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«K-Ville»

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Die Serie war schnell vergessen; sie half New Orleans aber immerhin finanziell.

In der letzten Augustwoche des Jahres 2005 wurden die Vereinigten Staaten vom Hurrikan Katrina kräftig durchgewirbelt. Die Südstaaten überfluteten, in Louisiana starben mehr als 1000 Menschen während und nach der Naturkatastrophe, und die Schäden beliefen sich auf mehr als 90 Milliarden US-Dollar. Wie alle bedeutenden geschichtlichen Ereignisse war auch Katrina bald die Muse mehrerer Drehbuchautoren. Die Geschichte in «Der seltsame Fall des Benjamin Button» wird im Hintergrund des Hurrikans erzählt, «Waters Rising» und «Hurricane Season» benutzen die Katastrophe als Hintergrundgeschichte für ihre gebeutelten Charaktere, und im Laufe des Jahres wird «The American Can» sich voll und ganz mit der Rettung von hunderten von Bewohnern eines Gebäudes während der Flut beschäftigen. Auch das TV beschäftigte sich, wenn auch nur minimal, mit Katrina: HBOs «Treme» kehrt im April mit seiner zweiten Staffel auf die Bildschirme zurück, ist jedoch nicht die erste Serie, die sich mit dem Hurrikan beschäftigten. 2007 wagte FOX den ersten Versuch, mit «K-Ville» eine Krimiserie in New Orleans anzusiedeln, während die Stadt dabei ist, sich nach und nach wieder aufzubauen.

«K-Ville» (eine Kurzform von "Katrinaville"), setzt zwei Jahre nach Katrina an und begleitet das New Orleans Police Department auf ihrer Jagd nach Kriminellen und Mördern, während die Geschichten meistens die Nachwirkungen der Katastrophe aufgreifen. Die beiden Polizisten Marlin Boulet und Trevor Copp sind dabei die Helden der Serie - der eine direkt und fordernd, der andere geheimnisvoll und ruhig. Die Serie schaffte es zu jeder Zeit, sich mit den Katrina-Nachwirkungen zu beschäftigen, erzählte allerdings übliche Krimiplots, gewürzt mit schnellen Actionszenen. Anstelle von Charakterdramen, welche die Geschichte von New Orleans in den Jahren nach der Überschwemmung hätte zeigen können, bot «K-Ville» Schießereien, tote Chirurgen und Stadträte und geflüchtete Gefängnisinsassen. Der Wirbelsturm und die Überschwemmung selbst werden nur dazu benutzt, damit das Format wiederholt daran erinnern kann, dass es sich um eine Serie in New Orleans nach der Flut handelt.

Die Pilotfolge wurde am 17. September ausgestrahlt - rund neun Millionen schalteten am Montag Abend ein, doch im Verlaufe der nächsten sieben Wochen verlor «K-Ville» mehr als vier Millionen Zuschauer und fand sich schnell am Rand der Existenz wieder. Hinzu kommt, dass der US-Autorenstreik, welcher am 5. November startete, die Produktion der Serie unverhofft nach der elften Episode abbrach. Und plötzlich fand sich «K-Ville»im Strudel all der Serien wieder, welche von den Sendern urplötzlich abgesetzt werden können, ohne dass es die Zuschauer überhaupt bemerken. Doch FOX hatte alle Gründe, die Copserie vorzeitig zu beenden - was sie auch buchstäblich taten. Als im Dezember der Haushalts-Marktanteil nicht mehr über schwache fünf Prozentpunkte hinauskam, wurde «K-Ville» eine Episode vor dem inoffiziellen Finale und eine Woche vor Heiligabend abgesetzt. Die letzte Episode wurde in den USA gar nicht erst ausgestrahlt, fand ihre Weltpremiere im Juni 2008 sogar in Deutschland auf Premiere HD.

Schon vorab des Serienstarts auf FOX bekam «K-Ville» allerhand negative Kritiken. Für die Zuschauer schien es schon von Anfang an unmoralisch zu sein, dass man zwei Jahre nach einer tödlichen Katastrophe die amerikanische TV-Welt mit eben dieser einen Stoff zur wöchentlichen Unterhaltung gibt. Und nachdem schon FOX-Tochter FX mit «Rescue Me» und «Over There» sich an zwei aktuellen US-Dramen wagte, an dessen Erfolg «K-Ville» sich messen lassen wollte, gab es Zweifel, ob FOX mit ihrer neuen Serie überhaupt beim Zuschauer Anklang finden würde. Der Sender entschied sich sogar, die Pilotfolge vorab im Internet zu zeigen, um die lauten Kritiken zu beschwichtigen und den Zuschauern zu zeigen, dass «K-Ville» nichts anderes als eine Serie ist, die sich mit dem Wirbelsturm beschäftigt. Doch FOXs Bemühungen, der Serie einen viel versprechenden Lauf bis zum Autorenstreik zu geben, um ein Überleben der Serie nach dem Streik zu garantieren, scheiterten, und die Zuschauer schalteten ab - meist aus Enttäuschung, dass die Katrina-Geschichte nur als Grundstein für ein weiteres Buddy-Cop-Melodrama benutzt wurde.

Während der Upfronts im Mai erklärte FOX «K-Ville» für beendet und ihre Darsteller gingen neue Wege. Anthony Anderson sicherte sich direkt nach der Absetzung eine Hauptrolle in «Law & Order» und Cole Hauser ging zurück zum Film, bevor er 2010 eine Rolle im NBC-Flop «Chase» übernahm. Die Serie selbst ist im Zuge des Autorenstreiks schnell in Vergessenheit geraten und kaum ein Beteiligter hat mehr über die Produktion gesprochen. Am Ende hat sich «K-Ville» nur gelohnt, da dank der Produktion nach Angaben von Anderson eine Million Dollar pro Episode in die Stadt floss, sowie die Tatsache, dass der US-Zuschauer für zehn Episoden lang verfolgen konnte, wie New Orleans sich aus dem Chaos, erschaffen zwei Jahre zuvor, langsam erhebt.

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