360 Grad

Auferstanden aus Ruinen

von
RTL bringt «Der Lehrer» zurück, eine Sitcom, die eigentlich schon lange abgesetzt wurde. Ein Symptom des deutschen Fernsehmarkts.

Der Sommer 2011 könnte der Sommer der totgeglaubten Formate werden, die vollkommen unerwartet wieder auferstehen. Vor einigen Wochen hat es ProSieben mit seiner Ankündigung, in den heißen Monaten eine neue Staffel des «Sommermädchens» zeigen zu wollen, vorgemacht und nun setzt auch RTL nach: Die 2009 erstausgestrahlte und daraufhin gleich wieder eingestellte Sitcom «Der Lehrer» soll im Juni neu pilotiert werden; die Produktion einer vollständigen zweiten Staffel scheint nach derzeitigem Stand der Dinge wahrscheinlich. Woher nun der Sinneswandel?

Der Kölner Sender scheint um jeden Preis wieder an die alten Tage seiner Comedy-Erfolge anknüpfen zu wollen. «Nikola», «Alles Atze» und «Ritas Welt» waren noch vor rund zehn Jahre quotenträchtige Formate zur besten Sendezeit und dabei meist genauso schlecht geschrieben wie erfolgreich. Vom Ton her ist «Der Lehrer» diesen Konzepten sehr ähnlich: laut, ohne jede Art von Subtilität, voll von aufgesetzten Dialogen und abgedroschenen Pointen.

Großes Vertrauen hatte man bei RTL jedoch noch nie in die Serie mit Henrik Duryn in der Hauptrolle: Denn ursprünglich wurde die erste Staffel bereits 2007 produziert, ihr Sendetermin jedoch immer wieder verschoben bis man sich schließlich knapp zwei Jahre nach Ende der Dreharbeiten zu einer Ausstrahlung durchgerungen hat. Diese lief dann auch recht erfolgreich, doch eine Fortsetzung sollte es nicht geben. Bis jetzt.

Noch weniger Vertrauen als man in «Der Lehrer» hat, hat man in Köln jedoch wohl in die Entwicklung neuer Konzepte. Bevor man etwas noch Unversuchtes ausprobiert, greift man wohl lieber auf etwas zurück, das sich – je nach Standpunkt – bereits mäßig bis gut bewährt hat, und holt so ein Format aus der Versenkung, das man eigentlich schon lange abgeschrieben hat.

Bei dieser Programmpolitik verwundert es nicht mehr sonderlich, weswegen die Qualität deutscher Sitcoms bis auf wenige Ausnahmen, bei denen es sich um Adaptionen angelsächsischer Formate handelt, weit hinter denen aus den USA und England zurückbleibt. Ein deutsches «The Big Bang Theory», geschweige denn ein deutsches «Arrested Development», scheint angesichts dieser Denkweise, die alles Neue unterbindet und lediglich Uraltformate neu aufwärmt, unmöglich. Denn dazu müsste man Wagemut haben und zumindest ein wenig Vertrauen in ein innovatives Konzept und seine Macher. RTL scheint all das jedoch zu fehlen. Dort will man wohl hauptsächlich bleiben, was man ist – getreu dem luxemburgischen Staatsmotto.

Mit 360 Grad schließt sich auch nächsten Freitag wieder der Kreis.

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