Die Kritiker

«Keine Zeit für Träume»

von  |  Quelle: Inhaltsangabe: ARD

Die ADS-Diagnose eines jungen Mädchens sorgt für Trubel in ihrer Familie.

Inhalt


Hinter den Kulissen

  • Regie: Christine Hartmann
  • Drehbuch: Regine Bielefeldt
  • Kamera: Christof Wahl
  • Szenenbild: Jörg Baumgarten
  • Schnitt: Georg Söring
Die elfjährige Merle kann sich nicht konzentrieren. Ihre Gedanken schweifen oft ab, vor allem in der Schule. Meistens wirkt sie abwesend und verträumt. Als ihr Lehrer den Eltern Kathrin und Roman rät, Merle vom Gymnasium zu nehmen, sind diese voller Sorge und forschen nach den Ursachen für Merles Unkonzentriertheit.

Schließlich stellt eine Kinderpsychologin bei Merle ADS, das Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom, fest. Die Eltern entscheiden sich dagegen, ihrem Kind Psychopharmaka zu verabreichen und versuchen stattdessen, Merle aus eigener Kraft zu helfen. Ihr Alltag folgt ab sofort einem strengen Zeitplan und abwechselnd lernen entweder Kathrin, Roman oder die ältere Schwester Lea mit Merle.
Diese enorme Mehrbelastung führt allerdings zu einer familiären Ausnahmesituation, die das Zusammenleben aller zunehmend belastet. Als selbständige Bauleiter setzen die Eltern mit der Sorge um Merle auch ihre berufliche Existenz aufs Spiel.

Lea, die mitten in der Pubertät steckt, fühlt sich komplett vernachlässigt. Als Kathrin einen Zusammenbruch erleidet, ins Krankenhaus muss, Lea von zu Hause wegläuft und sich die Situation für Merle auch nicht zu verbessern scheint, stellt sich für die Eltern erneut die Frage: Sollen sie Merle Tabletten geben, damit sie wieder ein normales Leben führen können?

Darsteller


Greta Bohacek («About: Kate») als Merle
Petra Kelling («Morden im Norden») als Hedy
Stella Kunkat («Die letzte Fahrt») als Lea
Anneke Kim Sarnau («Polizeiruf 110») als Kathrin
Harald Schrott («Vier Frauen und ein Todesfall») als Roman

Kritik


Öffentlich-rechtliche TV-Problemfilme haben einen schwierigen Balanceakt zu meistern: Einerseits haben sie ihre relevante Thematik seriös, informativ und facettenreich zu behandeln, um nicht als gebührenfinanzierte Mogelpackung aufgefasst zu werden, die ihrem Bildungsanspruch nicht gerecht wird. Andererseits dürfen sie nicht zu schwerfällig und belehrend sein, weil sie ansonsten ihr Publikum lediglich langweilen und die Gelegenheit versäumen, zahlreiche Fernsehende über ein bedeutendes Thema in Kenntnis zu setzen. Vor allem wenn es um Probleme in der Kindererziehung geht, geraten Fernsehdramen leider all zu oft entweder zu flach oder zu belehrend. Das vom MDR und dem ORF verwirklichte Projekt «Keine Zeit für Träume» dagegen findet den richtigen Tonfall zwischen guter dramatischer Unterhaltung und anspruchsvoller, mehrschichtiger Behandlung seiner Kernproblematik.

Im Mittelpunkt dieses 90-minütigen Dramas steht eine vierköpfige Familie, deren Leben durch die ADS-Diagnose der 11-Jährigen Merle aus den Fugen gerät. Die Eltern machen sich gegenseitig Vorwürfe, durch Erziehungsmethoden oder schlechte Gene an Merles Verfassung Schuld zu sein, darüber hinaus haben sie unterschiedliche Auffassungen diesbezüglich, wie mit dieser Situation umzugehen ist. Außerdem kommt es zu Debatten mit Merles Lehrern, all dies, während die junge Schülerin selber zu verstehen versucht, was mit ihr los ist. Aufgrund all dieses Trubels rund um ihre jüngere Schwester fühlt sich allerdings die pubertierende Lea vernachlässigt, was die Lage in der Familie weiter anspannt … Dass all der Familienstress greifbar wirkt und über weite Strecken die Dramatik dieses Problemfilms trägt, statt durch Melodramatik den Filmstoff zum Rührstück zu degradieren, ist dabei sowohl dem Drehbuch als auch der Umsetzung zu verdanken.

So sind die Dialogzeilen der Drehbuchautorin Regine Bielefeldt fast ausnahmslos alltagsnah und nur selten didaktisch oder theatralisch. Dadurch erscheinen die Figuren trotz der überspitzt-raschen Eskalation des Familienkonflikts glaubwürdig, was wiederum die Tonlage von «Keine Zeit für Träume» aufrecht erhält. Darüber hinaus spielen sämtliche zentralen Darsteller ihre Rollen mit einer glaubwürdigen Bodenständigkeit, ohne die Brenzligkeit der Filmthematik sowie der innerfamiliären Spannungen zu verharmlosen. Größte Anerkennung hat die Jungschauspielerin Greta Bohacek verdient, die nicht nur Merles Konzentrationsschwierigkeiten überzeugend einfängt, sondern auch souverän auf den langsamen Zerfall des Familienidylls reagiert und obendrein in der schwierigen Schlusssequenz (die leicht auch zu Kitsch hätte verkommen können) mit fester Hand ein rührendes finales Statement von sich gibt.

Gelungen manövriert sich der Film von Regisseurin Christine Hartmann an den unterschiedlichen Perspektiven vorbei, die über ADS bei Kindern in der Gesellschaft zu verorten sind. Darüber, wie groß das Problem ADS global gesehen wirklich ist, will «Keine Zeit für Träume» keine Aussage treffen. Stattdessen bildet der Film die Positionen ab, die gemeinhin vertreten werden und zieht sein Konfliktpotential allein aus den emotional ehrlichen Familiensequenzen.

«Keine Zeit für Träume» ist am 12. März 2014 ab 20.15 Uhr im Ersten zu sehen.

Kurz-URL: qmde.de/69471
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