You Are Cancelled

«The Young Indiana Jones Chronicles»

von
Countdown zu den Golden Globes: Mit dem Prequel zur Filmserie lieferte George Lucas ein Beispiel ab, wie eine zuvor gehypte Serienpremiere in den darauffolgenden Wochen quotenmäßig abstürzte

Der Countdown zu den Golden Globe Awards läuft. Zwar übertreibt die Hollywood Foreign Press Association (HFPA) gerne einmal, wenn es um die Nominierungen geht, doch immer wieder schaffen es einige Fernsehjuwelen berücksichtigt zu werden. Auch kurzlebige Serien sind oft preisverdächtig geschrieben und inszeniert, dass sich in wenigen Fällen eine Nominierung, geschweige denn ein Award, lohnt. In den nächsten sechs Wochen beschäftigt „You are Cancelled“ sich mit Serien, die entweder aus Zuschauermangel oder aus Kostengründen frühzeitig abgesetzt wurden, jedoch Beachtung bei der HFPA fanden und für einen Golden Globe nominiert wurden. Eine Handvoll Serien schaffte es sogar, einen Award mit nach Hause zu nehmen, was man in der 55-jährigen Geschichte des Awards, seit dem Preise an TV-Serien verliehen werden, als eine Seltenheit beschreiben dürfte.

Während der Produktion von «Indiana Jones und der letzte Kreuzzug» kam George Lucas die Idee, die jungen Jahre des Titelhelden zu erörtern und zu zeigen, wie Indiana Jones aufgewachsen ist. Die Idee schaffte es letztendlich als Hintergrundgeschichte in den dritten Teil der Filmreihe. Doch Lucas wollte seinen Charakter nicht so schnell aufgeben und vergegenwärtigte eine Fernsehserie mit dem Titel «The Young Indiana Jones Chronicles», die schon vor dem Start ihrer Produktion so detailliert wie möglich sein sollte. Lucas, ein Perfektionist wie er war und ist, kreierte eine umfangreiche Zeitlinie, in welcher Indiana Jones allerhand Personen begegnete und Abenteuer erlebte – und dabei hin und wieder auf Geschehnisse und Personen aus dem echten Leben stoß. «The Young Indiana Jones Chronicles» wurde besonders für eine junge Zuschauergruppe geschrieben und gilt deshalb als „Edutainment“ (eine Wortkreuzung von „education“ und „entertainment“). Kinder sollten mit Hilfe der Serie an die Geschichte des frühen 20. Jahrhunderts herangeführt werden, während das erwachsene Publikum die Serie als Prequel zu den erfolgreichen Filmen sehen konnte.

1991 begann die erste von drei Produktionsphasen der Serie. 16 von 44 geplanten Episoden sollten bis 1992 abgedreht sein. Dabei sollten zehn Episoden Indy, verkörpert von Sean Patrick Flanery, in seinen Teenagerjahren begleiten; fünf Episoden sollten Indy als Kind, dargestellt von Corey Carrier, begleitenl; und eine weitere Episode beinhaltete beide Indy-Versionen. 35 Länder wurden für die Produktion besucht, und 1,5 Millionen US-Dollar gingen pro Episode drauf, was die Serie zu einen der teuersten der damaligen Zeit machte. Lucas war immerhin gütig genug, die Kosten mit Hilfe einer billigeren Drehmethode etwas zu drücken – statt den damals üblichen 35mm-Film für die Aufnahmen zu benutzen, entschied Lucas sich mit 16mm-Film für die billigere Variante. Zusätzlich wurde die Serie so konzipiert, dass der ausstrahlende Sender ein Doppelpack an Episoden entweder als TV-Film, oder separat ausstrahlen konnte – ein Vorteil, der bei einer komplizierten Serienproduktion besonders im Produktionsplan positive Nachwirkungen haben kann. Außerdem benutzte Lucas die Serie für eine digitale Nachverarbeitung – damals einzigartig für eine TV-Serie, und für Lucas selbst wegweisend für seine spätere «Star Wars»-Prequel-Trilogie.

Am 4. März 1992 strahlte ABC den zweistündigen Pilotfilm „Young Indiana Jones and the Curse of the Jackal“ aus. Kritiker beäugten den Start der Serie mit Skepsis, die Zuschauer erwarteten gespannt, ob die Serie der Filmtrilogie gerecht werden konnte. Fünf weitere Episoden komplettierten die kurze erste Staffel, die am 8. April endete. Zwar war «The Young Indiana Jones Chronicles» ein Hit bei den Kritikern, doch ABC vermisste die in Strömen kommenden Zuschauer. Der Pilotfilm war in den Quoten erfolgreich genug, um für ABC den Tagessieg zu ergattern (ein Rating von 16.6; und am Ende der Woche landete der Pilotfilm auf dem 10. Rang der Wochencharts), die späteren Folgen generierten jedoch kein großes Interesse bei den Zuschauern. Eine Woche nach der Premiere verlor ABC gegen «Seinfeld» und landete in den Wochencharts nur auf Rang 29 mit einem Rating von 12.8. «The Young Indiana Jones Chronicles» lief für ABC demnach unter den Erwartungen, weshalb die verkürzte erste Staffel für den Sender nicht früher enden konnte. Bei den Fans der Serie löste das frühe Ende sogar eine leichte Panik aus: Hat ABC die Serie abgesetzt?

