Die Kino-Kritiker

«Avengers: Age of Ultron»: Marvels düster-spaßiger Bombast-Mythos

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Die Kino-Kritik des Monats: Größer, dramatischer, verquerer – «Avengers: Age of Ultron» bietet überwältigendes Superhelden-Entertainment und eröffnet dem 'Marvel Cinematic Universe' neue Horizonte.

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Hexerei und übermenschliche Action


Filmfacts «Avengers: Age of Ultron»

  • Regie und Drehbuch: Joss Whedon
  • Basierend auf der Comicreihe von Stan Lee und Jack Kirby
  • Produktion: Kevin Feige
  • Darsteller: Robert Downey Jr., Chris Hemsworth, Mark Ruffalo, Chris Evans, Scarlett Johansson, Jeremy Renner, Don Cheadle, Aaron Taylor-Johnson, Elizabeth Olsen, Cobie Smulders, Anthony Mackie, James Spader, Samuel L. Jackson und viele mehr
  • Musik: Brian Tyler und Danny Elfman
  • Kamera: Ben Davis
  • Schnitt: Jeffrey Ford und Lisa Lassek
  • Laufzeit: 141 Minuten
  • FSK: ab 12 Jahren
Verbucht ist die Verwendung schwarzer Magie beim «Avengers: Age of Ultron»-Dreh selbstredend nicht – was im Film aber sehr wohl vorkommt, ist rot schimmernde Magie. Diese wird durch die von Elizabeth Olsen gespielte Figur der Scarlet Witch im «Avengers»-Universum etabliert: Scarlet Witch und ihr Zwillingsbruder Quicksilver (dargeboten von «Kick-Ass»-Frontmann Aaron Taylor-Johnson) sind zwei berühmt-berüchtigte Figuren aus den Marvel-Comics und hatten bereits einen Mini-Auftritt im 'Marvel Cinematic Universe', doch erst mit «Avengers: Age of Ultron» hat ihre große Stunde geschlagen. Es dürfte unvermeidlich sein, dass dieses sich eng verbunden fühlende Geschwisterpärchen einigen Kinobesuchern vor den Kopf stoßen wird. Etwa, weil die in einem gänzlich anderen Filmuniversum spielende Fox-Produktion «X-Men: Zukunft ist Vergangenheit» ihrer Interpretation von Quicksilver einen herausstechenden selbstbewusst-ulkigen Augenblick im Rampenlicht gönnte, mit der sich die Taten des Marvel-Studios-Quicksilvers nicht messen lassen.

Das wird allerdings dadurch aufgewogen, dass Taylor-Johnson als Quicksilver zahlreiche kleine Momente hat, die auffallen: Als moralisch undurchsichtiges Hydra-Experiment auf zwei Beinen darf der rasend schnelle Kerl ein paar derbe Lacher einsacken, dem Plot Tragweite verleihen und die Actionpassagen als immer wieder mal vorbeihuschender Wirbelwind aufmischen. Genauso, wie die unnahbare Scarlet Witch mit ihrer im Nahkampf äußerst praktischen Zauberei nicht nur den Gefechten eine neue Dynamik verleiht, sondern dank ihrer psychomanipulativen Fähigkeit gar zu einem wichtigen Plotmotor wird. Teile des Publikums werden dies gewiss bedauerlich finden, da durch Scarlet Witch viel Aufmerksamkeit vom Avengers-Zusammenhalt abgelenkt wird. Und hundertprozentig verübeln kann man diesen Kinogängern ihre Ansicht nicht: Wer nach dem schmissigen Achterbahnritt von «Avengers» eine Karte für das Sequel löst, möchte wohl auch gern mehr vom Zusammenspiel der Titelhelden sehen, die geschlossen gegen den dieses Mal ebenfalls im Titel erwähnten Schurken kämpfen. Quicksilver und Scarlet Witch sind aus dieser Hinsicht klar Störfaktoren – allerdings sind sie notwendige Störfaktoren, die von Joss Whedon mit klarem Ziel eingesetzt werden: Sie sorgen dafür, dass «Avengers: Age of Ultron» eine eigene Gestalt erhält und nicht einfach zu einer lauteren, größeren Kopie des Erstlings verkommt.

