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«Star Trek: Phase II» – Ein Fanprojekt zwischen Anspruch und Wirklichkeit

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Inmitten der Sciencefiction-Krise liegt auch das «Star Trek»-Franchise seit 2004 im TV brach. Im gleichen Jahr entstand allerdings «Star Trek: Phase II», das die Originalserie vollenden soll. Mehr als nur ein einfaches Fan-Projekt.

Das Sciencefiction-Genre hat im US-amerikanischen Fernsehen einen so schweren Stand wie seit langem nicht mehr. Zwar sind auch für die im Herbst beginnende TV-Saison 2011/12 wieder einige phantastische Stoffe bestellt worden, diese sind jedoch eher im Bereich der Fantasy anzusiedeln. Zwei Serien - «Grimm» und «Once Upon a Time» - bedienen sich Märchenmotiven, FOX' Prestigeprojekt «Terra Nova» bringt die Dinosaurier zurück auf den Fernsehschirm und wieviel Genre-Elemente die neue J.J.-Abrams-Serie «Alcatraz» und das «Inception»-inspirierte «Awake» letztendlich überhaupt enthalten, bleibt abzuwarten.

Die klassische Space Opera, meist angesiedelt auf einem interstellaren Raumschiff, das quer durch das Weltall kreuzt, fand in den letzten Jahren ohnehin nur noch auf Spartensendern statt. Damit ist seit diesem Jahr jedoch auch Schluss. Mit «Stargate: Universe», dem dritten Serienableger des Roland-Emmerich-Films von 1994, fuhr der Sender Syfy das «Stargate»-Franchise regelrecht gegen die Wand – im selben Jahr, in dem man sich vom alten Sendernamen SciFi Channel verabschiedet hatte. Auch «Caprica», die jüngste Serie des «Battlestar Galactica»-Franchises wurde eingestellt. In der Zukunft setzt Syfy in erster Linie auf Krimi-Derivate im Mystery-Milieu á la «Warehouse 13».

Die zwei wohl größten Sciencefiction-Franchises glänzen im TV seit Jahren durch Abwesenheit: «Star Wars» und «Star Trek». Ersteres ist zwar ohnehin in erster Linie Kino-orientiert, doch eine Realserie ist seit Jahren in Planung, offenbar aber schlicht zu teuer. Dass kein «Star Trek» im Fernsehen vorzufinden ist, verwundert hingegen tatsächlich. Nach dem erfolgreichen Reboot des Franchises 2009 durch den Kinofilm «Star Trek» von J.J. Abrams wurde mit einer zügigen Rückkehr ins Fernsehen gerechnet, doch bis heute gibt es nicht einmal Pläne für eine neue Serie.

Der Grund: CBS Paramount möchte weitere Filmerfolge nicht wieder durch eine Übersättigung gefährden wie sie «Star Trek» Anfang des Jahrtausends mit über lange Zeit zwei parallel laufenden Serien zum Verhängnis wurde. Geplant ist daher vorerst nur der zweite Kinofilm der neuen Ära, angesetzt für Juni 2012.

Doch ganz so brach wie es das TV einen glauben lässt, liegt das Franchise jenseits der großen Leinwand doch nicht, wie ein Blick ins Internet beweist, wo sich Scharen an Fanprojekten tummeln. Interessanterweise waren einige davon tatsächlich auch im deutschen Fernsehen zu sehen, so etwa die «Raumschiff Highlander»-Filme von Robert Amper, die Sat.1 in den 90er Jahren zu diversen "Star Trek Tagen" ausstrahlte.

Das Wesen dieser Fanfilme hat sich besonders nach dem Ende der letzten offiziellen Serie «Star Trek: Enterprise» im Jahr 2004 allerdings stark gewandelt. Statt wie früher die eigene Lieblingsserie mehr oder weniger gekonnt zu parodieren, wagen sich immer mehr Fans an ernsthafte Adaptionen. Eines der wohl ambitioniertesten Projekte: «Star Trek New Voyages», das seit 2008 unter dem Titel «Star Trek: Phase II» firmiert.

Der Titel macht die Intention des Projektes klar, denn hinter diesem steckt eine dreißig Jahre alte Geschichte. Nach der Absetzung der ersten «Star Trek»-Serie im Jahr 1969 erkannte CBS langsam das Potential hinter dem Franchise, dessen Fandom in der serienfreien Zeit eher wuchs statt schrumpfte. Schließlich wurde 1977 die Produktion einer neuen Serie beschlossen, die mit der alten Crew direkt die Originalserie fortsetzen sollte. Der Arbeitstitel: «Star Trek: Phase II». Einzig: Die Serie wurde nie Realität.

Jedenfalls bis zum Jahr 2004, als sich Elvis-Imitator James Cawley eine Crew aus «Star Trek»-Fans zusammenstellte, um zu verwirklichen, was der Originalserie fehlte: Die Jahre vier und fünf der im Serienintro genannten Fünf-Jahres-Mission der U.S.S. Enterprise, die durch die Absetzung nach der dritten Staffel nie gedreht wurden. Keine Parodie, keine bizarre Eigenkreation – nicht weniger als die Vervollständigung der «Star Trek»-Historie war das Ziel.

Sieben Episoden sind seither entstanden und via Internet frei veröffentlicht worden – das ist die Auflage, die CBS an die Macher stellte, um sich am «Star Trek»-Franchise bedienen zu dürfen. «Phase II» ist damit auch die erste Fan-Produktion überhaupt, die in ihrem Filmmaterial explizit auf die Urheberschaft von CBS hinweisen muss. Denn das Echo auf die Fanserie ist mittlerweile so groß, dass sie auch an den offiziellen Stellen nicht mehr spurlos vorbeizieht.

Das liegt daran, dass das mittlerweile viele Dutzend ehrenamtliche Mitarbeiter umfassende Team hinter «Phase II» durchaus mit den selbst gesetzten hohen Ansprüchen mithalten kann. Technisch sind die Episoden auf einem für Fanfilme hervorragenden, wenn auch mitunter schwankenden Niveau; Schauspiel, Kulissen und die zeitweise als Projektarbeit der DAVE School (Digital Animation and Visual Effects) in Orlando entstandenen Spezialeffekte ragen aus der breiten Masse der Fan-Produktionen weit heraus.

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