Die Kino-Kritiker

«Crazy, Stupid, Love.»

von
Seite 2
Das Ensemble-Drama «Crazy, Stupid, Love.» ist ab Donnerstag in vielen Kinos zu sehen. Kritiker Sidney Schering sah den Film vorab.

Dafür überrascht die 22-jährige Analeigh Tipton mit einem denkwürdigen Einstand in Hollywood. Die drittplatzierte der elften Staffel von «America‘s Next Top Model» hatte zwar bereits eine kleine Gastrolle in «The Big Bang Theory», doch dies ist ihre erste nennenswerte Herausforderung als Schauspielerin, und im Gegensatz zu vielen anderen schauspielernden Models überzeugt sie voll und ganz. Die Streitereien mit Jonah Bobo («Zathura»), der ihren deutlich jüngeren Verehrer spielt, gehören zu den sprühenden Höhepunkten des Films, genauso wie die köstlichen Auftritte des knochentrockenen Kevin Bacon als jedermanns Sündenbock David Lindhagen.

Was «Crazy, Stupid, Love.» über vergleichbare Hollywood-Produktionen hebt, ist mit welcher Expertise das Drehbuch von Dan Fogelman zwischen lebensnaher Dramatik, kecker Selbstironie und zarter Romantik balanciert. Fogelman und die Regisseure Ficarra & Requa schufen eine angenehm altmodisch-unzotige Romantikkomödie, die sich der Konventionen dieses Genres bewusst ist, und spitzfindig mit ihnen umgeht, ohne dabei die filmische Illusion zu brechen. So diskutiert Emma Stones Figur mit einer Freundin, welche Jugendfreigabe ihr Leben hätte, wäre es ein Film. Dieses Gespräch könnte sehr postmoderne Formen annehmen, was sich mit dem warmherzigen Tenor von «Crazy, Stupid, Love.» beißen würde. Stattdessen wird es als subtiler, ironischer Seitenhieb auf das Genre ausgespielt. Solche Momente finden sich mehrfach in «Crazy, Stupid, Love.» und erinnern somit nicht unverdient an das von Dan Fogelman verfasste, erfolgreiche Disney-Trickmärchen «Rapunzel». Dieses bot ebenfalls eine zärtliche Romanze, und erlaubte sich zwischendurch kleinere ironische, moderne Kommentare zur respektvoll eingehaltenen Disney-Formel. Und so bietet auch dieser Ensemblefilm alles, was man in einer Romantikkomödie erwartet, sowie als Gratis-Dreingabe eine Hand voll überraschender Wendungen.

Trotz dieser selbstironischen Passagen fiel «Crazy, Stupid, Love.» ruhiger und lebensnaher aus, als die meisten anderen gegenwärtigen Liebeskomödien. Sowohl Steve Carell als auch Julianne Moore erhalten mehrere denkwürdige Szenen, in denen sie die schmerzliche Lage ihrer Figuren vollkommen ernst ausspielen dürfen. Dass diese nicht deplatziert wirken, zeugt davon, wie trittsicher die Macher von «Crazy, Stupid, Love.» zwischen Dramatik und Humor tänzeln. Zu den Stärken des Drehbuchs gehört außerdem, dass es längst nicht so oberflächlich ist, wie einige Konkurrenzproduktionen. Gerade die scheinbar obligatorische Passage, in der der Protagonist umgestylt und umerzogen wird, weicht löblich vom Schema F ab: Cal wird für den Singlemarkt nicht zu einem gänzlich anderen Menschen gemacht, sondern bekommt die Gelegenheit, sein wahres Ich wieder zu finden.

Möchte man die Schwächen von «Crazy, Stupid, Love.» herausstellen, so muss man allen originellen Ideen zum Trotz betonen, dass es weiterhin ein Film für Genrefreunde ist. Anders als die derber geratenen Komödien «Beim ersten Mal» oder «Nie wieder Sex mit der Ex», die ebenfalls ironisch, dramatisch und herzlich sein wollen, wird dieser Ensemblefilm keine Romantikallergiker von sich überzeugen können. Dafür hätte das Drehbuch stärker in eine seiner vielen tonalen Richtungen tendieren müssen. Schade ist auch, dass trotz der fast zweistündigen Laufzeit der Handlungsfaden um Gosling und Stone sehr sprunghaft vorangetrieben wird. Und da «Crazy, Stupid, Love.» insgesamt auf zu dick aufgetragenen Kitsch verzichtet, fällt der kurze Ausrutscher in schiere Hollywood-Liebeslogik umso negativer ins Gewicht.

Fazit: «Crazy, Stupid, Love.» ist ein glaubwürdiger, romantisch-komödiantischer Ensemblefilm mit hervorragenden Darstellerleistungen und einer überraschenden Fülle an lebensnah-ernsten Momenten. Die mal süßen, mal bittersüßen Irrungen und Wirrungen gehören zu den besten, die das Genre seit Jahren zu bieten hatte. Zyniker werden aus dem Mix verschiedenster Ansätze allerdings nichts Neues ziehen können.

vorherige Seite « » nächste Seite

Mehr zum Thema... Crazy Stupid Love
Kurz-URL: qmde.de/51457
Teile ich auf...
Kontakt
vorheriger ArtikelABC-Soap stark, NBC-Urgestein fällt auf neues Tiefnächster ArtikelN24 Media bewirbt sich für Sendefläche in Sat.1

Optionen

Drucken Merken Leserbrief




E-Mail:

Quotenletter   Mo-Fr, 10 Uhr

Abendausgabe   Mo-Fr, 16 Uhr

Datenschutz-Info

Letzte Meldungen

Werbung

Mehr aus diesem Ressort


Jobs » Vollzeit, Teilzeit, Praktika


Surftipp


Surftipps


Werbung