Wer sich als Zuschauer erstmal mit dem Gedanken anfreundet, dass es diese Neuerungen braucht, dürfte mit den ungewöhnlichen Zwillingen große Freude haben: Nicht nur, da Olsen und Taylor-Johnson ihre skripttechnisch in groben Pinselstrichen gezeichneten Rollen mit impressivem Gestus zum Leben erwecken, sondern weil sie ihre 'Aufmisch'-Funktion makellos erfüllen. Sie sind quasi die durch die Filmgeschichte wandelnde Personifizierung von Whedons Vorhaben, die Erfolgsformel des ersten Teils nicht 1:1 einzuhalten, sondern sie befremdlich umzudichten. Denn nur durch die Präsenz und die Kräfte dieses Duos lässt sich die gebotene Vielfalt an Actionsequenzen logisch umsetzen. Von kleinen, schmutzig-harschen Duellen hin zu atemberaubenden Verfolgungsjagden und üppigen Materialschlachten: «Avengers: Age of Ultron» reizt seine Action bis zum Äußersten aus, variiert so lange, wie es jede dieser Auseinandersetzungen tragen kann und bricht sie dann ab, kurz bevor es zu viel werden könnte.

Eine Comic-Mythologie in eigensinnig-tollem Blockbuster-Look


Dass es bei der geballten Wucht an Action nicht langweilig wird, liegt jedoch nicht nur an den stets variierenden Taktiken und Konstellationen der Figuren, sondern auch daran, dass Whedon und Kameramann Ben Davis sich redlich bemühen, die Ästhetik des Films regelmäßig zu erneuern. Ohne, dass es je inkohärent werden würde, durchläuft «Avengers: Age of Ultron» eine breite Farbpalette und fokussiert je nach Situation mehr die Helden, ihre Taten oder die quer über den Globus verteilten Schauplätze. Somit ist dieses Marvel-Epos aus ästhetischer Sicht einen Tick reizvoller als der zwar makellos gefilmte, aber bildsprachlich weniger ambitionierte erste «Avengers»-Film und ohne jede Frage meilenweit über den jüngeren Krachbumm-Bilderwelten von Michael Bay und dessen Nachahmern angesiedelt. Dass die Schnittarbeit von Jeffrey Ford und Lisa Lassek gemeinsam mit den Kamerafahrten und den gewieften Strategien der Helden und Schurken ausnahmslos eine stimmige, fließende Choreografie ergibt, stützt diesen Eindruck ungemein.

Kleine Abstriche sind dafür hinsichtlich der Musik zu vermelden: Die von den Komponisten Brian Tyler und Danny Elfman geschriebenen Stücke wissen zwar durchweg, das Geschehen gebührend zu begleiten und dessen Wirkung dank sehr abwechslungsreicher Leitthemen zu verstärken. Allerdings setzt sich nach zwei Ausnahmefilmen der Trend fort, dass Marvel-Soundtracks nicht sonderlich lange im Ohr bleiben und kaum über ihren Status als akustisches Begleitmaterial des Leinwandtumults hinauswachsen. Tyler und Elfman bringen hier leider ernüchternd wenig ikonisches Material mit – abgesehen von prägnant eingesetzten Neuinterpretationen der «Avengers»-Erkennungsmelodie, die Alan Silvestri für Marvels Überhit von 2012 verfasste.

Umso ikonischer, um nicht zu sagen mythologischer, ist die Attitüde, mit der sich «Avengers: Age of Ultron» in seiner Gesamtheit präsentiert. Das große Finale zu Phase eins des Marvel-Kinokosmos kam noch äußerst einsteigerfreundlich daher und legte mit seiner mitreißend-schlichten Erzählweise das größte Augenmerk auf massenkompatibles (extem gut gemachtes) Entertainment. Das nerdige Gemüt der Comics schimmerte in «Marvel's The Avengers» nur bruchstückhaft durch. «Avengers: Age of Ultron» indes schüttelt die Sorglosigkeit seines Vorgängers ab und steigt sozusagen zu einer Superhelden-Oper mythologischen Ausmaßes auf:

