Sonntagsfragen

Sonntagsfragen an Philipp Steffens

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Einer der jüngsten TV-Produzenten Deutschlands war mit verantwortlich für die Serie «Der letzte Bulle». Als er den Produktionsauftrag bekam, war Steffens gerade 27. Zum Start sprach er mit Quotenmeter.de.

Herr Steffens, mit 30 Jahren sind Sie ein sehr junger Produzent. Schön, dass Sender auch auf junge Fernsehmacher vertrauen, oder?
Als wir den Auftrag bekamen, war ich 27 Jahre alt. Die Head-Autoren Robert Dannenberg und Stefan Scheich mit denen ich die Serie entwickelt habe, waren mit mir auch auf der Filmhochschule in Ludwigsburg. Joachim Kosack von Sat.1 gilt hier wirklich größtes Lob. Er hat immer gesagt, dass er voll hinter uns und unserem Projekt steht – er hat stets mit uns gekämpft. Ich muss mich aber auch bei Jan Kromschröder bedanken, der ebenfalls Produzent des Formats ist und früher mein Dozent im Studiengang Serienproduktion war.

Was denken Sie: Welche Schlagzeile kann ich in zehn Jahren über sie schreiben? Steffens mit zehntem Flop in Folge, Steffens bei den Oscars oder doch eher: Sat.1 bestätigt achte «Der letzte Bulle»-Staffel.
Ich würde das Dritte nehmen. Dass wir so eine Serie nun gemacht haben, das ist wirklich einmalig. Ich bin dem Sender und meinem ganzen Team wirklich sehr dankbar. Im Übrigen sehe ich meine Karriere eher als Marathon und nicht als Sprint.

Während des Studiums haben Ihnen viele Dozenten erzählt, was wichtig ist bei der Produktion einer Serie – und wohl auch was man überhaupt machen soll. Wie viel konnten Sie davon wirklich in der Praxis anwenden?
Ziemlich viel. Der Studiengang, den ich besucht habe, ist wirklich gut – vor allem dramaturgisch habe ich einiges mitnehmen können. Wir haben während des Studiums zusammen mit unserem Dozenten ja nur den Pilotfilm entwickelt – daraus dann eine ganze Staffel zu machen ist noch einmal etwas anderes. Ich bemühe da sehr gerne einen Vergleich aus dem Fußball: Eine Serie zu machen, das ist Champions League und wir kommen vielleicht gerade aus der Regionalliga. Deshalb haben wir uns auch mit ganz erfahrenen Kräften gewappnet: Jan Kromschröder, der kürzlich die Geschäftsführung der Granada übernommen hat, ist ebenfalls Produzent. Wir haben uns in den Schlüsselpositionen verstärkt, hier möchte ich vor allem unsere Producerin Gerda Müller erwähnen, ohne die das Format nicht das geworden wäre, was es jetzt ist. Sie haben aber recht, während der Dreharbeiten habe ich in der Tat noch einiges dazugelernt.

Waren Sie eigentlich überrascht als Sie den Zuschlag von Sat.1 erhielten?
Ich bin schon immer grundoptimistisch. Mit einem guten Konzept kann man jeden überzeugen und ich hatte einfach gehofft, mit «Der letzte Bulle» auch andere zu begeistern. Es ist letztlich immer eine Geschmacksfrage: Können wir mit einer Idee einen Redakteur oder einen Redaktionsleiter für uns gewinnen? Es ist auch eine Frage des Timings. Als wir «Der letzte Bulle» vorgestellt haben, gab es im deutschen Fernsehen eher düstere Stoffe…

…Sie sprechen von «R.I.S.» und «Post Mortem»…
Exakt. Wir waren damals eines der wenigen Formate, das eine gewisse Heiterkeit verbreitete. Ich glaube auch, dass das heute noch ein guter Weg ist. Man sollte niemals das entwickeln, was im Moment gut läuft. Kopien bringen niemanden weiter: Man sollte das entwickeln, was in zwei Jahren der Trend sein könnte.

Haben Sie eigentlich gedacht, dass eine Serienproduktion so viel Zeit in Anspruch nimmt?
Den Zuschlag haben wir im Herbst 2007 bekommen – zweieinhalb Jahre sind also vergangen. Der konkrete Produktionsauftrag folgte im Mai 2008 – von August 2008 bis ins Frühjahr 2009 haben wir die Episoden gedreht. Danach gingen die Folgen in die Postproduktion.

