Schlüter sieht's

«Schlüter sieht's»: Die Wahrheit über Oliver Pocher

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Unser Kolumnist stellt in der Langzeitanalyse fest: Die schwachen Quoten Pochers sind keine Überraschung.

Angesichts der allgemeinen Schmidt-Euphorie ist diese Meldung in der vergangenen Woche etwas untergegangen: Am Freitagabend musste die «Oliver Pocher Show» einen Einschaltquoten- Negativrekord auf dem neuen Sendeplatz hinnehmen. Nur 5,8 Prozent der werberelevanten Zielgruppe schalteten um 23.15 Uhr die Sendung des Entertainers ein. Die Sendeplatzverschiebung auf einen Late-Night-Slot hat sich bisher überhaupt nicht bezahlt gemacht. Trotz großem PR-BlaBlas wie kürzlich bei der Imitation des gefallenen Wetter-Engels Jörg Kachelmann verharren die Pocher-Quoten im tiefroten Bereich.

Die negative Berichterstattung über Oliver Pochers Show war seit dem Start einhellig: Die große Quotenhoffnung von Sat.1 verpuffte im Nichts. Das ehemalige Comedy-Supertalent – hat es sich etwa schon nach wenigen Jahren auf dem Bildschirm überlebt? Nach den schlechten Quoten der «Oliver Pocher Show» suggerierten viele Medienberichte, dass Pocher überraschenderweise erst jetzt einen großen Flop landete. Die Wahrheit sieht aber ganz anders aus. Denn die Wahrheit ist, dass Oliver Pocher nie ein großer Quotenstar war und in seiner kompletten TV-Karriere lediglich eine relativ überschaubare Zuschauernische bediente. Die Logik um das quotenmäßige Scheitern seines Sat.1-Formats wird da umso verständlicher.

Als Oliver Pocher als aufstrebendes Jungtalent von VIVA zu ProSieben wechselte, waren auch seine Zielgruppen-Marktanteile bei «Rent a Pocher» von Anfang an in Ordnung. Tatkräftig unterstützt wurde er auf dem Donnerstags-Sendeplatz natürlich von Stefan Raabs «TV total», das damals ebenfalls noch bessere Quoten holte und dasselbe Publikum wie Pochers im Anschluss gesendete Show bediente. „A new star was born“ – Pocher etablierte sich fest im Late-Night-Programm des Senders. Die vierte Staffel konnte mit durchschnittlich 13,5 Prozent Marktanteil bei den 14- bis 49-Jährigen noch überzeugen, doch die Zahlen der letzten «Rent a Pocher»-Staffel hätten schon zu denken geben müssen: Sie holte nur noch knapp mehr als zehn Prozent bei den Jüngeren und verharrte meist deutlich unter dem Senderdurchschnitt.

Auch die anschließende Fußball-Show «Pochers WM-Countdown» erreichte im Sommer 2006 nur knapp zweistellige Marktanteile. Ein Desaster wurde der Anfang 2007 in der Primetime ausgestrahlte «Gameshow-Marathon», der auf durchschnittlich 9,3 Prozent kam. Pocher war für diesen Flop jedoch nicht verantwortlich – die Zuschauer wollten wahrscheinlich einfach keine Gameshows mehr sehen. Im Umkehrschluss konnte aber festgestellt werden, dass Pocher eben nicht der Mann ist, der jede Show zum Erfolg macht. Und vermutlich nicht die große Anzahl von Fans hat, die oft suggeriert wurde.

Dies bestätigte sich schließlich mit dem Wechsel Pochers zur ARD und zu Harald Schmidt. Der junge Entertainer verkündete im Vorfeld selbst verheißerisch, dass er seine Fans mit zur neuen Sendung nehmen und die Zielgruppen-Quoten verbessern wolle. Die erste Staffel von «Schmidt & Pocher» erreichte durchschnittlich 9,0 Prozent Marktanteil bei den 14- bis 49-Jährigen, die zweite Staffel 7,9 Prozent. Damit lagen die Werte immerhin deutlich über dem Senderschnitt des Ersten. Aber hatte Pocher wirklich sein Versprechen eingelöst, die Quoten Schmidts zu verbessern? Nein, denn die letzte Staffel von «Harald Schmidt» ohne Pocher im Jahr 2006/07 kam auf durchschnittlich 8,3 Prozent bei den jüngeren Zuschauern und lag damit auf dem gleichen Niveau. Nach dem Abgang von Pocher kam die neue, alte Show «Harald Schmidt» freilich nur noch auf 6,1 Prozent in der werberelevanten Zielgruppe. Ob das aber am Fehlen Pochers oder an dem gehobenen Niveau der neuen Sendung lag, sei dahingestellt.

Grundsätzlich zeigen die Quoten der Pocher-Shows, in denen er einen Hauptdarsteller gegeben hat, dass der Marktwert des jungen Entertainers kollektiv überschätzt wurde und wird. Sein letzter langfristiger Erfolg liegt mit «Rent a Pocher» schon Jahre zurück. Auch «Sportfreunde Pocher», das erste Engagement des Comedians bei Sat.1, war mit 12,3 Prozent Marktanteil kein Quotenrenner, sondern eben nur durchschnittlich populär. Dass Pocher so lange als erfolgreicher Quotenstar galt, liegt nicht zuletzt an einem hervorragenden Management und perfekter Selbstvermarktung. Diese wird ihm jetzt jedoch zum Verhängnis: Die Quotenerwartungen an die «Oliver Pocher Show» waren hoch – Erwartungen, die beim genaueren Blick auf die nackten Zahlen eigentlich nie hätten geschürt werden dürfen. Sat.1 weiß wohl um diese Situation. Denn anders ist es nicht zu erklären, dass Pocher mit diesen Marktanteilen immer noch senden darf. Inhaltlich kann er da wohl noch solch gute Qualität abliefern - ein Erfolg wird seine Show vermutlich nicht mehr.

Jan Schlüters Branchenkommentar beleuchtet das TV-Business von einer etwas anderen Seite und gibt neue Denkanstöße, um die Fernsehwelt ein wenig klarer zu sehen. Eine neue Ausgabe gibt es jeden Donnerstag nur auf Quotenmeter.de.

Kurz-URL: qmde.de/44731
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