Schlüter sieht's

«Schlüter sieht's»: Wo bleibt HD?

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Millionen Deutsche haben HD-Fernseher in ihren Zimmern – doch nutzen können sie ihre Technik nicht.

Sie sehen so schön aus, diese hochauflösenden Bilder auf aktuellen FullHD-Fernsehern in diversen Elektronik-Märkten. Viele Bundesbürger kaufen ein solches Gerät und stellen zuhause verwundert fest, dass ihr Fernsehprogramm nicht ansatzweise besser aussieht als das Röhrenfernsehen – teilweise sogar schlechter, wenn noch analog empfangen wird. Digitales Fernsehen, über einen externen Receiver oder einen CI-Slot des Gerätes, ist bei Flachbildgeräten Pflicht. Doch selbst dann werden fast alle Programme nicht in HD empfangen…

Besonders schlecht sieht es im Kabelbereich aus, wo Unitymedia (für NRW und Hessen) sowie Kabel Deutschland (für die meisten Bundesländer) einen Großteil der deutschen Kabelkunden versorgen. Frei in hochauflösender Bildqualität empfangbar sind dort lediglich die Sender Das Erste, ZDF und arte. Zwei weitere HD-Programme (Sport1 und Servus TV) sind im Unitymedia-Netz lediglich mit dem kostenpflichtigen HD-Recorder empfangbar, weitere Pay-TV-Sender ebenfalls nur gegen Aufpreis. Bei Kabel Deutschland können ebenso nur die drei öffentlich-rechtlichen Programme in HD frei empfangen werden, weitere sechs Bezahlprogramme gibt es nur kostenpflichtig.

Beim Satellitenfernsehen können die Zuschauer HD+ bestellen und so wenigstens zahlreiche private Sender wie RTL, ProSieben oder Sat.1 in HD sehen – allerdings auch nur gegen einen Jahrespreis von 50 Euro, also umgerechnet mehr als vier Euro pro Monat. Immerhin aber können damit mittlerweile zehn HD-Sender empfangen werden, wenn auch ein Großteil davon fast kein nativ hochauflösendes, sondern nur hochgerechnetes Programm zeigt.

Es ist schon bedauernswert, dass sich die Sendergruppen und Kabelgesellschaften im Jahr 2011 nicht darüber einigen können, nach und nach wenigstens einige Sender in HD einzuspeisen. Und bei Unitymedia schauen selbst Sky HD-Kunden in die Röhre, denn nur einer der mittlerweile elf hochauflösenden Sender wird in NRW und Hessen eingespeist. Auch die IPTV-Anbieter wie Alice oder Vodafone sind nicht viel besser in Sachen HD-Angebot.

Doch selbst die drei wohl wichtigsten für alle Zuschauer sichtbaren HD-Programme – also Das Erste, das ZDF und arte– bringen keinen richtigen Mehrwert, für den sich viele Menschen eigentlich einen neuen Flachbildfernseher gekauft haben: Denn alle senden nur in 720p, also der HD-ready-Auflösung. Weltweiter Standard ist bei Fernsehsendern aber 1080i, das jeder FullHD-Fernseher wiedergeben kann. Zudem werden viele Sendungen im Ersten und dem ZDF noch nicht einmal in HD produziert – beispielsweise die «Tagesschau». Damit verschlechtert sich die Bildqualität logischerweise nochmals.

Was aber haben die jahrelangen Querelen der Kabelnetzbetreiber und Sender um den HD-Umstieg, den fast alle westlichen Länder schon längst hinter sich gebracht haben, für Folgen? Technikbewusste Film- und Serienfreunde werden sich immer mehr vom normalen Fernsehprogramm abwenden und ihr TV-Gerät beispielsweise für Blu-Rays oder andere Alternativen nutzen, welche die Möglichkeiten des Fernsehers voll ausnutzen. So können beispielsweise Besitzer der Xbox 360-Spielkonsole seit langer Zeit zahlreiche HD-Filme per Streaming kaufen und jederzeit abrufen – auch hier hinken die Kabelnetzbetreiber in Sachen Angebotsumfang und HD-Service weit hinterher.

Der ohnehin anhaltende Trend weg vom klassischen Fernsehprogramm hin zu alternativen Angeboten wie dem Kauf von Blu-Rays, guten DVDs (die durch Upscaling ebenfalls fast HD-Qualität erreichen) oder Streaming-Angeboten wird durch die generell sture HD-Politik der Kabelnetz- und Satellitenbetreiber sowie der TV-Sender nur beschleunigt – alle Beteiligten schaden sich damit quasi nachhaltig selber. Der HD-Umschwung ist einerseits bei den Kabelnetzbetreibern zu kritisieren, weil sie es nicht schaffen, viele schon bestehende HD-Angebote einzuspeisen. Die meisten Sender sind aber andererseits ebenfalls zu kritisieren, denn sie zeigen oft nur hochgerechnetes und nicht direkt in HD produziertes Programm; viele TV-Stationen senden zudem noch nicht einmal in HD. Die Probleme des HD-Entwicklungslandes Deutschland gehen weiter – und ein Ende ist nicht abzusehen.

Jan Schlüters Branchenkommentar beleuchtet das TV-Business von einer etwas anderen Seite und gibt neue Denkanstöße, um die Fernsehwelt ein wenig klarer zu sehen. Eine neue Ausgabe gibt es jeden Donnerstag nur auf Quotenmeter.de.

Kurz-URL: qmde.de/50226
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