Jede einzelne Figur bringt ihren eigenen im Hintergrund des großen Ganzen ablaufenden Storyfaden mit. Übernatürliche Artefakte und bahnbrechende wissenschaftliche Entdeckungen werden in sehr wenigen Sätzen schlüssig erklärt, ehe sich ihre weitreichenden Auswirkungen auf den Plot entfalten. Und Entwicklungen innerhalb des 'Marvel Cinematic Universe', die sich zwischen den Einzelfilmen der Superhelden und diesem Crossover ereigneten, werden nicht weiter verbalisiert – sondern auf visueller Ebene geschildert. Somit sind Kostümänderungen, Requisiten und der Look einiger Schauplätze mehr von Belang als jemals zuvor bei einer Marvel-Produktion. Aufgrund der massiven Schauwerte und der fesselnden Erzählweise hält «Avengers: Age of Ultron» trotzdem seinen Draht zu einem großen Teil des Publikums: Den Marvel-Fans, die sich von einem «Avengers»-Film ein faszinierendes Feuerwerk wünschen. «Avengers: Age of Ultron» ist immerhin der bis dato optisch faszinierendste Marvel-Film, mit einem durchdachten, erstaunlichen Look sowie fulminanter Action. Die wenigen Verschnaufpausen derweil verstehen es, den Figuren Herz und Seele zu verleihen und so die Bindung zum Zuschauer zu intensivieren. Und ein weiterer Teil des Publikums wird «Avengers: Age of Ultron» aufgrund seiner skurrileren Aspekte sowie der verschroben-umfangreichen Geschehnisse lieben: In der Materie bewanderte Comic-Fans, ebenso wie extrem aufmerksame Liebhaber bombastischer Kinomythen im Blockbuster-Gewand.

Lediglich um die Filmfreunde, die zwischen diese beiden Stühle fallen, kümmern sich Joss Whedon und die Marvel Studios nur noch zweitrangig. Also um Zuschauer, die zwar Wert auf eine durchdachte Story legen, die bei all dem Chaos, Getöse und Krawall eines brachialen Action-Abenteuers aber auch ein Stück weit abschalten und nicht jede winzige Kleinigkeit aufsaugen wollen. Denn in «Avengers: Age of Ultron» ist jeder einzelne Satz von Bedeutung und stellenweise erweisen sich Dinge als überaus wichtig, die über eine Filmstunde zuvor im Vorbeigehen erwähnt wurden. Die absoluten Comic-Cracks werden damit umgehen können. Diejenigen, die sich nur auf handwerklich meisterhaftem Niveau berieseln wollen, werden damit auch kein Problem haben. Dass aber Gelegenheitsnörgler dann und wann aus der Bahn geworfen werden könnten, nimmt «Avengers: Age of Ultron» erhobenen Hauptes in Kauf. Wie passend, dass diese Superhelden-Saga ein fast einzigartiges 3D-Erlebnis bietet: Die Tiefenwirkung und Plastizität ist subtil, aber von außerordentlicher Wirkkraft. Ablenkende 'Pop-up'-Effekte gibt es hingegen gar nicht. Als Zuschauer taucht man also, je nach Präferenz, ganz in die Welt der Avengers ab, oder man bleibt außen vor und staunt von dort aus. Ein Mittelding gibt es nicht.

Fazit: Ein gigantisches Kinoereignis, wie es im (Comic-)Buche steht! Marvel legt hiermit das Crescendo seiner Massentauglichkeit mit der Eröffnungsfanfare einer durchgeknallt-nerdigen Mythologiebildung zusammen. «Avengers: Age of Ultron» ist somit ein witzig-dramatisches Superheldenepos mit verschrobenem Verstand und überwältigenden Schauwerten – und nur bedingt einsteigerfreundlich!

«Avengers: Age of Ultron» ist ab dem 23. April 2015 in zahlreichen deutschen Kinos zu sehen – in 2D und 3D.

Zum Kinostart von «Avengers: Age of Ultron» verlost Quotenmeter.de zwei Marvel-Fan-Pakete, jeweils bestehend aus einem Filmposter, einem Schlüsselanhänger und einem Karten-Etui. Ihr wollt euch diese Preise nicht entgehen lassen? Dann schreibt eine Mail an gewinnen@quotenmeter.de und erklärt, wer euer liebstes Avenger-Mitglied ist.

Mit etwas Glück flattern die Preise zu euch! Einsendeschluss: 30. April 2015, 23.59 Uhr. Weitere Informationen zu den Teilnahmebedingungen findet ihr unter http://tinyurl.com/QuotenmeterGewinn.

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