Kirschs Blüten

«Kirschs Blüten»: Kerner ohne Krake

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Kalte Jahreszeit, Wärme aus der Flimmerkiste: Die Zeit der Jahresrückblicke hat im TV quasi schon begonnen.

Da die Tage jetzt immer kürzer werden und die Nächte dafür länger, verbringt die Mehrheit der Bevölkerung ihre Abende wieder häufiger vor dem Fernseher. Viele, die die Flimmerkiste in den vergangenen Monaten nicht genutzt oder nur sporadisch eingeschaltet haben, werden erschrocken über manche Programminhalte sein, die sie vorfinden – oder aber gelangweilt, weil sich im Grunde nichts geändert hat. Geändert hat sich auch nichts an der Tradition schon Anfang Dezember auf das Jahr zurück zu blicken. Ein kompletter Monat wird da einfach ausgeklammert. Ach was, rede ich denn. Die berühmten Jahresrückblicke werden ja vermutlich schon diese Woche aufgezeichnet. Egal, was da noch kommen mag, Hauptsache man blickt als Erster zurück auf 2010. Dabei kann noch so viel passieren: Naturkatastrophen, Politiker-Rücktritte oder Tragödien – oder aber auch freudige Ereignisse. Zum Beispiel doch noch eine Steuersenkung. Na gut, das würde dann doch zu weit führen. Aber das Wetteifern zwischen ZDF, RTL und Sat.1 um die besten Sendeplätze für einen Jahresrückblick ist schon eine Farce für sich, so dass keiner der Rückblick-Versuche – ob von Jauch, Kerner oder Gottschalk – so richtig ernstgenommen werden kann. Nicht nur wegen dem Datum, an dem schon zurück geblickt wird, während mindestens noch über 25 Tage des Jahres offen sind, sondern auch, weil wir gleich an drei Sonntagen hintereinander das Rückblick-Spektakel über uns ergehen lassen müssen.

Jahresrückblick im Advent also. Zum Teufel mit der Besinnlichkeit, wir feiern jetzt schon Silvester. Zumindest so, wie man Feiern in den jeweiligen Sendungen versteht. Denn vielmehr werden nochmal Themen durchgekaut, die uns das ganze Jahr über ohnehin nur genervt haben. Fußball-Weltmeisterschaft, Lenas Sieg in Oslo, Rettung der Kumpels von Chile, Loveparade, Kachelmann und irgendwo dazwischen wird auch Thilo Sarrazin sitzen. Bietet alles keine neuen Erkenntnisse, ein langweiliger Rückblick eben – nur viel zu früh. Besonders tragisch ist es dann, wenn ein elementarer Gast in der Sendung auch noch wegbricht, oder vielmehr wegstirbt. Johannes B. Kerner muss nämlich auf das Orakel Paul verzichten. Der Krake ist tot. Wahrscheinlich hat er sich nach der Einladung in die Kerner-Sendung aus Furcht vor schlechten Quoten lieber für die Gift-Futterbox entschieden. Denn immerhin war das unser „Orkrakel“ der Wettbetrüger, bei dem noch alle Treffer auch hundertprozentig stimmten. Hätte man in Oberhausen die Tipps an die Wettmafia verkauft, man hätte sogar die Quoten des «Supertalents» und «DSDS» zusammen überboten – was noch weniger schockierend gewesen wäre. Wer an den Hokuspokus glaubte, war bei RTL sowieso richtig, denn doch verwischt man in so mancher Reality-Doku-Soap ja gerne mal die Realität mit dem bloßen Geflunker. Aber was macht Kerner jetzt ohne seinen besten Gast beim Jahresrückblick? Vielleicht lädt er sich ja Raab ein, der mit Lena im Mai ein ähnlich gutes Gespür für den (musikalischen) Erfolg hatte. Auf dessen Zusage würde ich aber keinen Pfifferling geben.

Dann wären da noch die Jahresrückblicke von Jauch und Gottschalk. Ersterer wird sich ohnehin selbst in seinem persönlichen Rückblick den Coup mit der ARD gutschreiben. Denn wenn wir schon mal beim zurück blicken sind, gehört das definitiv zu den wichtigsten Medien-Ereignissen des Jahres. Ebenso wie die Personalie Harald Schmidt, über dessen Coup mit Sat.1 er sich jetzt schon auch in seinen (noch) ARD-Sendungen diebisch freut. Und dann kriegt «Stern TV» ja auch noch einen neuen Moderator. Soweit die größten Ereignisse im Bereich der Medien. Aber können wir jetzt schon ausschließen, dass nichts mehr passiert? Zum Beispiel eine Absetzung der unterirdischen «Oliver Pocher Show» - nicht utopisch. Oder eine neue Raab-Verletzung bei «Schlag den Raab» - nicht auszuschließen. Vielleicht schmeißt Dieter Bohlen ja dieses Jahr noch bei RTL hin – naja, Wunschdenken. Also lassen wir sie über uns ergehen, die drei Jahresrückblicke an drei Advent-Sonntagen. Warum man sie nicht an drei Abenden in der letzten Dezember-Woche sendet, einfach nur der formalen Ordnung halber, wird immer ein Rätsel bleiben. Aber wenn ich an dieser Stelle auch einmal „orakeln“ darf: Irgendwie werden die Quoten auch diesmal wieder stimmen. Denn weil es wieder kälter geworden ist, versucht man natürlich mit Augenzeugenberichten und Interviews mit Angehörigen Emotionen zu erzeugen, die in der kalten Jahreszeit vor allem Wärme zum Zuschauer transportieren sollen. Die warmherzigen Jahresrückblicke wärmen da gleich dreifach auf. Auch ohne Kraken bei Kerner.

«Kirschs Blüten» gehen auch nächste Woche wieder auf – jeden Dienstag! Nur bei Quotenmeter.de!


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