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«Gottschalk Live»: Es blieb beim Versuch

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Experiment Vorabend-Gottschalk gescheitert: Seine ARD-Sendung wird im Juni abgesetzt, er flieht im Herbst nach Mailbu. Ein Kommentar darüber, wie «Gottschalk Live» zu Tode diskutiert wurde und ob der Showmaster jetzt noch eine TV-Zukunft hat.

Wie viel Spaß mag Thomas Gottschalk an seiner ARD-Vorabendshow überhaupt noch haben? Hat auch er – so wie viele ARD-Verantwortliche – dieses TV-Experiment schon vor Wochen aufgegeben? Das Aus ist seit einigen Tagen beschlossen für «Gottschalk Live», diese Sendung, die drei Monate nach ihrem Start als einer der größten TV-Flops der vergangenen Jahre in die Geschichte eingehen wird. Natürlich primär, weil die Quoten so unglaublich schlecht waren. Aber auch, weil eigentlich interne Diskussionen über die Richtung des Formats teils öffentlich ausgetragen wurden – durch Programmdirektor Volker Herres, ARD-Vorsitzende Monika Piel, lancierte Presseberichte und nicht zuletzt durch Gottschalk selbst, der in seiner Show die Internas kommentierte.

Aber am Ende ist das Ergebnis fatal, wenn eine konzeptlose Sendung durch die vielen ARD-Köche noch konzeptloser wird und weil niemand wusste, wohin es überhaupt gehen sollte mit «Gottschalk Live»: Ein großer Relaunch am 19. März? Stattdessen „Umbauwoche“. Einen Sidekick? Braucht man nicht. Eine pünktliche Live-Sendung? Zu kompliziert für Gottschalk. Schlechte Interviews mit Gästen, die sich teils wie im falschen Film fühlten? Gerne doch. Kosmetische Änderungen, ein neues Studio mit Publikum, gab es nun – aber inhaltliche Verbesserungen? Fehlanzeige.

Dabei sollte «Gottschalk Live» doch eigentlich die zweite große Chance bekommen, einen Neuanfang mit frischem Redaktionsleiter. Doch bevor dieser überhaupt richtig wirken konnte, dachten die ARD-Verantwortlichen schon alle an diese Aprilwoche – denn dank einer Ausstiegsklausel konnten sie nun den Produktionsvertrag vorzeitig kündigen: «Gottschalk Live» endet am 7. Juni, und es ist besser so. Denn ohne wirklichen Rückhalt kann sich ein Format nicht gesund entwickeln. Das hat man einem irritierten Gottschalk angesehen, der keine Unterhaltung ausstrahlte und oft furchtbare Gespräche führte. Wieder einmal hat der amerikanischste unter den deutschen TV-Stars versucht, das heimische Fernsehen ein bisschen zu amerikanisieren – nach der Idee täglicher US-Talksendungen wie «Ellen» oder den Late-Night-Formaten. Es blieb beim Versuch.

Was könnte nun nach dem gescheiterten Experiment noch folgen? Seinem Gast Pamela Anderson verriet er in der Show, dass er im Herbst nach Mailbu zurückkommen wolle. Damit macht Gottschalk seinen Plan B wahr, den er schon vor dem Start der ARD-Sendung hatte verlauten lassen: „Ich werde nicht beleidigt beim Publikum die Schuld suchen, sondern mich freiwillig ins Exil nach Malibu begeben, bis die Leute mir den Flop verziehen haben. Und wenn man mich hier gar nicht mehr will, bleib ich eben dort.“

Ist «Gottschalk Live» also der verlängerte Abschied von der großen Showbühne, der eigentlich nach «Wetten, dass..?» hätte kommen sollen? Oder bleibt uns Thommy doch nochmal für eine regelmäßige, große Abendshow erhalten? Die ARD-Vorsitzende Monika Piel schloss ein entsprechendes Projekt nicht aus – aber auch diese Aussage könnte lanciert worden sein, um der Nachricht der Absetzung einen positiven Schimmer zu verleihen, der sich am Ende als heiße Luft entpuppt.

Braucht Fernsehdeutschland einen Thomas Gottschalk noch? Ja, denn er ist der perfekte Showmaster. Und davon haben wir mit Frank Elstner (der nicht mehr will) und Matthias Opdenhövel (der noch etwas Zeit braucht) vielleicht nur zwei weitere, die am Samstagabend nicht präsent sind. Die eigentliche Frage – siehe Gottschalks Zitat – aber ist: Will Fernsehdeutschland einen Thomas Gottschalk noch? Nach dem Quotenflop stellt sich diese Frage mehr als je zuvor. Aber es wäre schade, wenn man es nicht ausprobieren würde mit einer neuen abendlichen Live-Show, dem großen ehemaligen «Wetten, dass..?»-Showmaster und einer spannenden Idee, die im Gegensatz zum Vorabend-Experiment greifbar ist. Es wäre auch deswegen schade, weil Gottschalk die zweite Chance verdient. Diese zweite Chance, die er bei «Gottschalk Live» nicht bekommen hat.

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