Wird man da ungeduldig, weil man endlich wissen müsste, wie das große Publikum auf das Werk reagiert?
Nein, überhaupt nicht. Ich war immer sehr begeistert von den Sat.1-Chefs, die mit «Der letzte Bulle» stets sehr fürsorglich umgegangen sind. Schauen Sie sich unseren Sendeplatz jetzt an: Da wird nichts durch Fußball zerschossen – das wäre für uns sicherlich nicht förderlich.

Dafür treten Sie aber gegen Günther Jauchs «Wer wird Millionär?» an.
Das Duell nehmen wir gerne an. Wir haben eine ganz andere Programmfarbe. Um ehrlich zu sein: Von Anfang an wollte ich mit der Serie auf den Montagabend. Montag war immer der Serienabend bei Sat.1 – denken Sie mal an «SK Kölsch» zurück.

Denken wir doch mal zurück an die Zeit, in der Sie die Serie entwickelt haben. Das war die Zeit als die große Krise der deutschen Serien begann. Was haben Sie damals gerne gesehen?
Ja, das war die Zeit als «CSI» zu uns kam. Das war neu und innovativ und deshalb liefen die Formate auch lange so stark. Ich erinnere mich noch gut an den Piloten zu «Desperate Housewives»: Für mich war es ein besonderer Moment, wie die Charaktere eingeführt worden – das war ganz großes Fernsehen. Heute haben es US-Serien in Deutschland immer schwerer, die Fernsehmacher haben keine Erkenntnisse mehr, welche Formate wirklich funktionieren könnten. Das neue «CSI» wird vergeblich gesucht. Deshalb ist jetzt wieder die Zeit der deutschen Serie gekommen – man hat das sehr gut bei RTL gesehen – dort funktionieren unsere Serien wieder. Ich glaube, jeder würde sich über eine gesunde Ko-Existenz zwischen deutscher und amerikanischer Serie freuen.

Deutsche Serien sind für die Sender aber schlichtweg teurer als amerikanische.
Vielleicht sind die teurer. Das muss man aber genauer betrachten. Eine deutsche Serie bringt einem Sender ein Gesicht. Wenn die beiden Sat.1-Serien ein Erfolg werden – sie also länger dort laufen - dann verbinden die Zuschauer Henning Baum und Annette Frier mit dem Sender. Man baut damit eine Marke auf, der Sender selbst bekommt ein Gesicht. Ich weiß nicht, ob der Durchschnittszuschauer RTL mit «Dr. House» verbindet. Mir fällt da eher Günther Jauch ein.

Welche deutsche Serie war Ihr Favorit, als Sie jung waren?
(überlegt)
Mir fällt da keine ein. Ich habe den «Tatort» oft geschaut, aber das ist ja eine Reihe.

Ich erinnere mich an «Kommissar Rex» und «Alarm für Cobra 11».
«Rex», «Cobra 11», aber auch «Balko» - ja, das habe ich auch alles geschaut. Aber das alles hat sich mir nicht wirklich tief ins Hirn gebrannt.

Ist «Der letzte Bulle» jetzt letztlich eigentlich so geworden, wie Sie es sich anfangs vorgestellt haben?
Absolut. Wir haben eine große Drama/emotionale Ebene innerhalb der Serie, sowie eine humoristische Ebene. In jeder Folge gibt es zudem die Krimiebene. Wir punkten meiner Meinung nach auch mit unserem starken Ensemble. Das hat mich auch wirklich froh gemacht: Wir haben beim Casting wirklich unsere Wunschbesetzung gefunden und mit Maximilian Grill als Partner von Henning Baum eine echte Neuentdeckung gemacht.

Sie verwenden ausschließlich Musik aus den 80ern, was ein deutlicher Bruch zu den Bildern ist.
Das haben wir so gewollt. Die Musik der 80er drückt ein Lebensgefühl aus und ich glaube auch, dass die Zuschauer Spaß daran haben werden, diese Lieder zu hören.

Eine kurze Frage zum Abschluss noch: Kennen Sie «Life on Mars»? Mich hat die Beschreibung der Serie etwas daran erinnert.
Wenn Sie sich die Serie anschauen, dann erkennen Sie, dass wir etwas komplett anderes gemacht haben.

Das ist richtig – aber dennoch hat mich die Beschreibung ein wenig daran erinnert.
«Life on Mars» spielt in den 70ern, beinhaltet viele traumatische Sequenzen, die auf mich oft eher verstörend wirkten. Wir bedienen mit unserer Serie eher die breite Masse. «Life on Mars» war revolutionär, auch der Spin-Off «Ashes to Ashes» ist gut gemacht. Ich habe davon zwei Folgen gesehen – das hat dann aber auch gereicht. Um ehrlich zu sein: Die Figuren haben mich nicht wirklich gepackt.

Toi,Toi,Toi für den Start und Danke für das Gespräch.

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