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«Six Degrees»

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In der Serie "produziert von J.J. Abrams": die Soap, welche eine wissenschaftliche Hypothese als Storyelement nutzt, die Zuschauer jedoch schon in der ersten halben Stunde langweilte.

Wenn der Name J.J. Abrams hinter einem Serientitel auftaucht, bedeutet es nicht unbedingt, dass er die Serie aus der Taufe gehoben hat, am Drehbuch mitwirkte, und nach der Pilotfolge hinaus in den Entwicklungsprozess beteiligt sein wird. «Felicity» und «Alias» waren seine eigenen Werke, die er wie ein Kleinkind hütete. «Lost» und «Fringe» hat er mitentwickelt, doch an der weiteren Entwicklung beider Serien war er geringfügig («Lost») bis gar nicht mehr («Fringe») beteiligt. Dann kam mit «Undercovers» der nächste Versuch einer Abrams-betonten Serie, welche Jeffrey Jacob Abrams (so sein voller Name) auf langer Hinsicht begleiten wollte. Die locker-flockige Spionageserie wurde allerdings nach 13 Episoden abgesetzt. Dann gibt es Serien, bei denen Jeffrey nur seinen Namen und sein Produktionshaus Bad Robots hergab: «What About Brian», welches nur für zwei unvollständige Staffeln auf ABC überlebte, sowie das aktuelle «Alcatraz», welches sich auf FOX noch beweisen muss. Eine weitere Serie mit Abrams als reinem Produzent war «Six Degrees». Hier hatte der «Star Trek»-Autor sogar seine eigenen Pläne, um die ABC-Soap ins Rollen zu bringen, was ihm letztendlich den Titel eines Co-Creators hätte geben können. Dazu kam es jedoch nie.

«Six Degrees» ging auf ABC zu einer Zeit auf Zuschauerfang, als der Sender erkannte, mit Frauen-betonten Programmen bessere Quoten holen zu können. «Grey's Anatomy» und «Desperate Housewives» waren Hits, und mit «Ugly Betty» und «Brothers and Sisters» standen zwei weitere leichte und lockere Dramaserien an der Startlinie, welche die junge weibliche Zielgruppe vor die Bildschirme holen sollte. «Six Degrees» beschäftigte sich dabei mit den untereinander verflochtenen Beziehungen von sechs Personen in New York, basierend auf dem „Kleine-Welt-Phänomen“ (six degrees of separation) – eine Hypothese, nachdem jeder Mensch mit einer anderen Person über eine kleine Kette anderer Menschen von Bekanntschaftsbeziehungen verbunden ist. In der Serie selbst wurde die Hypothese mehr als eine Weekly Soap aufgebaut, die nach einer kurzen Weile gar nichts mehr mit dem Phänomen zu tun hatte. Stattdessen ähnelte «Six Degrees» in seinem Charakteraufbau bald dem Rassendrama «L.A. Crash» (sowie seiner Serienadaption von 2008): Die Personen führen untereinander einzelne Beziehungen, welche von den Handlungen dieser beeinflusst wird. «Six Degrees» wurde von Stuart Zicherman und Raven Metzner entwickelt, die zusammen auch die Comicverfilmung/«Daredevil»-Quasifortsetzung «Elektra» (2005) geschrieben haben. Und um die Hypothese hier am Leben zu erhalten: Jennifer Garner, entdeckt von J.J. Abrams für die Hauptrolle in «Alias», hatte die Titelrolle in «Elektra» inne.

Damit ABC die Zuschauerkraft des weiblichen Publikums voll ausnutzen konnte, wurde «Six Degrees» als Lead-out zu «Grey's Anatomy» platziert. Der 21. September 2006 war der Starttermin für ABCs neuem weiblichen Donnerstag (eine Woche darauf sollte mit «Ugly Betty» eine weitere frauenaffine Serie folgen). Beide Serien wurden oft zusammen beworben, um den Staffelstart von «Grey's Anatomy» sowie den Serienstart von «Six Degrees» zu pushen. Quasi mit Erfolg, allerdings nur in einer Instanz. Die dritte Staffel von «Grey's Anatomy» startete mit einer Reichweite von 25,4 Millionen Zuschauern, während «Six Degrees» mehr als die Hälfte dieses Publikums verlor: Das Ergebnis waren nur 12,54 Millionen Zuschauer und eine Zielgruppenquote von 14 Prozent. Das mag heutzutage als großer Erfolg gelten, doch vor mehr als fünf Jahren war dieser Wert für das erfolgsverwöhnte ABC unzureichend. Besonders nachdem die Pilotfolge während einer halben Stunde mehr als ein Viertel seiner Zuschauer verlor. Negative Kritiken machten der Serie zu schaffen – einige Kritiker behaupteten sogar, dass die Autoren nicht wüssten, was der Unterschied zwischen Zufall und Schicksal ist, und die Serie spielte mit dem Wort „Schicksal“ als Storyelement der Hypothese.

