Die Kritiker

Die Deutschen im Anmarsch

von

«Un Village Français» erzählt, wie die deutschen Truppen im Zweiten Weltkrieg ein französisches Dorf einnehmen. Sony Entertainment TV zeigt die Serie, die mal eine andere Perspektive auf das Geschehen wirft.

Cast & Crew

Vor der Kamera:
Patrick Descamps als Henri De Kerven, Nade Dieu als Marie Germain, Audrey Fleurot («Ziemlich beste Freunde», «Midnight in Paris») als Hortense Larcher, Nicolas Gob («Die Schöne und das Biest») als Jean Marchetti, Thierry Godard als Raymond Schwartz, Marie Kremer als Lucienne Broderie, Francis Renaud als Jacques, Robin Renucci («Geheime Staatsaffären») als Daniel Larcher, Fabrizio Rongione als Marcel Larcher


Hinter den Kulissen:
Regie: Philippe Triboit, Olivier Guignard, Autor: Frédéric Krivine, Musik: Éric Neveux, Produktion: France 3

Villeneuve, Frankreich, 1940. Die Nachricht über die eintreffenden Deutschen Truppen macht die Runde. Ein Dorf im Krisenzustand, dass die deutsche Besatzung nicht mehr zu verhindern weiß. Dieses Szenario behandelt die französische Serie «Un Village Français», die ab September bei Sony Entertainment Television startet. Zusammen mit «Spin – Paris im Schatten der Macht» ist die Produktion gleich das zweite neue französische Format, welches der Pay-TV Kanal zeigt. Thematisch liegt der Schwerpunkt aber dann doch anders als bei «Spin», welches sich mit Politik und Intrigen nach einem Anschlag auf den französischen Staatspräsidenten auseinandersetzt.

Das Historiendrama macht mit dem Untertitel «Überleben unter deutscher Besatzung» gleich recht deutlich, worum es geht – selbst wenn von den Dorfbewohnern in Villeneuve zunächst keiner so recht glauben will, dass es die Deutschen wirklich in die Region geschafft haben, zu oft hat man das schon gehört. So findet ein Klassenausflug der örtlichen Grundschule planmäßig statt, auch sonst könnte man meinen, alles geht seinen geregelten Weg. Doch spätestens bei dem Ausflug auf freiem Feld wird die Schulklasse von der Realität eingeholt. Nicht, weil die Kinder wie selbstverständlich mit schwerem Gerät spielen. Nein, als ob allein das nicht schockierend genug wäre, muss die Lehrerin mit ansehen wie Schüler und ihr Kollege im Kugelhagel tödlich verletzt werden. Und auch im Dorf selber kommen die Deutschen langsam an.

Selbst wenn diese Thematik keine völlig neue ist, so fällt es bei Weltkriegsdramen doch schon grundsätzlich positiv auf, wenn eine Geschichte nicht schon fünfmal erzählt wurde. Erfrischend ist aber vor allem die Perspektive aus der berichtet wird. Aus deutscher oder amerikanischer Sicht dürften die meisten Zuschauer schon viele Storys erzählt bekommen haben. Französische Produktionen sind auf dem hiesigen Markt hingegen eher eine Seltenheit. Ein Gewinn für die Geschichte ist ferner, dass sich nicht zu sehr auf wenige Charaktere fixiert wird. Das macht zwar den Überblick, gerade zu Beginn, nicht unbedingt einfacher, hilft aber zugleich, ein breites und interessantes Spektrum an Charakteren und Schicksalen abzubilden. Auf Dauer könnte allerdings auch die Gefahr drohen, dass es an wirklicher Identifikation oder zumindest Verbundenheit mit den Figuren mangelt. Zumindest zu Beginn besteht dieses Problem aber nicht, und eine Versteifung auf Einzelschicksale wäre vermutlich ohnehin weit sträflicher gewesen.

Etwas gespart hat die Produktion offenbar an den Effekten, gerade zum Beispiel, als das deutsche Flugzeug über die Schulklasse hinweg fliegt, sieht der Beschuss eher mäßig realistisch aus. Unauffälliger ist hingegen die musikalische Untermalung, an manchen Stellen gar fast zu unauffällig. Wirklich markant ist lediglich die Titelmusik, die durchaus Intensität erzeugt.

Was die Produktion schafft: Mitgefühl und Beklemmung erzeugen, denn die Intensität wird nicht nur durch die vorgenannte Titelmusik erzeugt sondern auch durch das Schauspiel, die authentisch wirkende Aufmachung und die gesamte Situation. So wird zum Beispiel die Geschichte von einer spanischen Frau erzählt, die nicht mit den anderen fliehen kann, weil sie gerade ihr Kind gebärt. Auf die Frage des Arztes, wie das Kind heißen soll, antwortet diese voller Dankbarkeit und ohne die Frage zu verstehen „Te quiero“ - „Ich liebe dich“. Erst später wird der Fehler aufgelöst, den Namen aber behält das Kind. Obschon man manche Szenen so eindringlich wahrnimmt wie diese, hat der Zuschauer insgesamt das Gefühl, das Geschehen plätschert irgendwie doch vor sich hin, sofern man dies bei einer solch schweren Thematik überhaupt sagen kann. Die Spannungskurve ist einfach zu flach, um richtig zu überzeugen.

Selbst wenn diese Kurve in den späteren Folgen steiler werden sollte, stellt sich die Frage, inwiefern sich das Konzept der deutschen Besatzung wirklich über Staffeln hinweg fortträgt. Bei fünf Seasons, die in Frankreich seit 2009 produziert wurden, scheint das irgendwie gelungen zu sein. Zum Auftakt ist die Serie dennoch eher hypothetisches Portrait als spannungsgeladenes Drama. Das alleine ist nicht weiter schlimm, nur mit falscher Erwartungshaltung sollte man an die Produktion nicht herangehen. Tut man das nicht, bleibt eine Enttäuschung aus. Monumentales Machwerk ist die Serie zum Auftakt somit zwar nicht, weil sie aber durchaus sehenswert ist, darf der Pay-TV-Sender für «Un Village Français» gerne eingeschaltet werden.

«Un Village Français – Überleben unter deutscher Besatzung» ist ab 4. September immer donnerstags um 20.15 Uhr bei Sony Entertainment TV zu sehen.

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