Die Presse versuchte den „Flop“ damit zu erklären, dass die Zuschauer ein Spektakel erwarteten, welcher mit den Filmen mithalten konnte. Und obwohl die Serie farbenfroh und abenteuerlustig war, wollte der Funke einfach nicht zu den Zuschauern zu Hause überspringen. ABC gab der Serie jedoch eine weitere Chance im nächsten Jahr und gab Lucasfilm den Startschuss für die zweite Produktionsphase, welche bis 1993 die Komplettierung von zwölf Episoden anvisierte. Die zweite Staffel fand ihre Premiere am 21. September 1992, doch hier war klar gewesen, dass «The Young Indiana Jones Chronicles» niemals ein wahrer TV-Erfolg mehr sein könnte. Mit einem Marktanteil von nur 12 Prozent landete ABC nicht nur einen garantierten Flop, sondern auch auf Rang 76 der Wochencharts. Auch die folgenden Episoden waren allesamt in demselben Quotenbereich, weshalb ABC die Serie nach vier Wochen aus dem Sendeplatz kickte. Die Stimmung bei den Kritikern und Zuschauern wandelte sich von „interessiert“ zu „gelangweilt“, nachdem auch die neuen Folgen nicht an die Filme herankamen, und die Serie selbst viel zu realistisch (eine Primetime-Geschichtsstunde) für ihre eigentliche Aussage (Abenteuer und Action für die Familie) war. Doch ABC hat auch dann noch nicht aufgehört zu denken, dass «The Young Indiana Jones Chronicles» eventuell doch noch ein Erfolg sein könnte und platzierte die Serie am 13. März 1993 wieder in den Sendeplan – einem Samstag, und damit garantiert auf dem Fernsehfriedhof, wenn die Staffel komplett ausgestrahlt werden würde.

Mit einem Marktanteil von 17 Prozent (und einem 51. Rang in den Wochencharts) kehrte die Serie immerhin mit soliden Zahlen zurück – was vermutlich auch Harrison Ford zu verdanken war, der in dieser Doppelfolge einen Gastauftritt als 50-jähriger Indy absolvierte. Diese Zahlen waren jedoch einmalig. Schon eine Woche später sackten die Quoten vollständig in den Keller, und «The Young Indiana Jones Chronicles» landete unter den schlechtesten zehn Programmen der Woche. Jegliche Hoffnungen für eine Verlängerung waren aufgegeben, und selbst Lucas konzentrierte sich lieber auf die ersten Vorbereitungen seiner neuen «Star Wars»-Trilogie, als weitere Episoden für seinen Indiana Jones zu entwickeln. Nach 28 ausgestrahlten Episoden brach ABC die Ausstrahlung ab und ließ vier Folgen unausgestrahlt in den Archiven.

Für Paramount Television und Lucasfilm war die Serie allerdings noch nicht vollständig Geschichte. Der Family Channel erwarb die Rechte der Serie, und ließ vier TV-Filme produzieren, die zwischen 1994 und 1996 beim Sender ausgestrahlt wurden. Vier weitere einstündige Episoden wurden gedreht, damit Lucas seine Story zu einem Zeitpunkt weiterspinnen konnte, an dem Indy 24 Jahre alt war, doch der Family Channel hatte kein Interesse an einer Fortsetzung der Serie oder der TV-Filme, und setzte «The Young Indiana Jones Chronicles» endgültig ab. 28 Einstünder und 8 Zweiteiler wurden insgesamt produziert, davon wurden acht Einstünder nie im Fernsehen ausgestrahlt, schafften es am Ende aber auf Videokassette und DVD. Zuvor beauftragte Lucas jedoch Tom Christopher, mit dem Lucas schon während der Produktion zu «Die Rückkehr der Jedi-Ritter» zusammenarbeitete, um alle 44 Episoden zu 22 zweistündige TV-Filme zusammenzuschneiden. Hierzu wurde 1996 neues Material gedreht (die dritte und finale Produktionsphase), um die Zusammenhänge zwischen den einzelnen Filmen für eine in 1999 anvisierte VHS-Veröffentlichung (unter dem Titel «The Adventures of Young Indiana Jones») verständlicher zu machen. 2008 gab es die DVD-Veröffentlichung in drei Volumes, und wie es sich für eine Lucasfilm-Produktion gehörte, mit aufgebessertem Bild und einem neu aufgelegten Soundtrack.

Für die 51. Golden Globe Awards in 1994 wurde «The Young Indiana Jones Chronicles» als beste Dramaserie nominiert, verlor aber gegen «NYPD Blue». Interessant ist, dass die Serie für einen Zeitraum nominiert wurde, in welchem sie zweimal vom Sender abgesetzt wurde und größtenteils am Samstagabend (dem Abstellgleis für TV-Serien) lief. Zwischen 1992 und 1994 regnete es aber zehn Emmys für die Serie, hier allerdings größtenteils nur im technischen Bereich. Der Pilotfilm gewann vier Emmys und gilt damit als ein kreativer Fernseherfolg. Die Serie als Ganzes oder der Cast wurden hingegen nicht einmal nominiert.

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