mio., 10,3%
  • 05 1,64 Mio., 8,7%
  • 06 1,58 Mio., 9,6%
  • 07 1,44 Mio., 9,4%
  • 08 1,42 Mio., 9,3%
  • 09 1,41 Mio., 9,7%
  • 10 1,38 Mio., 8,6%
  • 11 1,44 Mio., 9,6%
  • 12 1,30 Mio., 9,4%
  • 13 1,23 Mio., 7,4%
  • 14 1,17 Mio., 7,6%
Mio. ab 3 Jahren, % 14-49
Wieso eigentlich schreibt Quotenmeter.de noch über «Newtopia», ein Format, das als TV-Experiment begann und inzwischen selbst infrage stellt, ob es nicht ein schlechter Scherz von Sender und Produktionsfirma ist. Dabei kann man sich relativ sicher sein, Sat.1 und Talpa meinen es mit der Sendung weiter ernst, sind inzwischen aber von den drastisch gesunkenen Einschaltquoten überrannt worden und treffen immer wieder auch sehr fragwürdige Entscheidungen.

Gutes Reality-TV braucht Kontinuität – vor allem im Cast


«Newtopia» im Jahr 2015 zeigt relativ deutlich, wie viel «Big Brother» in seinen elf Staffeln richtig gemacht hat – und das nicht nur beim Schneiden von täglichen Highlightsendungen, sondern auch im Umgang mit den Kandidaten. All das, was Endemol beim Großen Bruder richtig gemacht hat, scheinen Talpa und Sat.1 nicht ganz richtig gemacht – wohl aus fehlender Erfahrung heraus. Nur einige Beispiele seien hier genannt.

Schon von Beginn an ließen sich die Produzenten von den Bewohnern auf der Nase herumtanzen. Das gipfelte in einem ersten großen Produktionsmeeting, das aus Versehen im Livestream zu sehen war und mündete in einem Kleinkrieg zwischen Kandidaten und Talpa, als die Pioniere sich nicht mehr an die bestehenden Regeln halten wollten und eine Nominierung verweigerten. Nominiert wurde in «Newtopia» nun schon knapp sechs Wochen nicht mehr, weil es Ende April zu einem Massenauszug kam und es satte fünf Wochen dauerte, ehe Sat.1 und die Produktionsfirma wieder auf die eigentlich festgelegte Anzahl von 15 Teilnehmern kam.

In der Zwischenzeit herrschte beim einst als so spannenden TV-Experiment angekündigten Sat.1-Vorabendformat aber vor allem Langeweile. Diese will Talpa nun damit beenden, dass Krawall-Macher Candy, der wegen sexuell anzüglicher Bemerkungen vor einem Monat verbannt wurde, entgegen früher geäußerter Regeln wieder zurückkommen darf. Das ist – ganz kurz gedacht – kein ganz falscher Gedanke. Mit Candys Rückkehr nun bringt die wohl von der Quotensituation total überforderte Redaktion aber erneut viele Kandidaten gegen sich auf – kurzzeitig fuhren gleich sieben mit einem Trekker vor das Produktionsgelände, kamen später aber (unter Vorbehalt) wieder zurück. Drei Urgesteine haben dem Format nun den Rücken gekehrt, andere denken über ein Ende ihrer Zeit in der Scheune nach.

An einfachere Wege, das Format zum Erfolg zurück zu führen, denkt man in den Produktionscontainern von Königs Wusterhausen derweil nicht. Eigentlich traurig ist, dass das die Grundidee von «Newtopia» alles hat, was ein erfolgreiches TV-Format braucht. Nur von der Grundidee ist bei der deutschen Version gar nichts mehr zu sehen; und da sind es nicht nur die Nominierungen, die fehlen. Offenkundig sind die Senderredakteure derart getrieben, schnelle und billige Schlagzeilen zu produzieren, um die TV-Quote zumindest ganz kurzfristig nicht noch weiter abschmieren zu lassen. Begründet wird der Wiedereinzug Candys mit einem Online-Voting, in dem gerade einmal 2000 Leute teilnahmen und in dem es rund 60 Prozent der Stimmen pro Candy gab. Und ganz offenbar kommt auch nicht genug Druck von ganz oben – wohl nicht von Macher John de Mol, der Talpa unlängst für gutes Geld an ITV verkauft hat. Und auch nicht von ITV, und das, obwohl man in den Reihen von ITV Germany mit Pamela Müller eine Produzentin hat, die über viele Jahre hinweg «Big Brother» betreute.

Sie wäre in der Theorie wohl die letzte Möglichkeit «Newtopia» aus dem Schlamassel zu befreien. Für die Zukunft gibt es zwei konkrete Szenarien: Schafft es die Produktionsfirma, die aktuell in «Newtopia» wohnenden Pioniere so zu besänftigen, dass sich die Zahl der Auszüge auf zwei oder drei beschränkt und mit Candy und dann auch weiteren Neueinzügen ein Weiterleben nach Regelwerk (mit regelmäßiger Nominierung) zu ermöglichen, dann hat das Format wohl noch eine kleine Chance. Zumindest die Pioniere, die am Dienstag noch im Projekt waren, hatten eine klare Meinung: Lasst uns nicht mehr in der Vergangenheit leben, sondern die Zukunft gestalten. Gelingt das nicht, wird «Newtopia» binnen weniger Wochen TV-Geschichte sein. Vielleicht auch, weil das deutsche Publikum und all die Fernsehkritiker, die so gerne über die Sat.1-Show schimpfen, viel zu spießig sind. Spießiger jedenfalls als die lockeren Holländer. Und weil vom «Newtopia», das einst Ende Februar in Sat.1 startete, nichts mehr übrig ist.

Spannend ist somit, wie man in Deutschland früher oder später über «Newtopia» sprechen wird, wenn es nicht mehr auf dem Schirm ist. Als wirkliches TV-Experiment, dass gleich mehrmals aus dem Ruder lief oder als das Format, bei dem eine deutsche Produktionsfirma die meisten Fehler der vergangenen zehn Jahre gemacht hat.

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