Sonntagsfragen

Guido Reinhardt über «Der Clan»: 'Zweieinhalb Jahre gearbeitet'

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Bereitet er eine neue Seriengeneration vor? Grundy Ufa Creative Director Guido Reinhardt sprach mit Quotenmeter.de über den Serienpiloten «Der Clan», der kürzlich in Spanien gedreht wurde und bei RTL in Serie gehen könnte.

Ende September und Anfang Oktober haben Sie in Spanien einen Piloten zur neuen Dramaserie «Der Clan» abgedreht. Wie liefen die Dreharbeiten?
Wir haben etwa eine Stunde von Barcelona entfernt gedreht, die Arbeiten liefen erstaunlich gut. Meistens passiert bei solchen Dreharbeiten immer etwas Unvorhersehbares – bei uns war das überhaupt nicht der Fall. Wir hatten auch wirklich Glück mit dem Wetter. Es waren hochpräzise Dreharbeiten vor einer Traumkulisse.

Wieso haben Sie sich denn für Spanien als Drehort entschieden?
Das hatte verschiedene Gründe. Inhaltlich wollten wir eines der Urlaubsdomizile unserer Serienfamilie zeigen. Wir haben dann einen Ort mit einer schönen Villa und Anbindung zum Meer gesucht. Letztlich spielten natürlich auch logistische Dinge eine Rolle.

Der Pilot ist nun abgedreht. Wie sieht das weitere Vorgehen aus? Wann wird entschieden, ob das Publikum den Piloten oder vielleicht eine ganze Serie zu sehen bekommt?
Gedreht haben wir die dritte Folge der Serie – also eigentlich keinen Piloten. Unsere Autoren haben bereits eine komplette Staffel mit acht Episoden verfasst. Die produzierte Folge werden wir demnächst RTL übergeben. Der Sender zeigt sie dann einem Testpublikum, das sie bewerten wird. Danach entscheidet man, ob Teile der Folge überarbeitet werden müssen, oder ob alles so bleiben kann. Das ist ein normales und gutes Vorgehen. All dies soll übrigens noch in diesem Jahr geschehen.

Wie Sie schon sagten: Es ist normal, dass es Marktanalysen zu neuen Formaten gibt. Kommen da eigentlich sehr überraschende Ergebnisse heraus oder sind es Punkte, die man als Produzent schon kennt, die da kritisch angesprochen werden?
Oft kommt wenig Überraschendes heraus. Eine solche Folge ist nie fehlerlos und deshalb ist es auch absolut in Ordnung, wenn einige Punkte angesprochen werden, die man dann noch ausbessert. Manchmal muss man auch einige Figuren noch einmal überprüfen und ein wenig nachbessern. In seltenen Fällen überrascht uns die Meinung des Testpublikums auch mal. Jedenfalls sind wir sehr gespannt.

Wie schätzen Sie die Chancen ein, dass RTL weitere Folgen produzieren lässt?
Wir sind uns mit dem Sender einig, haben die Entwicklung gemeinsam gemacht. Der Sender wusste sehr genau, wie das Format aussehen soll, wie es sich anfühlen soll. Nicht umsonst haben wir ganze zweieinhalb Jahre an dem Konzept und der Umsetzung von «Der Clan» gearbeitet. Das hat dem Format gut getan, es ist sicherlich kein Schnellschuss. Bei uns sind alle Beteiligten sehr ruhig und konzentriert an das Projekt heran gegangen.

Die Entscheidung über eine Serienproduktion könnte also Ende dieses oder Anfang nächsten Jahres fallen. Demnach ist «Der Clan» wohl nicht vor kommenden Winter im Programm zu sehen?
Auf keinen Fall. Frühestens im kommenden Winter, eher sogar noch im Frühjahr 2012. Wir wollen wieder gutes Wetter bei den weiteren Dreharbeiten mitnehmen, sodass diese vermutlich im dritten Quartal 2011 stattfinden würden.

Zum Inhalt: Sie erzählen die Geschichte einer Stahl-Dynastie…
…es geht in erster Linie um Menschen.

…das ist bei Serien oft der Fall.
Es geht um das Beziehungsgeflecht dieser Menschen – um deren Verhältnis zueinander. Dass wir die Geschichten von Superreichen erzählen, hat eher etwas mit der Historie dieser Familie zu tun. Wir erzählen die Geschichte einer sehr deutschen Familie, die aber durch ihre internationalen Kontakte durchaus auch in der globalen Welt zu Hause ist. Ich finde das Thema der Superreichen übrigens sehr spannend. Oberflächlich betrachtet haben solche Menschen keine Probleme. Man muss da tiefer graben, um eben doch auf solche zu stoßen.

Wie mutig ist dieses Thema denn? Die ARD scheiterte zuletzt mit «Geld.Macht.Liebe»…
Es gibt aber auch diverse Gegenbeispiele. Die 80er Jahre waren von solchen Formaten geprägt. Man muss sich das sehr genau ansehen. Es ist eine Frage des Timings und der Projektionsfläche. Wir wollen mit «Der Clan» einen liebevollen Blick auf die Menschen werfen. 99 Prozent der Zuschauer kennen diese Welt nicht, sie erfahren sie nur durch die Yellow Press. Die entscheidende Frage ist dann: Wie erzähle ich die Figuren so, dass sie dem Zuschauer letztlich doch nahe kommen? Das ist aber kein Problem von Superreichen-Serien: Auch bei – und das ist nicht despektierlich gemeint – einer Serie über die Müllabfuhr kommt es auf die richtige Figurenführung an. Selbst unsere täglichen Serien verstehen wir letztlich als Ensemble-Show – aber auch in diesem Genre gab es zuletzt Flops.

