Popcorn & Rollenwechsel

Machen, machen, machen, machen!

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Etwas schwieriger als „1, 2, 3!“ ist es schon, trotzdem glaubt unser Kolumnist, dass sich die deutsche Kinowirtschaft durch wenige Initiativen vitalisieren lässt.

Macht es wie die Franzosen: Unsere westlichen Nachbarn begehen einmal im Jahr landesweit die Fête du Cinéma und treibt damit für kurze Zeit die Besucherzahlen radikal in die Höhe. Kurz nach der Jahrtausendwende kopierte die hiesige Filmwirtschaft dieses Erfolgsrezept und brachte kommende Attraktionen für die Dauer eines Wochenendes als Preview in die Kinos. Zahllose Lichtspielhäuser verkauften zudem unter dem Motto „3 Tage, 3 Euro“ extrem vergünstigte Tickets für die wichtigsten Tage der Kinowoche (Freitag bis Sonntag) und auch die Filmprominenz ließ sich zu besonderen Aktionen in einigen großen Kinohäusern des Landes hinreißen. Und wer hätte es gedacht: 2002 wurde nicht zuletzt dank des Kinofests zu einem Topjahr für die deutsche Filmbranche – über 160 Millionen Besucher wurden im Laufe des Jahres gezählt, eine seither unerreichte Summe. Und noch etwas hat Frankreich den deutschen Kinos voraus: 2014 wurden die Eintrittskarten für Kinder bis 13 Jahren auf einen Festpreis von vier Euro gesenkt. Der Lohn: Die Besucherzahl kletterte um acht Prozent nach oben.

Macht es wie die Briten: Im Vereinigten Königreich sind „2 für 1 Tickets“ weit verbreitet – und wirken wie Brandbeschleuniger für die wichtigste Einnahmequelle der Kinos. Den Verzehr. Dass eine von zwei Personen den Eintrittspreis spart, ist für das Theater ohne Weiteres zu verschmerzen, da durch diese Aktion oft unentschlossene Gelegenheitskinogänger überzeugt werden können. Einzelgänger bekommen so einen Filmpartner, Dreier-Gruppen suchen sich eine vierte Person … Und ehe man sich versieht, zieht es zusätzliche Kinogänger an die Snacktheke, wo die Kinos ihren Gewinn generieren.

Macht es wie die Amerikaner: Die USA hatten 2014 zwar ein historisches Besuchertief zu erdulden, trotzdem hat die US-Kinowirtschaft der hiesigen eines voraus. Sie verzichtet auf den Überlängenzuschlag. Ein Modell, dass deutsche Kinos wenigstens einmal ausprobieren sollten. Nur wenige Filminteressierte haben unbegrenzt Freizeit zur Verfügung und so kommt es nicht selten dazu, dass viele die Augen rollen, wann immer ein neuer Blockbuster Überlänge aufweist. Die Entscheidung, dennoch ins Kino zu gehen, wird bislang durch die zusätzlichen Kosten erschwert. Wieso sollte man diesen Zweifler nicht einen Anreiz geben, sich doch noch zu überwinden. „Mehr Film zum selben Preis!“ - und auf einmal sitzt die Geldbörse lockerer und der eine oder andere Kinofreund geht trotz des Zeitaufwands ein zweites oder drittes Mal in «Avengers: Age of Ultron» und Co. Und wenn wir schon dabei sind: Der 3D-Zuschlag wurde einst eingeführt, um mit ihm die digitale Aufrüstung zu finanzieren. Die sollte längst abbezahlt sein. Also weg mit ihm! Ohne Zuschlag lassen sich auch 3D-Zweifler wieder leichter überzeugen, der Technologie eine erneute Chance zu geben …

Macht Platz für das Superticket: «Interstellar» testete in den USA das Gewässer für ein „Superticket“, das dem Besitzer in teilnehmenden Kinos erlaubte, Christopher Nolans Epos zum Festpreis so oft zu sehen, wie er wollte (mehr dazu). Natürlich ist solch eine Aktion nicht für jeden Film geeignet (wer würde 40 Euro zahlen, um sich jederzeit von «12 Years a Slave» deprimieren zu lassen?), aber die großen Blockbuster würden so zu einer noch größeren Goldgrube werden. Franchises wie «Avengers», «Tribute von Panem» oder «Fast & Furious» locken ihre Fans mehrmals in die Kinosäle und eignen sich perfekt für eine große Tüte Popcorn – die Kinobetreiber werden daran also redlich verdienen. Aber auch die Verleiher, denn die können dank der hohen Preise der am Startwochenende verkauften Premiumtickets noch mehr ihrer geliebten Umsatzrekorde vermelden. Alternativ könnten Verleiher mit einer Abwandlung des Premiumtickets Kinogänger an ihre Marke binden: Die Aktion „Schau «Avengers: Age of Ultron» und «Ant-Man» im Kino, und geh kostenlos in «Captain America: Civil War»“ wäre doch eine tolle Gelegenheit, dem deutschen Publikum endlich die von ihm unterschätzte «Captain America»-Reihe schmackhaft zu machen! Und vielleicht können sich einige Verleiher zusammenraufen für Aktionen wie „Schau acht Oscar-Filme zum Preis von sieben!“?

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