Schlüter sieht's

«Schlüter sieht's»: Danke, Thomas

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Der große Entertainer verlässt die große Bühne: Eine Nachbetrachtung auf Thomas Gottschalks Abschied.

Es war ein pathetischer, ein großer Abgang von Thomas Gottschalk. Als letzte Entertainer-Lichtgestalt des Fernsehens wurde er bei seiner finalen Verbeugung vor dem Publikum inszeniert, bevor Gottschalk für immer von der «Wetten, dass..?»-Bühne trat. Nur er kann sich dieses Pathos leisten, nur er kann Hände im Publikum schütteln, um seine Dankbarkeit gegenüber diesem zu erwidern. Bei jedem anderen Moderator hätten die letzten Gesten und Worte des Moderators sowie die Inszenierung seines Abgangs lächerlich gewirkt. Er, der 23 Jahre lang eines der erfolgreichsten europäischen Unterhaltungsformate moderiert hat: Nur er kann sich genau einen solchen Abschied leisten, wie er am Samstag von Statten gegangen ist.

Dass fast 15 Millionen Menschen in „Deutschland, Österreich und der Schweiz“ Gottschalks letzte «Wetten, dass..?»-Show sehen wollten, zeugt vom ungeheuren Stellenwert des Moderators. Zwar schaffte er es in den vergangenen Jahren nicht mehr regelmäßig, ein so großes Publikum zu begeistern, aber bei seinem Abtritt wollten alle dabei sein: Einfach, weil sie sich mit dem Mann irgendwie noch nostalgisch verbunden fühlen, weil er – bei vielen jungen Zuschauern – ein Teil ihrer Kindheit war. Oder weil sie früher immer das Ritual gepflegt hatten, «Wetten, dass..?» zu schauen, als es noch Gesprächsthema am kommenden Montag war und wirkliche Relevanz hatte. Oder weil sie einfach würdigen wollten, dass es Thomas Gottschalk Jahrzehnte lang geschafft hat, das größte deutsche Showformat zu präsentieren.

Und die Zuschauerzahl beweist auch: Gottschalk hat den perfekten Zeitpunkt erwischt, um abzutreten. Zwar haben zahlreiche Blätter und Medien in die einstweilen beliebte Gottschalk-Kritik eingeschlagen und den Mann um des Niederschreibens Willen niedergeschrieben, aber zuletzt verwandelte sich die Schmähgesänge in Lobeshymnen. Die Titulierungen des eher abwertenden Wortes „Show-Dino“ waren nach der Abtrittsankündigung Gottschalks nur noch selten zu lesen – stattdessen prägte der Spitznamen „Thommy“ wieder die Schlagzeilen. Jeder liebte ihn, alle forderten ihn zum Weitermachen bei «Wetten, dass..?» auf. Und plötzlich erkannten auch die Zuschauer wieder: Diesen Entertainer kann niemand auch nur annähernd gleichwertig ersetzen.

Was von «Wetten, dass..?» mit Thomas Gottschalk bleibt, sind schöne Erinnerungen an Zeiten, in denen Fernsehen und der Kampf um die Einschaltquote noch etwas einfacher funktionierten als heute. Mit seinen Shows lockte Gottschalk in seinen besten Zeiten mehr als 13 Millionen, zuletzt immerhin noch meist neun Millionen Menschen vor die Fernsehgeräte. Das Ende einer Ära bedeutet aber auch einen großen Neuanfang: Im Januar startet Thomas Gottschalk seine neue tägliche Vorabendshow. Leider wird ihm ein Studiopublikum fehlen: Vom einen Extrem, also einer Show, die Deutschlands größte Hallen füllte, fällt man in das andere Extrem. «Gottschalk Live» startet schon in wenigen Wochen, verspricht aber konzeptuell bisher wenig Konkretes. Ein Versprechen gibt es dennoch: dass der Mann moderieren wird, der zuletzt bei «Wetten, dass..?» wieder aufblühte und hervorragende Sendungen machte. Wenn sich dies bei seiner neuen Show fortsetzt, dann ist das Konzept ziemlich egal. Es hat ja Thomas Gottschalk.

Jan Schlüters Branchenkommentar beleuchtet das TV-Business von einer etwas anderen Seite und gibt neue Denkanstöße, um die Fernsehwelt ein wenig klarer zu sehen. Eine neue Ausgabe gibt es jeden Donnerstag nur auf Quotenmeter.de.

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