Vermischtes

Bundeskartellamt untersagt senderoffene Videoplattform

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Die Mediengruppe RTL und ProSiebenSat.1 planten ein gemeinsames Videoportal – dem "deutschen Hulu" hat man Steine in den Weg gelegt.

Die Mediengruppe RTL Deutschland und die ProSiebenSat.1 Media AG planten den Aufbau eines technischen Dienstleistungsunternehmens, um eine senderoffene Videoplattform nach dem US-Vorbild „Hulu“ betreiben zu können. Dies sollte vor allem für den Nutzer ein praktischer Service zum kostenlosen und zeitversetzten Abruf von TV-Inhalten darstellen. Das Bundeskartellamt hat dem Vorhaben aber nun einen Strich durch die Rechnung gemacht und untersagt den Aufbau einer solchen Internet-Plattform. Gefordert wurde eine "rein technische Plattform", zu der nicht nur Fernsehsender Zugang bekommen sollen. Auch bei der Qualität der Inhalte dürfe es keine Beschränkung geben, hatte das Kartellamt gemahnt.

Diese Forderungen entsprechen aber nicht mehr der ursprünglichen Idee der beiden Unternehmen, die eine zentrale Plattform für den zeitversetzten Abruf von TV-Inhalten anstrebten. Sie hätten sich deshalb einer Öffnung der Plattform auch für andere Anbieter verschlossen, sagt das Kartellamt. "Die Gründung der gemeinsamen Plattform würde das marktbeherrschende Duopol der beiden Sendergruppen auf dem Markt für Fernsehwerbung weiter verstärken. Wir haben uns auch umfassend mit den möglichen Vorteilen einer neuen Video-On-Demand-Plattform befasst. In der konkret geplante Form bietet das Projekt jedoch keine Gewähr dafür, die zu erwartenden Nachteile für den Wettbewerb aufzuwiegen", begründete Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamts.

Die Mediengruppe RTL Deutschland erwägt nun, gerichtlich gegen die Entscheidung vorzugehen. Auch ProSiebenSat.1 will laut Medienberichten eine Beschwerde gegen den Bescheid einlegen. Die Entscheidung der Behörde würde darüber hinaus auch die Position der deutschen Marktteilnehmer im internationalen Wettbewerb schwächen. Die Mediengruppe RTL Deutschland kritisiert die Bundeskartellamt-Entscheidung auch in weiteren Punkten. Das Bundeskartellamt stelle die These auf, dass die Unternehmung des senderoffenen Videoportals Auswirkungen auf den Werbemarkt gehabt hätte. Das Amt verkenne dabei, dass das geplante Joint Venture als rein technischer Dienstleister im Gegensatz zu der US-amerikanischen Plattform „Hulu“ keinerlei Vermarktungsaktivitäten ausgeübt hätte. Damit wäre kein Werbemarkt betroffen. Jegliche Vermarktung hätte ausschließlich der jeweils teilnehmende Sender durchgeführt, heißt es aus Köln.

Die Mediengruppe RTL Deutschland widerspricht darüber hinaus der These des Bundeskartellamtes vom "wettbewerbslosen Duopol im TV-Markt". Die Sender befinden sich seit jeher in intensivem Wettbewerb um Zuschauer und Werbekunden. Noch viel weniger sei die von der Behörde vorgenommene Einbeziehung des Mediums Internet in diese Theorie nachvollziehbar. Das Internet werde in erster Linie von internationalen Playern dominiert und biete eine grenzenlose Bewegtbild-Vielfalt von professionell produzierten und nutzergenerierten Inhalten, beschreibt die Mediengruppe in einer Pressemitteilung ihre Ansicht.

Auch mit dem Vorgehen des Bundeskartellamts ist die Mediengruppe RTL nicht einverstanden: Bis zuletzt gab es konstruktive Gespräche mit dem Bundeskartellamt, im Rahmen derer weit reichende Auflagenvorschläge von Seiten der Mediengruppe RTL Deutschland und ProSiebenSat.1 unterbreitet wurden, um etwaige Bedenken auszuräumen. Umso mehr überrasche es, dass sich die Untersagung der Internetplattform nun am Ende vor allem darauf stützt, dass sich das geplante technische Dienstleistungsunternehmen nur an TV-Sender gerichtet hätte. Dieses zentrale Produktmerkmal der Videoplattform habe bis zuletzt keinen Anlass zu Diskussion oder Kritik gegeben. Bereits seit August 2010 war dies dem Bundeskartellamt als auch der Öffentlichkeit bekannt (wir berichteten).

Einer zentralen TV-Videoplattform für die Internetnutzer über Sendergrenzen hinweg stellt sich das Bundeskartellamt durch die Untersagung also entgegen. Die Behörde nehme damit in Kauf, dass trotz starker internationaler Wettbewerber ein solches Projekt zum jetzigen Zeitpunkt aus
dem hiesigen Markt heraus möglicherweise nicht realisierbar ist.


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