Wo wir wieder beim Mut wären. Haben Sie sich «Geld.Macht.Liebe», das ja während Ihrer Entwicklungszeit lief, genau angesehen?
Natürlich ist ein solches Format mutig. Wir haben uns nicht nur «Geld. Macht. Liebe» angesehen, sondern auch die vorhin schon erwähnten 80er-Serien «Dallas» und «Denver Clan». Wir haben auch eigene Charaktere betrachtet – die Steinkamps aus «Alles was zählt» sind schließlich auch eine Familie ohne finanzielle Probleme. Ich muss auch sagen: Es gibt keine Gemeinsamkeiten zwischen «Der Clan» und «Geld.Macht.Liebe», außer, dass beide Formate eben reiche Familien in den Mittelpunkt stellen.

Ein Trend zu Storys rund um Superreiche ist aber erkennbar. In den USA hat TNT ein Remake von «Dallas» bestellt, FOX zeigte «Lone Star». Aber: Ohne Erfolg - «Lone Star» war die erste Absetzung des Jahres.
Ich finde es positiv, dass wieder über solche Formate nachgedacht wird. TNT will nun an die Erfolge von «Dallas» anknüpfen – genau zum richtigen Zeitpunkt. «Lone Star» kann man in diese Reihe nicht einordnen, denke ich. Es ging um einen Mann, der zwischen zwei Milieus, zwei Frauen und somit zwischen zwei Welten stand. Wir versprechen in «Der Clan» einen Blick hinter die Kulissen solcher Familien zu werfen. Wir gehen dahin, wo normalerweise für Gala und Bunte die Türen zugehen. Dabei verwenden wir aber auch sehr klassische Grundstoffe für unsere Geschichten. Es gibt eine Kain & Abel-Story, eine Romeo & Julia-Geschichte…

„Die Deutsche Serie lebt“ hieß es beim Deutschen Fernsehpreis. Das stimmt, trifft aber momentan auf Krimis, Anwaltsserien und Medizin-Dramen zu. Nicht auf die klassische Dramaserie, die gibt es im Privatfernsehen noch gar nicht.
Das ist sehr schwierig. Es gibt nicht viele, die sich an eine solche klassische Dramaserie wagen. Es ist natürlich einfacher pro Folge eine klare Rahmenhandlung zu haben, an deren Ende dann auch die Aufklärung des Geschehens steht. Man muss einfach auch geänderten Sehgewohnheiten Rechnung tragen: Die Zuschauer mögen geschlossene Bögen, das fängt heutzutage ja sogar im Nachmittagsprogramm an. Und natürlich lieben die Deutschen Krimis. Die öffentlich-rechtlichen deklinieren Städte ja inzwischen sogar nach Krimis. Bei Dramaserien sind zwei Faktoren ganz entscheidend: Die Figuren müssen dem Zuschauer ans Herz wachsen – und da ist es dann letztlich egal, ob sie reich, arm, dick, dünn, dumm oder intelligent sind.

Das ist bei täglichen Formaten, also bei Soaps, ja ähnlich.
Bei Primetime-Dramaserien erreichen wir aber noch eine andere Dimension. Wir müssen auch verschiedene Charakterschichten psychologisch ganz genau ausleuchten – so erreichen wir vielschichtige Figuren, die eben nicht vorhersehbar handeln. Dennoch werden wir bei «Der Clan» jede Folge unter ein gewisses Motto stellen. Das ist der Faktor. Die große Gesamtgeschichte ziehen wir aber natürlich über die ganze erste Staffel.

Die beinhaltet acht Folgen. In den USA haben solche Serien zunächst 13 Folgen lang Zeit sich zu entwickeln, die Macher denken oft sogar im Rahmen von 22 Ausgaben. Ist das ein Problem?
Man muss den finanziellen Rahmen betrachten, der deutschen Sendern zur Verfügung steht. Und man muss natürlich auch das Risiko berücksichtigen, das ein Sender mit dem Auftrag für eine neue Serie eingeht. Unsere Herangehensweise ist nun ein guter Kompromiss mit RTL, denke ich. RTL würde diese Serie anfangs sicherlich im geschützten Bereich zeigen, so wie es bei neuen Formaten auch in den USA üblich ist. Während der Entwicklung der acht Folgen gab es bei uns eine Lernkurve, wir haben vieles immer wieder überprüft und geändert, haben uns gefragt, was funktioniert und was nicht. Das nehmen wir alles mit – und während einer eventuellen Produktion einer ersten Staffel würden wir dann auch schon an eine zweite denken. Wie viele Folgen die dann umfassen würde, kann ich aber nicht sagen.

Sie haben in einer Pressemitteilung gesagt, dass die Serie „sexy“ herüberkommen soll. Wie ist das zu verstehen?
Da müssen wir „sexy“ erst einmal definieren. Ich meine damit einen frischen Ausdruck, einen modernen Look. Es ist trendige Musik dabei, die Folgen sind frisch inszeniert. Es gibt einen Hauch Erotik – wirklich nur einen Hauch, aber das reicht ja. Auch unser Kostümbild ist erfrischend anders.

Wie sehr hat Ihnen Ihre große Erfahrung in der industriellen Serienproduktion auch bei «Der Clan» geholfen?
Ich habe während der Dreharbeiten immer wieder zu unserem Team gesagt, dass ich das Gefühl habe, dass alle Erfahrungen, die wir in den vergangenen Jahren gesammelt haben, hier zusammenlaufen. Nicht nur aus den Dailys, sondern auch aus der Weekly «Hinter Gittern», die wir ja zehn Jahre lang gemacht haben. Wir haben unsere Hausaufgaben sehr gut gemacht.

Vielen Dank für das Gespräch, Herr Reinhardt.

Kurz-URL: qmde.de/45481
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