Sonntagsfragen

Norbert Himmler: ‚Wollen den Zuschauern Verlässlichkeit bieten‘

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Der ZDFneo-Senderchef spricht über die Entwicklung des Mainzer Digitalsenders und das Experiment «TVLab», der neuen Formatschmiede.

Herr Himmler, am 1. November 2009 ging der Sparten- und Digitalkanal ZDFneo auf Sendung. Fast zwei Jahre später: Wie sehen Sie die Entwicklung Ihres Senders?
Vor zwei Jahren hätte ich nicht gedacht, dass wir eine solche Bandbreite an Genres aufbieten können. Es gibt sehr viele positive Signale auf unser Programmangebot. Immer wieder höre ich von Kollegen, Moderatoren und Produzenten, dass sie den Sender toll finden. Und die Zuschauerzahlen haben sich seit Sendestart verdreifacht, wenn auch natürlich auf einem noch niedrigen Niveau. Ich denke, wir sind mit dem Programm von ZDFneo mittlerweile gut auf dem Fernsehmarkt verankert, gerade bei den jüngeren Zuschauern. Unsere Zielgruppe bleiben die unter 50-Jährigen. Im Digitalmarkt landen wir hier schon vor etablierten Sendern wie Das Vierte oder auch arte. Unsere technische Reichweite im Gesamtmarkt liegt allerdings momentan bei nur ca. 53 Prozent.

Kann die technische Reichweite von ZDFneo demnächst noch gesteigert werden?
Das können wir schwer beeinflussen. Denn das ist davon abhängig, was die Geräteindustrie und der Markt ermöglichen. Die Abschaltung des analogen Satelliten 2012 wird hier noch einen kleinen Schub bringen.

Mit dem «TVLab» wird ZDFneo jetzt auch ein Versuchslabor für neue Formate. Sucht man dabei gezielt auch etwas für bestimmte Sendeplätze?
Nein, erst einmal nicht. Das «TVLab» ist ja gerade der Versuch, aus dem Kästchendenken des Schemas auszubrechen. Mit unserem Schema müssen und wollen wir den Zuschauern Verlässlichkeit bieten. Das läuft aber – auch bei einem kleinen Sender – Gefahr, eintönig zu werden. Deshalb freuen wir uns auf die Innovationen des Labs, die neuen Wind in unser Programm bringen, und dann auch natürlich im Schema Einzug halten. Sonst hätten wir den Namen „neo“ nicht verdient.

Welche Innovationen sind dabei gerade für ZDFneo interessant?
Die Teilnahme am «TVLab» hatte nur eine einzige Bedingung: Es durften keine alten Ideen aufgewärmt werden, keine Formatadaptionen dabei sein. Ich bin sicher, dass wir hier in Deutschland genauso kreativ entwickeln können, wie in den Niederlanden oder den Vereinigten Staaten. Wir müssen Kreativität nur fordern und fördern.

Und als wie kreativ hat sich die Branche erwiesen?
Wir haben schon gemerkt, dass es uns wie auch manchen Produzenten schwergefallen ist, sich von gängigen Formaten loszulösen und komplett etwas Neues auszuprobieren. Wir erfinden sicherlich das Fernsehen nicht neu. Aber etwas Originäres und Originelles sollten unsere Piloten schon sein. Bei den zehn Formaten, die wir im «TVLab» vorstellen, sind einige Sendungen aus dem Bereich Reportage und Magazin dabei. Hier ist es umso schwerer das Rad neu zu erfinden. Das Ergebnis hat uns allerdings positiv überrascht.

Wie viel Mut braucht denn ein Sender wie ZDFneo, um ein Experiment wie das «TVLab» zu starten?
Es braucht vor allem den Mut, Zeit und Geld in die Entwicklung zu stecken. Das haben wir bewusst getan. Für die zehn Sendungen, die wir gut finden, haben wir einige 100.000 Euro investiert und werden bei dem Format, das am Ende als Sieger gewählt wird und in Produktion geht auch bei seinem Reifeprozess Geduld aufbringen. Aber, wir überlassen dem Zuschauer die Entscheidung, was er gerne sehen will.

Ist es dabei nicht auch ein Risiko, dass man die Auswahl eines neuen ZDFneo-Formats dem Publikum überlässt?
Natürlich ist das auch ein gewisses Risiko, das wir eingehen. Aber wir haben im Vorfeld einen Zwischenschritt eingebaut, bei dem wir aus 91 eingegangenen Ideen die zehn plausibelsten ausgewählt haben. Die Vorauswahl war sicher nötig, wobei wir schon darauf geachtet haben, dass wir dem Zuschauer eine große Bandbreite anbieten können. Ein Risiko gibt es bei jeder Produktion. Eine Krimi-Serie beispielsweise wie «Scharfe Hunde», die im «TVLab» zur Wahl steht, wird beispielsweise auch für ZDFneo schwer zu finanzieren sein, sollte das Format in Serie gehen. Aber da werden die dann die vorhandenen Möglichkeiten ausloten.

Wie war insgesamt die Zusammenarbeit mit dem Produzenten und Produktionsunternehmen?
Das war ein sehr intensiver und produktiver Austausch, der allen Beteiligten Spaß gemacht hat. Unsere ZDFneo-Redakteure haben dabei alle Formate und deren Entstehung hautnah begleitet. Es gab aber keinerlei Quoten- oder Sendeplatz-Vorgaben. Das waren tatsächlich Laborbedingungen. Und diese Freiheit hat allen gut getan.

Herr Himmler, vielen Dank für das Gespräch.

Kurz-URL: qmde.de/51533
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