Die Kritiker

Jugend schützt vor Torheit nicht?

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Am Montagabend startet das ZDF im Rahmen seines "Kleinen Fernsehspiels" die vierteilige Thriller-Reihe "Stunde des Bösen". Julian Miller hat den Auftaktfilm gesehen.

Sendetermine der "Stunde des Bösen"

  • 03. März: «Der zweite Mann»
  • 10. März: «In der Überzahl»
  • 17. März: «Die Frau hinter der Wand»
  • 31. März: «Der Sieger in dir»
„Das kleine Fernsehspiel“ – ein Name, der im heutigen anglophilen Medienumfeld sogar für öffentlich-rechtlichen Verhältnisse altmodisch klingt – ist die Jugend-forscht-Abteilung des ZDF. Dort sollen junge dynamische Regisseure und Autoren komplexe Themen mit Sinn und Verstand umsetzen, das Fernsehen revitalisieren, frische Ideen liefern.

Am späten Montagabend sendet das ZDF unter dieser Dachmarke den Auftakt zur Thriller-Reihe „Stunde des Bösen“, die von „Duellen auf Leben und Tod“ erzählen und ihre Protagonisten „in einen Abgrund von Angst und Bedrohung stürzen“ will. Vier Filme sind entstanden, in denen unterschiedliche Autoren und Regisseure ihre eigenen Zugänge zu vier grundverschiedenen, aber genrekonformen Themen gesucht haben.

Im Auftaktfilm (Bild) haben sich die Macher Christopher Lenke und Philip Nauck an etwas versucht, das in Deutschland allenfalls sehr selten gelungen ist: einem Bankenthriller, der – im zeitgenössischen Kontext betrachtet – natürlich auch ein bisschen tiefenpsychologische Ursachenforschung bei der europäischen Banken- und Schuldenkrise betreiben will.

Versucht hat man sowas schon oft. Man erinnere sich an die letzte «Tatort»-Folge mit Cenk Batu, in der er mit Tradern zu tun hatte, die in freudiger Endzeitstimmung Joker-eske Fratzen zogen. Das hatte weder etwas mit einer fiktionalisierten gesellschaftlichen Aufarbeitung noch mit einer tiefenpsychologischen Analyse der realen Abgründe zu tun, war aber wohl so gemeint.

In «Der zweite Mann», so der Titel des ersten „Stunde-des-Bösen“-Films, wird der junge Wirtschaftsprüfer Adrian Davids (Max Riemelt), ein hochintelligenter und fähiger, gleichzeitig aber ziemlich eigenbrötlerischer Typ, im Rahmen einer Beförderung mit der Buchprüfung einer transnationalen Großbank beauftragt. Schnell stellt sich heraus, dass dort nicht alles mit rechten Dingen zugeht: Adrian werden relevante Akten vorenthalten; als er den dubiosen Machenschaften des Unternehmens auf die Schliche kommt, wird von ganz oben gegen ihn intrigiert; und die Femme Fatale Rebecca Martens (Anna Drijver) hält auch noch ein, zwei Überraschungen für ihn parat.

Aber nicht nur das: Adrians Vorgänger hat Büro wie Unterlagen in einem desaströsen Zustand hinterlassen, bevor er auf mysteriöse Weise verschwunden ist. Und nachdem es der Zuschauer schon eine Weile begriffen hat, dämmert es auch Adrian: Er wird seinem sonderbaren Vorgänger immer ähnlicher. Das Duell auf Leben und Tod kann beginnen.

An diesem Film zeigt sich: Auch Jugend schützt vor Torheit nicht. Und die jungen Filmemacher können in die selben Fallen tappen wie die alten Hasen: In «Der zweite Mann» überzeichnen sie ihre Figuren maßlos und machen aus ihnen Karikaturen, sie übersteigern die dramaturgischen Situationen und machen einen intellektuell treffenden Bezug zu den realen Hintergründen lächerlich bis unmöglich, sie infantilisieren und vereinfachen und lassen von komplexen Sachverhalten nur Plattitüden übrig.

Der Finanzsektor soll zum „Vertigo“-ähnlichen Milieu werden. Was als Psycho-Thriller angedacht war, endet jedoch im Versuch einer Parabel um die Entfremdung von der eigenen Identität, die so banal und überkandidelt erzählt wird, dass sie keinerlei ernstzunehmende Botschaften anzubieten hat.

Bleibt zu hoffen, dass die nächsten drei Filme es besser machen. Nicht, dass aus der "Stunde des Bösen" noch die Stunde des Blöden wird.

Das ZDF zeigt «Stunde des Bösen – Der zweite Mann» am Montag, dem 3. März um 23.50 Uhr.

Kurz-URL: qmde.de/69261
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