First Look

Ritter von trauriger Gestalt?

von

Seit Anfang des Monats zeigt ABC sonntagabends «Galavant». Eine Musical-Serie. Über einen Ritter. Der gegen einen neurotischen König kämpft. Klingt schräg. Und ist es auch.

Cast & Crew

  • Produktion: River Studios, ABC Studios und Rhode Island Ave.
  • Schöpfer: Dan Fogelman
  • Darsteller: Joshua Sasse, Timothy Omundson, Vinnie Jones, Mallory Jansen, Karen David, Luke Youngblood u.v.a.
  • Executive Producer: Dan Fogelman, Alan Menken, Glenn Slater, Chris Koch, Kat Likkel und John Hoberg
Es war einmal ein edler Ritter namens Galavant. Er war im ganzen Land berühmt für seine Heldentaten und mächtig verknallt in die herzige Madalena. Doch wie das in Märchen so ist, wird die Angebetete gleich zu Beginn gekidnappt, in diesem Fall vom bösen, neurotischen König Richard, der sie heiraten will. Galavant eilt natürlich sofort zu Hilfe, reitet zur Burg, schlägt die Wächter k.o. und steht pünktlich zum Ja-Wort vor dem Traualtar, um die Schöne zu retten.

Doch die will nicht. Denn vor die Wahl zwischen Ruhm und Ehre an der Seite von König Richard oder einem weniger aufregenden Lebenswandel an der Seite ihrer true love Galavant gestellt, entscheidet sie sich für ersteres.

Blöd für den edlen Ritter, der daraufhin erst einmal ein Jahr lang in die Schwermut schliddert, säuft und sich gehen lässt. Bis eines Tages Prinzessin Isabella Maria Lucia Elizabetta von Valencia in seinen schlichten Gemächern steht und ihn um Hilfe bittet. Ihr Land ist von fremden Mächten überfallen und besetzt worden. Galavant lehnt zuerst ab, schließlich ist er mit Saufen und Trübsal beschäftigt. Doch als Isabella erwähnt, dass der Übeltäter, den es zu besiegen gilt, König Richard sei, und sie zu wissen glaubt, dass seine Gattin Madalena ihre Entscheidung bereut und sich nach Galavant sehnt, ist der edle Ritter Feuer und Flamme und sichert seine Hilfe zu. Die Truppe reitet los.

Was Isabella verschweigt: Die Sache ist ein Komplott. König Richard hat sie erpresst, ihm Galavant ans Messer zu liefern. Sollte sie scheitern, wird er ihre Eltern umbringen. Und obwohl Madalena wenig Gefallen an ihrem Gatten gefunden hat, kommt ihr Galavant kaum in den Sinn. Ihr reicht es, sich gelegentlich mit dem Hofnarren zu vergnügen.

Diese Geschichte erzählt ABC seit Anfang Januar sonntagabends zur besten Sendezeit. In Doppelfolgen. Als Musical.

Ja, richtig gehört. Zuständig für die Musik ist übrigens niemand geringeres als Alan Menken, der berühmte Disney-Komponist, der auch die Melodien für «Arielle», «Pocahontas», «Die Schöne und das Biest», «Der Glöckner von Notre-Dame» und viele andere berühmte Animationsfilme mit bekannten Musikeinlagen geschrieben hat. Jetzt macht er Fernsehen und erzählt eine Märchenserie über einen versoffenen Ritter, der behutsam wieder auf Vordermann gebracht wird und seine Geliebte retten will, die daran eigentlich gar kein Interesse hat. Ein Abstieg?

Eigentlich nicht. Denn auch wenn sich «Galavant» ein bisschen zu sehr auf seine eindeutigen Alleinstellungsmerkmale (Musical. Märchen. Menken.) verlässt, ist die Serie – vor allem natürlich musikalisch – sehr gut produziert. Die Gags zünden erstaunlich oft, obwohl das Einreißen der vierten Wand manchmal ein bisschen zu stark betont wird und die satirischen Charakterisierungen des Hofpersonals (ein neurotischer König, ein klobiger Leibritter, ein hasenfüßiger Koch und ein humoristisch mäßig begabter Hofnarr) überraschend wenig Neues zu bieten haben und fast ausschließlich auf Stereotypen reduziert werden.

Obwohl «Galavant» einem untypischen Genre zuzuordnen ist, ist die Serie nicht gerade Must-See-TV geworden. Dafür ist sie trotz aller USPs zu konventionell und macht zu wenig aus ihren Besonderheiten, die sie vom Gros der anderen Network-Produktionen abheben. Seltsamkeit ist kein Einschaltgrund. Das lässt sich auch an den Quoten erkennen, die mit jüngst 3,38 Millionen Zuschauern deutlich unter den Erwartungen lagen. Einen sehr gelungenen Soundtrack, einige witzige Momente und einen tollen Timothy Omundson in der Rolle von King Richard kann die Produktion dagegen als dicke Pluspunkte für sich verbuchen – und damit auch durchaus ein bisschen gefallen.

Der Heilige Gral aber sieht sicher anders aus...

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