Dabei hätte «Six Degrees», wenn es nach Abrams gegangen wäre, komplett anders ausgesehen. Als er die Serie produzierte, wollte er eine metaphysische, kosmische Verbindung zwischen den einzelnen Charakteren aufbauen, wie er es einst in «Lost» getan hatte. Seine Idee wurde jedoch noch vor Produktionsstart verworfen, und «Six Degrees» startete als Soap-Drama, welche die wissenschaftliche Hypothese als Grundlage ihrer Geschichten nahm. Und diese Grundlage war offenbar zu kompliziert für die Autoren, um diese in der Serie unterzubringen. Etwas, was auch die Zuschauer schnell bemerkten. Neben der Tatsache, dass die Serie als „langweilig“ tituliert wurde, gab es schnell Zuschauerverluste. Nach sechs Episoden waren nur noch 7,4 Millionen Zuschauer an Bord. ABC gab die Hoffnung an «Six Degrees» jedoch nicht so schnell auf, wie es TV-Kritiker gerne haben wollten. Zwar wurde das Drama nach sechs Episoden (Anfang November 2006) vom Programm genommen, jedoch gab es noch keine offizielle Absetzung.

Allerdings auch genauso wenig eine Verlängerung. Während Abrams' andere Bad-Robot-produzierte Serie «What About Brian» eine Order von vier weiteren Drehbüchern erhielt (obwohl die Serie zur selben Zeit genauso schwach lief), gab es für «Six Degrees» keine Beachtung in den Medien. Auch wartete damaliger ABC-Entertainment-Präsident Steve McPherson mit Nachrichten, ob die Soap eventuell ins Programm zurückkehren würde. Wenn man nach den Jahrescharts von 2006 gehen würde – «Six Degrees» lag mit einem Reichweitendurchschnitt von 9,68 Millionen Zuschauer nur auf dem 44. Rang (zum Vergleich, Lead-in «Grey's Anatomy»: 22,45 Millionen Zuschauer auf Platz eins) – hätte die Serie es nicht mal verdient gehabt, wieder ins Programm aufgenommen zu werden. Doch ABC brachte «Six Degrees» am 23. März 2007, einem Freitag, zurück, um die restlichen sieben Episoden zu versenden. Der Sender hielt nach abgestürzten Reichweiten jedoch nur zwei Wochen durch: Folge acht erreichte nur rund 3,1 Millionen Zuschauer. Im darauffolgenden Monat beschloss ABC immerhin, die verbliebenen fünf Episoden auf ihre Internetseite zu stellen. Am 15. Mai 2007 gab es die offizielle Ankündigung der Absetzung. 13 Episoden wurden produziert, acht davon erfuhren eine TV-Ausstrahlung.

«Six Degrees» war jedoch nicht in allen Instanzen ein Flop. Wie es ein regelmäßiger Fall mit schlecht laufenden und schnell abgesetzten Serien zu sein scheint, war die Serie vor allem beim wohlhabenden Publikum beliebt. Die Soap landete auf Platz 11 der Zuschauer zwischen 25 und 54 Jahren mit einem Einkommen von mehr als 65 000 US-Dollar im Jahr (der ABC-Schnitt lag 2006 bei 64 000 US-Dollar in dieser Zielgruppe). Die Serienerfinder Stuart Zicherman und Raven Metzner arbeiteten auch zusammen an einer TV-Adaption der Comicserie „Fables“, die 2008 von NBC zu ABC tanzte, jedoch nie bestellt wurde. Zicherman ist zudem dabei, mit dem kommenden Film «A.C.O.D.» sein Regiedebüt zu geben. Und Produzent J.J. Abrams erwartet zurzeit das Schicksal von «Alcatraz» und der CBS-Serie «Person of Interest» – werden es beide Serien in eine zweite Staffel schaffen? Wird Abrams demnach in seinem 15. Jahr in Folge eine Serie im Networkfernsehen produzieren?

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