Die Kritiker

«Afrika ruft nach dir»

von

Ein Afrika, in dem jeder deutsch spricht. Das schafft nur die Degeto. Eine Rezension von Julian Miller.

Story


Seit dem viel zu frühen Tod seiner Frau kümmert der Tierarzt Markus sich alleine um seine Tochter Katta und seinen kleinen Sohn Jakob. Der Traum seiner Frau war es stets gewesen, mit der Familie auf einer Farm in Afrika zu leben. Nun scheint Markus dieses Vermächtnis erfüllen zu können: Er soll auf dem schwarzen Kontinent die Leitung einer Tierstation übernehmen, auf der er früher schon einmal gearbeitet hat. Der Tierliebhaber Jakob ist sofort Feuer und Flamme für die neue Heimat, die 13-jährige Katta hingegen zeigt sich von dem Wechsel aus der Großstadt in die südafrikanische Wildnis wenig begeistert. Dabei wird die Hilfe ihres Vaters dringend gebraucht: Seit geraumer Zeit macht eine Bande von Wilderern die Gegend unsicher. Immer wieder gibt es schwer verletzte und getötete Tiere zu beklagen. Während die Wildhüterin Ariane und ihr Kollege Jonathan „Apfel" froh und erleichtert sind, in Markus eine weitere Unterstützung zu bekommen, reagiert Arianes Lebensgefährte Oliver, Leiter der Wildhüterstation, mit eifersüchtiger Ablehnung auf den Neuankömmling. Oliver, der seit einem dramatischen Schicksalsschlag allzu oft zur Flasche greift, betrachtet den engagierten Mediziner vor allem als Rivalen, der seine Autorität untergraben und ihm seine Freundin abspenstig machen will.

Tatsächlich verspürt Ariane in Markus' Nähe eine Geborgenheit, die sie bei ihrem gewalttätigen Freund schon lange nicht mehr empfindet. Während der gemeinsamen Erkundungen des Reviers kommen der Arzt und die Wildhüterin sich nicht nur emotional näher, sondern können schließlich auch die Fährte der Wilderer aufnehmen. Dabei müssen sie erkennen, dass nicht jeder aus ihrem Team mit offenen Karten spielt. Als sie die Bande auf frischer Tat überraschen, spitzt sich die Situation zu.

Darsteller


Erol Sander («Mordkommission Istanbul») als Markus Wenninger
Christina Plate («Familie Dr. Kleist») als Ariane
Heinz Marecek («Lindenstraße») als Apfel
Sven Martinek («Heiter bis tödlich – Morden im Norden») als Oliver
Ana Lieman als Katta
Nico Liersch («Die Liebe kommt mit dem Christkind») als Jakob
Ivy Nkutha («Duma – Mein Freund aus der Wildnis») als Cecilia

Kritik


Kitsch, Klischees und ein bisschen Klamauk – das ist die übliche Degeto-Mischung. Wo man diese Stoffe ansiedelt, ist aus dramaturgischer Sicht vollkommen zweitrangig. Schließlich werden in diesen Filmen die Charaktere im Süden Afrikas auch nicht anders geführt als im Allgäu oder im tiefsten Mecklenburg-Vorpommern.

Aber in Afrika kann man wenigstens imposante Bilder von malerischen Landschaften, knuffigen Löwen und der pittoresken Savanne zeigen. Wenn man nicht jede Woche die Ostseeküste oder die Alpen abgrasen will, sicherlich ein richtiger Schritt.

Doch es sind eben die üblichen, immer gleichen Geschichten, durch die man hier ohne jegliche Variation stapft: die tragische Vergangenheit der Hauptfigur, die nun in der neuen Heimat verarbeitet werden soll; der dubiose, archaische Suffkopp, der seine Frau schlägt; der putzige blonde Junge, der etwas schwer von Begriff ist und dessen Hauptaufgabe darin besteht, süß auszusehen und permanent in die Kamera zu grinsen. Andere Ansprüche hat das Drehbuch von Maximilian Krückl und Markus Mayer nicht.

Aus dem afrikanischen Setting macht man bis auf das gebetsmühlenartige Abfilmen der landschaftlichen Eyecatcher (Regie: Karsten Wichniarz) nicht sonderlich viel: Im Zentrum stehen die Probleme europäischer Immigranten, die vom überraschend schlechten Handyempfang im Busch bis hin zur klassischen Dreiecksbeziehung um einen gewalttätigen Alkoholiker, einen feschen Tierarzt mit Helfersyndrom und eine sehr dümmliche Wildhüterin reichen. Die Afrikaner sind entweder unterwürfige Haushaltshilfen, klischeehafte Häuptlinge oder haben nicht sonderlich viel Screentime. Die Prioritäten liegen beim Banalen und dem, was der deutsche Zuschauer schon so kennt.

Heraus kommt ein Film, an dem alles vollkommen lächerlich ist. Bezeichnend ist es etwa, dass in Krückls und Mayers Südafrika sämtliche (!) einheimischen Figuren akzentfreies Deutsch sprechen. Die paar dramaturgischen Ausreden, die sich die beiden haben einfallen lassen, können nicht einmal in Ansätzen überzeugen – und der eigentliche Grund für diese sonderbare Sprachwahl liegt wohl eher darin, dass die ARD ihren Zuschauern keine Untertitel zumuten will. Sogar dafür hält man sie wohl für zu doof.

Retten, was zu retten ist, können da allenfalls noch Erol Sander als der gutherzige Tierarzt und Ana Lieman in der Rolle dessen Tochter – immerhin schaffen die beiden es, den einzigen dramaturgisch halbwegs tragfähigen Konflikt über die Trauer um die vor Jahren verstorbenen Gattin/Mutter glaubhaft zu transportieren. Der Rest: Dümmlichkeit, Kitsch und eine Beleidigung der Intelligenz des Zuschauers. Aber wenn der nur Eskapismus will, ist er vielleicht selber schuld.

Das Erste zeigt «Afrika ruft nach dir» am Freitag, den 28. Dezember um 20.15 Uhr.

Kurz-URL: qmde.de/61143
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