Kirschs Blüten

«Kirschs Blüten»: Strahlen wie Oscar

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Christoph Waltz machte es vor. Regisseur Haneke war nah dran. Doch deutsche Filme haben es schwer in Hollywood, findet Jürgen Kirsch.

Da liefen die Stars und Sternchen von Hollywood in der vergangenen Nacht wieder um die Wette über den roten Teppich. Sicherlich, auch der Red Carpet ist eine Show für sich. Hier präsentieren sich diejenigen Filmschaffenden, die noch Aufträge suchen, Angebote brauchen oder einfach nur wieder ins Gespräch kommen wollen. Dem ganzen Medienrummel zum Trotz kommen die echten Stars à la George Clooney & Co. erst wenige Minuten vor der eigentlichen Preisverleihung an. Das war immer schon so gewesen – die Stars lassen eben gerne warten. Dieses Jahr mischten sich auch einige deutschsprachige Vertreter unter das galalaunige, amerikanische Star-Ensemble. Genauer gesagt: Es waren doch unsere Nachbarn aus Österreich, die dem deutschen Film vormachten, wie man in den Genuss des Oscars oder zumindest einer Nominierung kommen kann. Der Name Christoph Walz ist in aller Munde. Dem Hype um seine eigene Person kann der Wiener sich selbst nur schwerlich entziehen. In dem Film «Inglourious Basterds» des Kult-Regisseurs Quentin Tarantino spielte Waltz einen deutschen Juden-Jäger so mit Bravour, dass er prompt für die beste Nebenrolle nominiert wurde.

Er strahlte wie Oscar, als er diesen dann endlich in Händen hielt. Ein wenig siegesgewiss war er auf dem Red Carpet auch schon. Das kommt auch nicht etwa von ungefähr. Denn wenn man von Hollywood-Größen wie Matt Damon – ebenfalls für die Kategorie beste Nebenrolle nominiert – im Vorfeld als verdienter Oscar-Gewinner betitelt wird, dann hat man es geschafft. Selbst dann, wenn die goldene Trophäe nich an Waltz gegangen wäre, hätte er Los Angeles als Gewinner verlassen. Denn schon allein die Nominierung hat ihm einen Karrieresprung verliehen, mit dem man als Person freilich erstmal klar kommen muss. So wird Waltz in Zukunft sehr beschäftigt sein, doch beschweren wird er sich beim Blick auf das Bankkonto nicht. Dann werden auch die Angebote für weitere, vielleicht noch erfolgreichere Produktionen nicht abreißen. Ein Österreicher, der den weiten und meist beschwerlichen Schauspiel-Sprung über den Teich nach Hollywood geschafft hat. Das hat es seit Arnold Schwarzenegger in dieser Form nicht mehr gegeben. Glückwunsch, Herr Waltz!

Und dann blitzt die Wiener Schmäh hervor, als er die Frage nach den Unterschieden deutscher und amerikanischer Filmproduktionen bewerten soll: „Der Unterschied ist der, dass amerikanische Filme wie Kunstwerke gemacht werden und dann wie Handelsware verkauft werden. In Deutschland ist das genau andersherum.“ Wahre Worte, die kann man in deutschen Landen nicht mal abstreiten. Während in Hollywood mit viel Leidenschaft an Filmen gearbeitet und hier und da auch mal ein Kinostart-Termin verschoben wird, wird die Liebe zum Detail in den meisten deutschen Produktionen vermisst. Natürlich gibt es auch gute deutsche Filme, aber die sind eben im Vergleich zu den guten amerikanischen Blockbustern eher rar gesät. Auch wenn die Mittel im sonnigen Kaliforniern in ganz anderen Größenordungen zur Verfügung stehen und verständlicherweise der finanzielle Aspekt auch eine tragende Rolle spielt, das Hauptaugenmerk sollte stets auf der Qualität liegen, will man wenn auch nur im entferntesten Sinne einmal einen Oscar abräumen. Echte Film-Fans werden aber wohl noch sehr lange warten müssen, bis es heißt: And the Oscar goes to…Germany. Bis dahin beneiden wir weiterhin die Amerikaner für ihre Film-Schöpfungen aus der Kunstschmiede Hollywood.

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