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Mit einer Live-Adaption des legendären Musicalfilms «The Sound of Music» generierte NBC letzte Woche fantastische Einschaltquoten. Was die Show so besonders machte.

«The Sound of Music» ist einer dieser American Classics. Ein Film, den in Großbritannien und Amerika so gut wie jedes Kind kennt, und der Julie Andrews im englischsprachigen Raum fast noch berühmter machte als die in Deutschland so bekannte «Mary Poppins».

Dabei ist das nur bedingt ein angelsächsischer Stoff. Er spielt nicht mal in Kansas oder den Home Counties, sondern auf dem europäischen Festland. Und von allen möglichen Ländern dort ausgerechnet in Österreich; von allen möglichen zeitlichen Settings ausgerechnet kurz vor dem Anschluss an Nazi-Deutschland.

Zu Beginn ist die Bedrohung für die Helden dieses Musicals – die natürlich keine Nazis sind – noch latent. Unglücklich sind die sieben von-Trapp-Kinder aber trotz ihres luxuriösen Lebensstils und der malerischen Landschaft, in der sie aufwachsen. Der Tod der geliebten Mutter hat die Familie sehr mitgenommen; der Vater hat jede Lebensfreude verloren, erzieht die Kinder mit militärischem Drill und kommandiert sein Personal mit der Trillerpfeife.

Das ändert sich erst, als die neue Gouvernante Maria in den Haushalt der von Trapps Einzug hält und dort die Lebensfreude zurückbringt. Dem Vater öffnet sie das Herz, den Kindern ist sie eine liebevolle Freundin. Doch nach dem Anschluss hat sich die Welt verändert. Die von Trapps müssen ihr geliebtes Österreich verlassen und fliehen über die Berge in die Schweiz.

Dieser Film ist, genauso wie sein Soundtrack, purer Kitsch. Und er ist großartig. In Deutschland und Österreich kennt ihn nahezu niemand, aber die Amis stehen drauf. Im Weihnachtsprogramm der USA hat er einen ähnlich festen Platz wie hierzulande die Familie Hoppenstedt.

Dieses Jahr begnügte man sich in Übersee jedoch nicht mit dem Abnudeln eines fast fünfzig Jahre alten Films. NBC gab ein, Berichten zufolge neun Millionen Dollar teures, Live-Event in Auftrag, das am 5. Dezember geschlagene 18,50 Millionen Zuschauer erreichte – die beste Einschaltquote, die der Sender an einem Donnerstagabend mit einer Unterhaltungssendung seit dem Serienfinale von «Frasier» 2004 einfuhr. Die Maria gab Country-Superstar Carrie Underwood, den Captain von Trapp mimte der aus «True Blood» bekannte Stephen Moyer.

Es war fantastisch: Drei Stunden Musical-Kitsch in Reinform. Und man merkt: Zumindest in Amerika funktioniert auch noch ein fünfzig Jahre alter Stoff, der in seiner Erzählweise wie in seiner narrativen Substanz sogar in der Adaption unglaublich altmodisch wirkt. Mit Nostalgie und Event gewordenem Eskapismus lassen sich Hammerquoten machen. Der Schlüssel zum Erfolg lag hier nicht in einer Modernisierung, sei es des Settings oder der Stilmittel, sondern in einem liebevollen Nachbau des Klassikers, mit allem, was dazugehört: herzzerreißenden Arien, putzigen Figurenzeichnungen und Österreich-Anachronismen wie schnitzel with noodles. Eine herrliche Show, gerade weil sie das hatte, was vielen ausladenden Live-Events im amerikanischen Fernsehen fehlt: jede Menge Herz.

Kurz-URL: qmde.de/67886
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